Aus-/Rückwanderer Türkei?

rüzgar

Well-Known Member
… so liebe TT'ler,
nachdem ich hier überwiegend übersetzt und jetzt eine längere Pause hatte, möchte ich nun auch mal was privateres loswerden bzw. um euren Rat fragen.

Seit bald 4 Jahren kämpfe ich nun schon darum in der Türkei leben und vor allem auch dort arbeiten zu können.

Vor 3 Jahren habe ich meinen Job in Deutschland gekündigt, hier alles hinter mir gelassen um meinem 'Traum' näher zu kommen. Habe damals bei einem großen Reiseveranstalter begonnen, die mich allerdings dann leider ungeplanterweise auf eine kleine griechische Insel versetzt haben. Immerhin konnte ich von dort aus jeden freien Tag mit Sondererlaubnis das Land verlassen um mit der Fähre in die Türkei zu fahren. Im Anschluss bin ich dort mit dem ersparten Geld 3 Monate geblieben.
Dann im Winter zurück nach D. und die Suche begann erneut. Versucht habe ich so ziemlich alles, Stellensuche übers Internet, Initiativbewerbungen, spontanes Probearbeiten in der Türkei, den Versuch über Beziehungen an einen Job zu kommen usw. Es ist verdammt hart.

Letztes Jahr hatte ich dann endlich wieder einen halbwegs annehmbaren Job gefunden und habe die ganze Saison in der Türkei gearbeitet. In der gleichen Anlage habe ich mich auf eine Stelle für die kommende Saison 2011 beworben. Der Generalmanager hat mir am Saisonende die Zusage in die Hand versprochen, dass – wenn die Stelle von der Zentrale genehmigt wird – diese erst gar nicht ausgeschrieben wird, sondern mir 100% sicher ist. Nun ist es leider zu einem Wechsel in der Chefetage gekommen und ich wurde monatelang vertröstet. Heute kam dann der Anruf, dass die Stelle zwar bewilligt, der neue Chef diese aber kurzerhand entgegen der Absprache an seine eigene Frau vergeben hat!!!

Ich weiß langsam nicht mehr ob ich noch die Kraft habe weiterzukämpfen...
Diese ständige Ungewissheit, das dauernde Herausgerissenwerden aus dem Umfeld, in dem man gerade neue Freunde gefunden hatte. Das Wissen, dass ich in der Türkei als Deutsche niemals die Chance haben werde eine 'wirklich gute' Stelle zu finden (habe eigentlich einen akadem. Studienabschluss). Trotz allem war es mir das immer wert und es ist jedesmal ein echter Kulturschock zurück nach Deutschland zu müssen. Merke auch, dass ich hier langsam meine Kontakte verliere. Die wenigen Freunde, die in D. geblieben sind, können mich nicht wirklich verstehen und es nachvollziehen. Fühle mich wie in einer Zeitmaschine wenn ich hierher zurückkomme – wieder da anzukommen, was man schon vor Jahren geglaubt hat hinter sich zu lassen. Das alles ist ein Kampf, der mich langsam zermürbt, ich bin unendlich müde davon.

Wenn ich an die Türkei denke blutet mir das Herz, ich habe dort sowohl meine glücklichsten als auch meine unglücklichsten Tage erlebt.
Mein Verstand mahnt manchmal Deutschland, mein Herz schreit Türkei und mein Bauch weiß gar nix mehr...

Was meint ihr dazu?
Würde mich sehr freuen wenn diejenigen von euch, die auch diesen Schritt versucht haben in die Türkei 'auszuwandern' über ihre Erfahrungen berichten könnten. Habt ihr es geschafft, wenn ja wie? Was macht ihr beruflich? Oder seid ihr wieder zurück nach Deutschland, wenn ja habt ihr es bereut? Freue mich natürlich auch generell über allgemeine Antworten und Meinungen – danke!
 

rüzgar

Well-Known Member
AW: Aus-/Rückwanderer Türkei?

Freue mich natürlich auch generell über allgemeine Antworten und Meinungen – danke!

...damit meinte ich diejenigen, die vielleicht keine eigene Erfahrung mit Auswandern oder Zurückkommen - aber dennoch eine Meinung dazu haben. :wink:

Was meint ihr dazu, wie würdet ihr entscheiden? Türkei oder Deutschland? Herz oder Verstand?
 

