"Einschläferung" von Tieren

rüzgar

Well-Known Member
Nach einem schrecklichen Unglücksfall am Sonntag, bei dem sich ein Pferd meiner Schwester einen offenen Beinbruch zugezogen hat bzw. sich das Bein sozusagen einige Zentimeter oberhalb des Hufes fast komplett abgerissen hat, lassen mich die Bilder in meinem Kopf kaum noch schlafen... Ich bin dankbar, dass ein Freund ihm bereits Betäubungsmittel gespritzt hat bevor der Notdienst aus der Tierklinik eintraf. Das Pferd war so schlimm verletzt, dass es (obwohl ca. 5 Jahre alt) sofort eingeschläfert werden musste. Der zuständige Tierarzt hat dies sehr kompetent und ruhig gemacht, das Pferd ist wirklich einfach umgefallen und war erlöst. Die anderen Pferde waren dabei, seine Mutter stand die ganze Zeit neben ihm. Der Tierarzt hat uns sogar geraten den Pferden noch eine halbe Stunde gemeinsam auf der Weide Zeit zu geben (bis sie sich entfernen, d.h. die Herde in der freien Natur weiterziehen würde). Diese sind jeweils zu ihm hin und haben geschnuppert, es war ein friedliches Abschiednehmen von Mensch und Tier. In einem anderen Fall, bei dem die anderen Pferde weggesperrt waren und das eingeschläferte Pferd mit einer Plane abgedeckt wurde, habe ich erlebt wie diese stundenlang aufgeregt wiehernd und suchend um den Stall gerannt sind und es auch noch Tage danach gesucht haben.
Ich habe schon ein paar Jahre vorher das Einschläfern eines alten Pferdes miterleben müssen, das multiples Organversagen mit einer heftigen Kolik hatte - das ist damals leider ganz anders verlaufen. So negativ, dass es uns allen nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist.

Nun habe ich mich seitdem im Internet umfassend über das Thema informiert. Und bin dabei erst auf die Idee gekommen, dass es möglicherweise nicht nur an dem unfähigen Tierarzt damals gelegen hat sondern auch an dem Mittel und der Methode, die für die Euthanasie verwendet wurde. So wird z.B. immer wieder das Mittel T61 angesprochen, das zu einer Lähmung der Skelett- und Atemmuskulatur führt und das Tier einen Erstickungstod stirbt. Vor allem wenn T61 ohne vorherige Narkose verabreicht wird (was mittlerweile verboten sein soll), führt dies zu einem furchtbaren und schmerzhaften Todeskampf. Dieses Mittel ist wohl billiger und fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, was weniger Aufwand und Arbeit bedeutet. Dann gibt es teurere und bessere Mittel, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, aber ein ruhigeres 'Hinübergleiten' ermöglichen. Ich schätze mal, dass der diesmal behandelnde Tierarzt ein solches verwendet hat.
Ich weiß, dass dies ein trauriges Thema ist, das man lieber verdrängt und ich hoffe, dass ich so etwas wie am Wochenende nie wieder erleben muss. Dennoch möchte ich auf einen Notfall so gut wie möglich vorbereitet sein. Und ich bitte alle, die in so eine Situation kommen: Begleitet euer Tier bis zur letzten Sekunde ganz ruhig und lasst es nicht alleine. Ich habe gelesen, dass es z. B. Tierärzte gab, die die Besitzer nach draußen geschickt haben und dem Tier dann das tödliche Mittel ohne Narkose gespritzt haben, obwohl diese dafür bezahlt hatten, um Kosten einzusparen. Vertraut nicht blind und informiert euch bei eurem Tierarzt genau über den Ablauf (Narkose mit ausreichender Dosis und ausreichendem Warten vor der Euthanasie), die Methode (manche verwenden eine Spritze direkt in Herz, Niere oder sogar Lunge statt venösem Zugang) und das Mittel. Beim geringsten Zweifel einen anderen Tierarzt zu Rate ziehen.
Hier noch einige Infos (Google weiß noch mehr):
http://www.artgerecht-tier.de/kateg...chlaefern-was-fuer-ein-freundliches-wort.html

