Berliner Mietendeckel: vorbildlich oder verwegen?

Bintje

Well-Known Member
Noch ist es kein Gesetz, aber ab 2020 sollen die Mieten in Berlin für zunächst fünf Jahre massiv eingefroren werden: auf maximal 7,97 € kalt pro Quadratmeter unabhängig von der Lage. Davon unberührt bleiben nur Neubauten, die ab 2014 erstmals bezugsfertig wurden.

https://www.morgenpost.de/politik/i...ill-Mieten-auf-knapp-acht-Euro-begrenzen.html

Einerseits unbedingt sympathisch, wenn Wohnen für alle bezahlbarer wird. Wäre da nicht das Andererseits: mir leuchtet zum Beispiel nicht ein, warum kleine Privatvermieter, die nicht selten Probleme haben, ihre Kreditzinsen abzuzahlen, den Plänen zufolge anscheinend genauso behandelt werden wie große Wohnungsgesellschaften. Kann mir das jemand erklären?

Und taugt das Berliner Beispiel Eurer Meinung nach als Vorbild für andere Städte?
 
Zuletzt bearbeitet:

EnRetard

Well-Known Member
warum kleine Privatvermieter, die nicht selten Probleme haben, ihre Kreditzinsen abzuzahlen, den Plänen zufolge anscheinend genauso behandelt werden wie große Wohnungsgesellschaften.
Weil es für die Mieter egal ist, ob sie Wuchermieten einer Heuschrecke in den Rachen werfen oder einem Kleinvermieter, der auf weiter steigende Mieten spekuliert hat, als er vor 2014 eine Bude als Geldanlage kaufte. Hat er sie vor der Zinswende gekauft, sind 7,97 € in Berlin auch schon dufte.
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Das Problem mit dem Mietendeckel ist ein anderes: Er wird die Wohnungsknappheit verschärfen und die Mieten bei den Nach2014-Wohnungen drastisch verteuern.
Sinnvoll wäre eine Kombination aus Mietendeckel und Lockerung der Bauvorschriften, um das Bauen zu verbilligen, und der Flächennutzungspläne, um auf nicht mehr gewerblich genutzten Flächen in Gewerbegebieten Wohnungen zu bauen. Zudem sollten die Kommunen auf ihren eigenen Flächen selbst bzw. über städtische Unternehmen bauen.
 

Msane

Well-Known Member
Und taugt das Berliner Beispiel Eurer Meinung nach als Vorbild für andere Städte?

Auf den ersten Blick hört sich das gut an, endlich wird den Wuchermieten mal der Riegel vorgeschoben.
Endlich wohnen zu fairen Preisen, das hört sich doch schön an, der einfache Mann neigt dazu wohlwollend zu applaudieren.

Auf den zweiten Blick sieht das schon wieder ganz anders aus.
Es sollte sich nämlich die Frage gestellt werden wie es überhaupt dazu kommen konnte.

Der Mietpreis richtet sich nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage.

Hier kommen wir der Ursache auf den Grund.
Die Mietkatastrophe in Berlin, wurde wie in allen anderen Städten auch durch die Politik verursacht.
Es ist die direkte Folge davon das beim sozialen Wohnungsbau gespart wurde.
Schlimmer noch, da man mit Sozialwohnungen nur sehr wenig Gewinn erwirtschaften kann haben die Städte massiv Sozialwohnungen weit unter Wert an Großinvestoren abgegeben, welche die Wohnungen dann später teurer neuvermieten.
Wohnungen wurden teilweise für 10.000 Euro das Stück verscherbelt.

Keine neuen Sozialwohnungen gebaut und bestehende an Investoren verscherbelt, bei gleichzeitigen starken Zuzug nach Berlin und andere Städte.
Es entsteht eine große Nachfrage aber das Angebot ist knapp, so kommen diese Mieten zustande.
Sie sind das Ergebnis des berliner Politikversagens.