Lady Yumus

Well-Known Member
AW: Aus-/Rückwanderer Türkei?

(habe eigentlich einen akadem. Studienabschluss). Trotz allem war es mir das immer wert und es ist jedesmal ein echter Kulturschock zurück nach Deutschland zu müssen. Wenn ich an die Türkei denke blutet mir das Herz, ich habe dort sowohl meine glücklichsten als auch meine unglücklichsten Tage erlebt.
Mein Verstand mahnt manchmal Deutschland, mein Herz schreit Türkei und mein Bauch weiß gar nix mehr...

Deine Zeilen könnten von mir sein, rüzgar. Nur mit dem Unterschied, dass ich es arbeitstechnisch noch nicht in der Türkei versucht habe/ versuchen konnte.

Ich kann deine Schilderungen mehr als gut nachvollziehen. Vor allem das mit der "Zeitmaschine" und den sowohl glücklichsten als auch schwersten Tagen in der Türkei die man jemals erlebt hat.
Das hin und her gerissen sein zwischen den Welten ist wirklich schlimm, mein Leben ist bereits auch seit 4 Jahren davon geprägt.

Arbeitserlaubnis, Visum etc. das ist für Ausländer in der Türkei wirklich nicht einfach.
Ich habe das Glück, dass ich meinen Verlobten habe, der Türke ist. Dieses Jahr werden wir endlich heiraten können (bislang hatten wir keine Papiere wie Reisepass etc. Da die Türkei diesen einbehalten hatte wegen Militärangelegenheiten..)
Nach 3 Jahren Ehe kann man dann zusätzlich zur deutschen die türkische Staatsbürgerschaft annehmen, was ich auch vorhabe. Dadurch hat man dann schon mal den "Ausländerstatus" abgelegt und hat hoffentlich ein paar mehr Möglichkeiten im Land.

Ich kann dir leider keine Tipps geben, sondern wollte dich einfach nur wissen lassen, dass ich ganz genau nachvollziehen kann wie du dich fühlst.
Naja, es ist zwar kein Tipp, aber evtl. verliebst du dich ja auch mal dort unten, nicht in einen Askim, sondern richtig. :wink:
Gib' deinen Traum nicht auf! Der Verstand sagt einem viel wenn der Tag lang ist! Man sollte sich zwar nicht ausschließlich von seinen Gefühlen leiten lassen, aber rein rationales Denken macht auch nicht glücklich im Leben! Ich wünsche dir von Herzen, dass sich alles so ergeben möge wie du es dir erträumst!

Liebe Grüße,
Lady Yumus

PS: Dine hat hier auch schon viel geschrieben über ihr (Arbeits-)Leben in der Türkei. Sie plant gerade dort Fuß zu fassen und hat einen eigenen Thread darüber: "Mein Weg in die Türkei". Dort kannst du ja auch mal reinlesen, evtl. sind auch ein paar Tipps für dich dabei.
 
M

Mein_Ingomann

Guest
AW: Aus-/Rückwanderer Türkei?

...damit meinte ich diejenigen, die vielleicht keine eigene Erfahrung mit Auswandern oder Zurückkommen - aber dennoch eine Meinung dazu haben. :wink:

Was meint ihr dazu, wie würdet ihr entscheiden? Türkei oder Deutschland? Herz oder Verstand?

Besteht die Möglichkeit, dass Du dich mit deinen bisherigen Erfahrungen in der BRD selbständig machst und mit einer neuen Basis dann in die Türkei zurückkehrst?
 

Lady Yumus

Well-Known Member
AW: Aus-/Rückwanderer Türkei?

Besteht die Möglichkeit, dass Du dich mit deinen bisherigen Erfahrungen in der BRD selbständig machst und mit einer neuen Basis dann in die Türkei zurückkehrst?

Selbstständigkeit scheint wirklich oftmals die einzige und beste Lösung zu sein! Aber das muss man auch erst einmal verwirklichen können. Aber sehr guter Tipp.
 
M

Mein_Ingomann

Guest
AW: Aus-/Rückwanderer Türkei?