Trotz der kompetenten Hilfe des Tierarztes vorgestern denke ich über viele Fragen nach.
Soweit ich weiß stirbt ein Mensch bei einer Überdosis (Drogen) meist an Atemlähmung. Ist ein sanftes Einschläfern überhaupt möglich? Woran stirbt das Tier dann genau? Gibt es Mittel, die beispielsweise gezielt das Herz zum Stillstand bringen (aber nicht die Atemmuskulatur)? Oder sieht das Sterben auch im günstigsten Fall nur täuschend ruhig aus weil das Tier sozusagen gelähmt ist?!
 

Lady Yumus

Well-Known Member
Du Arme! Ich wünsche dir, dass du bald Frieden finden kannst! Es ist schlimm, was dem armen Pferd passiert ist und ihr alle seid bestimmt unheimlich traurig und geschockt. Aber ich empfinde es als sehr tröstlich, wie die Einschläferung abgelaufen ist. Auch wenn es weh tut, ich denke, dass ihr alles richtig gemacht habt und darüber irgendwann einmal "froh" bzw. erleichtert sein werdet, dem Tier solch eine Art von Erlösung ermöglicht zu haben.

Ich habe vor vielen Jahren meinen Wellensittich (Altersschwäche) und später meine Katze (FIP) einschläfern lassen müssen. Ich war auch die ganze Zeit bei meinen Tieren und habe sie im Arm gehalten und ihnen in die Augen gesehen.. Soetwas ist furchtbar schmerzhaft, aber auch sehr tröstlich, dass man bis zum Lebensende seines Lieblings bei ihm und für ihn da gewesen ist. Ich würde ein Tier niemals alleine lassen, wenn es stirbt.

Oh mein Gott, ich darf gar nicht daran denken, dass mein Kater (7) auch irgendwann sterben wird...
 

hilal74

Well-Known Member
Das tut mir sehr leid rüzgar.Ich habe jedes unserer Tiere begleitet,wenn es keine Aussicht auf Heilung mehr gab und es eingeschläfert werden musste.Ich habe sie auf den Armen halten dürfen bis sie aufgehört haben zu atmen.Leider ist es nicht jedem Tier vergönnt eines natürlichen Todes zu sterben.Wenn ein Tier leidet und es keinen anderen Weg mehr gibt,ist der Weg zum Tierarzt die einzige Lösung,um es von seinem Leiden zu erlösen.
 

Feryha

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Tut mir leid Rüzgar.Auch ich mußte vor 3J. mein Pferd aus Altersgründen gehen lassen,Es war über 36j.alt und hat mich fast mein ganzes Leben begleitet.Ich habe mich sehr früh damit beschäftigt was ist wenn.........So etwa als ich volljährig wurde und die Verantwortung für mein Tier bei mir lag.Ich habe mich damals in der Pferdeklinik Düppel der Fu Berlin informiert.Ich habe mich letztendlich für die sanfteste Methode mit viel Zeit und mehreren Injektionen entschieden.Die Kosten waren egal.Ich hatte das Glück einen kompetenten ,netten Tierarzt zu treffen ,der "Oma" betreute und mit dem ich das beizeiten abklärte.Sie schlief sanft ein ,ich war bei ihr und es war sehr ruhig und würdevoll.Die Herde verabschiedete sie auch ...sie wieherten und rannten danach um uns herum an der Koppel.Der Tierarzt sprach sogar noch ein Gebet...das überraschte selbst mich.Er fragte auch vor jeder weiteren Spritze obs ok ist und ich sicher bin..erst als sie fest schlief gabs die krasse Spritze,das war auch das teuerste Medikament.
Manche nehmen nur diesen Hammer und das Tier fällt wie ein Baum um.Das wäre für mich nur im Notfall in Frage gekommen ,ja ich hätte da sogar ein Bolzengerät in kauf genommen ,damit meine Kleene nicht leidet.Ich hab auch immer eine Vollmacht dagelassen,das der Bauer ,im Notfall ein Drama beenden darf ,wenn der Tierarzt das meint.Hatte immer den gleichen Arzt und Bauern und vertrauen,selbst wenn ich wochenlang in TR war.Das ist wichtig,wenn jemand sich um dein großes Tier kümmert,der sollte definitiv was davon verstehen...in meinem Pferdeleben hab ich somanches Drama miterlebt und nein ,ein Ponyhof ist nicht das Paradies.....Seit ich sehr jung war war mir klar:den letzten Weg geht keins meiner Tiere allein ,bisher hatte ich Glück und konnte sie begleiten ,auch meinen 18j. Hund.......bisher habe ich nicht so eine Seele wie meine Stute getroffen....manchmal sehne ich mich nach ihr und vermisse sie schrecklich.Vielleicht findet mich nochmal ein Pferd...meine Stute war meine beste Freundin .27 J. Fast jeden Tag.Davor gehörte sie meiner Schwester,war ihr dann zu klein.Sie war den größten Teil meines Lebens da....ich versteh jeden ,der um sein Tier trauert..........
 