Und jetzt wirds richtig düster...
Wie bekommt man nachhaltig die Mieten runter? ... indem massiv Sozialwohnungen neugebaut und das Angebot vergrößert wird, dann sinken die Mieten ganz von alleine.
Aber nein natürlich nicht, stattdessen kommt jetzt in Berlin der sozialistische Eingriff in den Markt.
Im Ausland fragt man sich schon ob in Deutschland die Kommunisten regieren.

Richtig wäre massiv neue Sozialwohnungen zu bauen.
Richtig ist wie schon angesprochen die Bauvorschriften zu lockern damit günstig gebaut werden kann, nirgendwo ist es so teuer zu bauen als in Deutschland.
Es muss in zentraler Lage möglich sein höher zu bauen.
Den Städten muss untersagt werden mit Bauland auf höhere Preise zu spekulieren, besteht Wohnungsknappheit müssen diese schnell und unbürokratisch dem Neubau zur Verfügung gestellt werden.
Ebenso müssen ungenutzte Flächen bei drohendem Wohnungsmangel unbürokratisch in Bauland umgewandelt werden.


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sommersonne

Well-Known Member
Wie bekommt man nachhaltig die Mieten runter? ... indem massiv Sozialwohnungen neugebaut und das Angebot vergrößert wird, dann sinken die Mieten ganz von alleine.
So viele Wohnungen kann der Staat garnicht bauen. Er würde sich dann auch als Immobilienmakler betätigen. Das will "er" bestimmt nicht, sonst wären nicht so viele Sozialwohnungen verkauft worden.
Was dabei heraus kommt, hat man in der DDR gesehen. Irgendwann fehlt dann das Geld um die vielen Häuser instand zu halten.

Ich finde das mit der Begrenzung der Miete besser. Viele Mieter, die knapp über der Grenze des Einkommens was man für eine Sozialwohnung haben darf liegen, würden leer ausgehen. Das ist bei einer Begrenzung nicht der Fall.
Außerdem, ehe die vielen neuen Sozialwohnungen gebaut werden, ist so mancher Sozialfall schon in die ewigen Jagdgründe eingegangen. Begrenzung geht schneller.
 

eruvaer

Well-Known Member
Lockerung der Bauvorschriften, um das Bauen zu verbilligen,
... Was genau schwebt dir da vor?
Ich sehe vor meinen inneren Auge gerade reihenweise billige Hochhäuser abfackeln, wie in GB, weil am falschen Ende gespart wird.
Mit fallen abgesehen von der Ausnutzungsziffer (gibt es zugunsten der Grünflächen) und der Höhenbeschränkung je Bauzone absolut keine Vorschriften ein, die man "lockern" könnte, ohne dass es negative Konsequenzen hat.
(Mal abgesehen von "emotionalem Kram" wie noch mehr Verschattung, Betonschluchten und fehlenden Grünflächen)
 

eruvaer

Well-Known Member
Deswegen ganz allgemein:
Einfach nur den Mietpreis deckeln wird zur Reduzierung der Instandhaltung führen.
Mehr Bauruinen, mehr billig statt richtig, mehr geflickt statt modern und energieeffizient usw.
Wenn man das mit reguliert, kann es funktionieren, ansonsten ist es wieder am falschen Ende angefasst.
 

EnRetard

Well-Known Member
... Was genau schwebt dir da vor?
Ich sehe vor meinen inneren Auge gerade reihenweise billige Hochhäuser abfackeln, wie in GB, weil am falschen Ende gespart wird.
Mit fallen abgesehen von der Ausnutzungsziffer (gibt es zugunsten der Grünflächen) und der Höhenbeschränkung je Bauzone absolut keine Vorschriften ein, die man "lockern" könnte, ohne dass es negative Konsequenzen hat.
(Mal abgesehen von "emotionalem Kram" wie noch mehr Verschattung, Betonschluchten und fehlenden Grünflächen)

Ich stelle mir Wohnbauten vor wie sie in den 1950er und 1960er Jahren hunderttausendfach in Westdeutschland gebaut wurden und massenhaft vormals kriegszerstörten Städten herumstehen. Und weiterhin bestens vermietbar sind. Klokachekklinkerfassaden müssten ja nicht unbedingt wieder sein. :p Warum muss für jede Wohnung mindestens ein Parkplatz vorgehalten werden, sodass fast zwingend Tiefgaragen gebaut werden, selbst wenn der nächste Bahnhof 5 Min. zu Fuß entfernt ist?

