Berthold Brecht

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Lalezar2006

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BERTHOLD BRECHT

Vom fünften Rad

Wir sind bei die in der Stunde, wo du erkennst
Das du das fünfte Rad bist
Und deine Hoffnung von dir geht.
Wir aber
Erkennen es noch nicht.

Wir merken
Das du die Gespräche rascher treibst
Du suchst ein Wort, mit dem
Du fortgehen kannst
Denn es liegt dir daran
Kein Aufsehen zu machen.

Du erhebst dich mitten im Satz
Du sagst böse: du willst gehen
Wir sagen: Bleibe! und erkennen
Das du das fünfte Rad bist.
Du aber setzest dich.

Also bleibst du sitzen bei uns in der Stunde
Wo wir erkennen, dass du das fünfte Rad bist.
Du aber
Erkennst es nicht mehr.

Lass es dir sagen: du bist
Das fünfte Rad
Denke nicht, ich, der ich`s dir sage
Bin ein Schurke
Greife nicht nach dem Beil, sondern greife
Nach einem Glas Wasser.

Ich weiß, du hörst nicht mehr
Aber
Sage nicht laut, die Welt sei schlecht
Sag es leis.

Denn nicht die vier sind zuviel
Sondern das fünfte Rad
Und nicht schlecht ist die Welt
Sondern
Voll.
 
L

Lalezar2006

Guest
AW: Berthold Brecht

An die Nachgeborenen

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unenempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.

Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
Die in Not sind?

Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt
Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts
Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich satt zu essen.
Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt bin ich verloren)

Man sagt mir: iß und trink du! Sei froh, das du hast!
Aber wie kann ich essen und trinken, wenn
Ich es dem Hungernden entreiße, was ich esse, und
Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt?
Und doch esse und trinke ich.

Ich wäre gerne auch weise
In den alten Büchern steht, was weise ist:
Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit
Ohne Furcht verbringen
Auch ohne Gewalt auskommen
Böses mit Gutem vergehen

Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen
Gilt für weise.
Alles das kann ich nicht:
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!


Bertolt Brecht
 

alterali

Well-Known Member
AW: Berthold Brecht

Aus dem Einheitsfrontlied:

Und weil der Mensch ein Mensch ist,
braucht er was zum Essen bitte sehr.
Es macht ihn kein Geschwätz nicht satt,
das schafft kein Essen her.

Und weil der Mensch ein Mensch ist,
drum hat er Stiefel im Gesicht nicht gern,
er will unter sich keinen Sklaven sehn
und über sich keinen Herrn.
 
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