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Feryha

Well-Known Member
Meine Stute wurde erst etwas beruhigendes berabreicht (Injektion in Zugang am Hals)....vorher hat sie n riesen Eimer mit ihren liebsten Leckereien gefressen...hab sie gebürstet,gestreichelt,mit ihr geredet,sie rumgeführt...sie wurde etwas müde,nächste Spritze,legte im stehen ihren Kopf in meine Arme,reden streicheln,dann Narkosespritze,wurde müder ,legte sich sanft wie zum schlafen hin,seitlich,ich streichelte den Kopf,redete mit ihr.Stärkere Narkose,sie schlief fest ein.Dann die Spritze die praktisch das Gehirn ausschaltet.Sie atmete ruhig im Schlaf und dann etwas länger aus.....dann stand das Herz still.Sie lag friedlich da und ich redete und streichelte sie....dann später deckte ich sie mit einer Plane zu. Das dauerte in etwa 2 Std. insgesamt und auf meinen Wunsch war es zum Sonnenuntergang......nur ich ,mein Mann und der Tierarzt..ohne Gaffer.
Zum nächten Morgen hatte ich die Tierkörperbeseitigung bestellt.DAS tat ich mir nicht an,die holen das Tier allein ab mit dem LKW-ich rate auch keinem Pferdebesitzer sich das anzutun,vorallem beim eigenem Tier....
 

rüzgar

Well-Known Member
@Lady Yumus
Danke für deine lieben Worte! Währenddessen war ich sehr ruhig und habe funktioniert, weil dies das Einzige war, was ich für das Pferd und die Anwesenden tun konnte, erst viel später als der Schock nachgelassen hat und ich alleine war hat es mich dann überrollt. Seitdem lässt mich das Thema nicht mehr los und so viele Infos wie möglich zu recherchieren ist wohl meine Art der Verarbeitung. Ich war zudem verblüfft wie gut der Tierarzt (den wir nicht kennen, da er Notdienst hatte und zufällig in der Gegend war) das gemacht hat - stimmt, das ist wirklich tröstlich und ich möchte es nicht dem Zufall überlassen wie es in einem zukünftigen Notfall laufen könnte (deshalb meine Recherche und Fragen).

@hilal74
Danke auch dir, das ist schön, dass ihr alle eure Tiere begleitet habt. Ja, leider gibt es manchmal tatsächlich keine andere Lösung mehr, wobei es für das Tier meist angenehmer ist wenn der Tierarzt nach Hause kommt.

@Skeptiker
Deine Frage ist absolut berechtigt. Mir fällt es auch bei Tieren sehr schwer eine Entscheidung über Leben und Tod zu fällen und ich weiß nicht ob man das Recht dazu hat, aber am Sonntag gab es keine Alternative, da war ich einfach nur dankbar als der Tierarzt da war. Ob du es glaubst oder nicht, ich habe danach gesagt, wenn mir selbst mal ein schreckliches Unglück passiert und es keine Chance mehr gibt, hätte ich gerne diesen Tierarzt.
 