Dein Hinweis auf den Grenfell Tower ist üble Polemik. Und lächerlich in einem Land, wo wegen Lobby-Interessen massenhaft Feuerfallen mit Wärmedämmung aus Styropor gebaut werden, obwohl es genug Untersuchungen gibt, die darauf hinweisen, dass Fassadendämmen nicht viel bringt.
 

eruvaer

Well-Known Member
Ich stelle mir Wohnbauten vor wie sie in den 1950er und 1960er Jahren hunderttausendfach in Westdeutschland gebaut wurden und massenhaft vormals kriegszerstörten Städten herumstehen. Und weiterhin bestens vermietbar sind. Klokachekklinkerfassaden müssten ja nicht unbedingt wieder sein. :p Warum muss für jede Wohnung mindestens ein Parkplatz vorgehalten werden, sodass fast zwingend Tiefgaragen gebaut werden, selbst wenn der nächste Bahnhof 5 Min. zu Fuß entfernt ist?

Dein Hinweis auf den Grenfell Tower ist üble Polemik
Pfffrrt.
Ohne Ofennigfuchsen der Vermieter wäre das nicht so geendet.

Und eben deswegen gibt es diese Vorschriften.

Und nur weil man die Parkplätze/Tiefgaragen weg lässt, fahren nicht plötzlich weniger Leute Auto. Das ist eben wieder am falschen Ende angepackt.

Man kann sehr gut innerhalb der Vorschriften günstig bauen und dennoch sicher. Ich selbst wohne in einer modernen Form der alten Plattenbauten. Mich fasziniert es immer wieder aufs neue welch simple und dich innovative Ideen der Planer meines Hauses hatte, um Geld zu sparen ohne an Ausbaustandard einzubüssen. So wohnt man billig, schön und sicher auf einmal. Dank platzsparender Grundrissplanung lässt sich da auch noch mal einiges rausholen.

Jetzt zum Problem mit dem Mietzinsdeckel:
Weiss man schon vorher, dass man hinterher kein Geld bekommt, spart man schon Bett der Planung am guten Konzept.
Interim Strich wird es also auf billige Wohnungen die oft saniert werden müssen und nicht sonderlich praktisch oder attraktiv sind hinauslaufen. Die wegen der geringen Einnahmen jedoch nicht so oft saniert werden, wie sie müssten und zerfallen bis sie unbewohnbar sind.
 

eruvaer

Well-Known Member
Vermieterlobbybehauptung. Bei 8 € je qm kann sich der Vermieter das noch leisten. Ein Freund von mir vermietet im Ruhrgebiet Wohnungen für 5,5 € je qm und kann sich auch leisten, sie instandzuhalten.
Was er sich leisten kann und was er sich leisten wird ist ein himmelschreiender Unterschied.
Shiftphone baut die gleiche oder bessere Handys wir Apple für einen Bruchteil des Geldes - ist Fahrt noch fair und nachhaltig produziert und Modular reparierbar für Otto Normal.

Apple könnte sich das also locker leisten, aber...


*edit:
Deswegen sagte ich: am falschen Ende angefasst.
Man muss eben sicher stellen, dass weiter renoviert wird, wie vorgeschrieben und zwar entsprechend den Bauvorschriften und das auch sichergestellt und kontrolliert werden.
Sonst geht der Deckel deftig nach hinten los.
Es wird immer zulasten der Mieter ausgetragen, nicht zulasten der Einkünfte des Vermieters. Wenn man das nicht verhindert, wird ich nicht, wie du das gut finden und mich als Redner der Vermieterlobby hinstellen kannst.
Das ist mir einfach zu naiv und kurzsichtig.
 
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