Selbstständigkeit scheint wirklich oftmals die einzige und beste Lösung zu sein! Aber das muss man auch erst einmal verwirklichen können. Aber sehr guter Tipp.

Vielen Dank erstmal an dich und rüzgar, dass ihr eure persönlichen Erfahrungen hier so offen zur Diskussion stellt.

Mir kam der Gedanke i.S. Selbständigkeit auch deshalb, weil die Arbeitsverträge allgemein immer schlechter werden. Noch (?) gibt es in der BRD Förderprogramme für Selbständigkeit und rüzgar scheint sehr selbständig zu agieren und auch risikobereit zu sein. Manchmal ist es hilfreich, einen Schritt zurück zu machen -hier: in die BRD- um dann wieder drei Schritte vorwärts zu gehen. :wink:
 

rüzgar

Well-Known Member
AW: Aus-/Rückwanderer Türkei?

Danke, Lady Yumus! Das wünsche ich dir auch!

Das tröstet mich etwas, dass du auch so fühlst und gibt mir Mut nicht ganz aufzugeben. Freue mich für dich, dass es dieses Jahr für dich endlich klappt, das macht vielleicht einiges einfacher. Wirst du dann in die Türkei ziehen oder wie ist euer Plan?

Ja, ich bin immer meinem Herzen gefolgt, aber manchmal denke ich auch, dass ich dadurch auch vieles aufgegeben habe, wenn ich sehe, dass ich jetzt schon wieder sowohl beruflich als auch privat bei null anfangen muss.
Zwischen den Welten beschreibt es ziemlich genau, da ich selbst wenn ich in Deutschland war, mit den Gedanken nur in der Türkei gelebt habe.

Eine Freundin und ehemalige Kollegin (Türkin aus Deutschland) hat vor kurzem auch vor der Entscheidung gestanden, da auch sie immer wieder auf die Nase gefallen ist, vor allem mit türk. Arbeitgebern. Sie hat jetzt nach 6 Jahren ihre Wohnung in der Türkei aufgelöst und ist zurück nach Deutschland, weil sie sagte sie kann einfach nicht mehr, muss an ihre Sicherheit und Zukunft denken. Wenn sie 20 wäre würde sie es noch ein paar Jahre probieren, aber sie sagt, sie ist zu alt für Abenteuer, muss sich ein Leben aufbauen.

PS: Ja, kenne den Thread, habe den Job, in dem Dine arbeitet, selbst schon gemacht.

LG rüzgar
 

rüzgar

Well-Known Member
AW: Aus-/Rückwanderer Türkei?

Besteht die Möglichkeit, dass Du dich mit deinen bisherigen Erfahrungen in der BRD selbständig machst und mit einer neuen Basis dann in die Türkei zurückkehrst?

Selbstständigkeit scheint wirklich oftmals die einzige und beste Lösung zu sein! Aber das muss man auch erst einmal verwirklichen können. Aber sehr guter Tipp.

Ja, der Gedanke ist nicht schlecht, Ingomann, aber alleine und noch dazu als weibliche Deutsche sicherlich schwer zu realisieren. Vor allem fehlt es mir dazu an finanziellen Rücklagen.
 

rüzgar

Well-Known Member
AW: Aus-/Rückwanderer Türkei?

Vielen Dank erstmal an dich und rüzgar, dass ihr eure persönlichen Erfahrungen hier so offen zur Diskussion stellt.

Mir kam der Gedanke i.S. Selbständigkeit auch deshalb, weil die Arbeitsverträge allgemein immer schlechter werden. Noch (?) gibt es in der BRD Förderprogramme für Selbständigkeit und rüzgar scheint sehr selbständig zu agieren und auch risikobereit zu sein. Manchmal ist es hilfreich, einen Schritt zurück zu machen -hier: in die BRD- um dann wieder drei Schritte vorwärts zu gehen. :wink:

Haha, du setzt mir noch einen neuen Floh ins Ohr... :wink:
Du hast schon recht, selbst für Türken im eigenen Land ist Selbständigkeit für die meisten der einzige Weg um zu etwas zu kommen. Die haben dann allerdings auch ein familiäres Umfeld, das sie unterstützt.
 
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