rüzgar

Well-Known Member
Liebe @Feryha - ich danke dir sehr für deinen ausführlichen Bericht und deine eigenen Erfahrungen! Es hat mir sehr geholfen und mich ruhiger gemacht zu wissen bzw. bestätigt zu bekommen, dass es eine 'sanfte' Einschläferung gibt, die durch deine Geschichte und sogar per Studie bekräftigt wurde. In dem Link ist auch nur von Pentobarbital die Rede, welches sogar in der menschlichen Sterbehilfe verwendet wird. Beruhigend, dass du beschrieben hast, dass dein Pferd bis zum Schluss ruhig geatmet hat, denn für mich ist der Gedanke an einen Erstickungstod (wie bei T61) eine schlimme Vorstellung. Schön, dass du dein Pferd so friedlich in seiner gewohnten Umgebung mit einem scheinbar sehr einfühlsamen Tierarzt gehen lassen konntest. Bei uns war der Tierarzt auch sehr behutsam und das Pferd hat sich erst langsam nach hinten gesetzt und dann sanft zu Seite. Es verlief ganz ruhig und ohne jeglichen Kampf oder ähnliches. Ja, der Freund, der dem Pferd vor Eintreffen des Tierarztes bereits Betäubungsmittel gespritzt hat, ist auch Landwirt und hat viel mehr Ruhe in dieses Drama gebracht. Das mit der Vollmacht ist eine gute Idee.
Ich finde es super, dass du dich in der Tierklinik über verschiedene Methoden informiert hast, denn deine und meine Erfahrungen sowie die Studie sprechen deutlich dafür, dass es sehr wohl auf Mittel, Methode und Tierarzt ankommt wie eine Einschläferung für das Tier verläuft. Ganz zu schweigen von Leuten, die ihre Pferde zum Schlachter bringen, wo sie teilweise zwischen aufgehängten toten Artgenossen und abgeschnittenen Pferdeschweifen in Panik und Todesangst mit dem Bolzenschussgerät im günstigen Fall das Gehirn weggeschossen bekommen, sich dabei aber Aufbäumen und körperlich noch nicht richtig tot sind sondern erst nach einem weiteren Messerstich zum Ausbluten aufgehängt werden. Ja, die Tierkörperbeseitigung bei Großtieren ist kein schönes Thema und zuerst braucht man mal einen Landwirt, der das Pferd mit dem Traktor in die Nähe der Straße bringt.

Ich kann dich übrigens sehr gut verstehen, da ich seit ich 5 Jahre alt war mit 4 Pferden aufgewachsen bin, die ich nach und nach in hohem Alter gehen lassen musste. Zudem leben seit ich denken kann bis heute Hunde und Katzen bei uns, die zu meinen engsten Freunden zählen... Ich wünsche dir, dass du eines Tages wieder so ein schöne Freundschaft mit einem Pferd (oder anderen Tier) erleben kannst!
 

Feryha

Well-Known Member
Dieser Arzt hier in Wessiland kam immer zu den Anderen in den Stall,guckte nach meiner -wollte nie was dafür- und ich sprach ihn an ,ob er da wäre wenns soweit sei. Er bejahte.Er fand toll das wir noch jahrelang uns kümmerten ,obwohl man ja im endeffekt das Pferd nicht mehr "nutzen " konnte,nur noch betuddeln.Er war einfach da- nur für eben diese Begleitung ,ein kostbares Geschenk.Ein netter ,warmherziger Mensch.Er berechnete nur die Medikamente,nicht die Zweit oder Untersuchungen. Es sollte so sein. Dieser Mensch war einfach da und ich bin ihm zutiefst dankbar-das sagte ich ihm auch.
Informiert hatte ich mich als ich noch in Berlin lebte.Ich konnte mit dem Arzt hier auf Augenhöhe reden,das war wichtig,er erkannte was es mir bedeutete.

Ich denke das auch du das Glück hattest ,das einfach sojemand da war- ein Mensch -nicht irgendein Tierarzt.

Ich habe einen Platz gewählt nach Rücksprache mit meinem Bauer ,wo die Tierkörperbeseitigung gut aufladen konnte...das sollte man bedenken und absprechen ,wenn möglich.
 
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