Bundesverfassungsgericht kippt BND-Internetüberwachung im Ausland

Bintje

Well-Known Member
Wichtiges Urteil: Die Überwachungspraxis des BND sei in jetziger Form verfassungswidrig, entschieden die Richter. Reporter ohne Grenzen (ROG), die Berliner Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und mehrere ausländische Journalisten hatten Verfassungsbeschwerde gegen die seit 2017 geltende Gesetzesreform eingelegt.

"Dabei zweigt der BND an Internetknoten wie dem De-Cix in Frankfurt am Main ohne konkreten Verdacht große Datenmengen ab und durchsucht sie mithilfe sogenannter Selektoren - etwa E-Mail-Adressen, Telefon- oder Gerätenummern. Die gewonnenen Daten werden zum Teil auch für ausländische Partnerdienste ausgewertet oder an diese weitergegeben."

https://www.spiegel.de/netzwelt/net...fpt7vmnTlDC_w29VxN9KXW-eM3sQ6PQZNwFCOaWxIbmQ0

Die Kläger führten erfolgreich an, die Beschränkungen und Kontrollen seien nicht ausreichend.
Daten von Deutschen würden nicht verlässlich gelöscht, und die geltende Praxis sei insbesondere für ausländische Journalisten besonders heikel: Wer mit Partnermedien im Ausland oder lokalen Kollegen zusammenarbeite, sei besonders gefährdet. Auch Rechtsanwälte seien durch die jetzige Fassung des Gesetzes nicht ausreichend geschützt. Die SZ erklärt es genauer.

Das Gesetz muss nun bis Ende 2021 verfassungskonform überarbeitet werden. Bis dahin gilt es weiter. Bundesregierung und BND hielten die bisherigen Bestimmungen zur Nachrichtengewinnung für unverzichtbar. Die Verfassungsrichter sahen das anders.

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts zur heutigen Entscheidung: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-037.html
 

Bintje

Well-Known Member
Die Überwachung ausländischer Journalisten.

Nein, das ist so nicht ganz richtig, liegt aber sicherlich daran, dass ich es im Eingangsbeitrag nicht ausreichend präzisiert und einseitig die Interessen der Kläger im Fokus hatte. Die hatten geklagt, weil sie natürlich vitale Interessen haben, dass ihre Kommunikation geschützt bleibt und nicht irgendwelchen Despoten übermittelt wird. Aber das Gesetz gilt natürlich für jeden, nicht nur für Journalisten! Kurzum, die Kommunikation jedes Bundesbürger und jedes Ausländers darf aufgrund des seit 2017 geltenden Gesetzes vom BND anlasslos (!) belauscht, ausgewertet und ggf. - je nach Interpretation - an ausländische Dienste wie NSA, GCHQ oder MIT weitergegeben werden. Was Snowden an der NSA kritisierte und an die Öffentlichkeit brachte, wurde dadurch quasi nachträglich legalisiert - diesmal zu Gunsten des BND. Dessen Kompetenzen wurden dabei erheblich ausgeweitet.

Das Gesetz unterscheidet zwischen Deutschen, EU-Bürgern und Drittstaatlern, wobei letztere bisher unbegrenzt überwacht werden können, und zwar wohlgemerkt: ohne konkreten Anlass, einfach so. Und Ihr könnt Euch natürlich denken, was geschieht, wenn die Daten in Händen eines ausländischen Dienstes landen, der, um es mild zu umschreiben, seinen Staatsbürgern gegenüber so 'mild' und 'nachsichtig' gesinnt ist wie Staat X [Passendes bitte einsetzen] mit Staatsoberhaupt Y [Namen bitte ergänzen].
Natürlich gab es seinerzeit schon im Vorfeld massig Kritik an der Gesetzesreform, was die GroKo aber nicht davon abhielt, das Ding trotzdem zu verabschieden. Hier kann man etwas mehr dazu lesen:

https://netzpolitik.org/2017/irrefu...aessigkeit-unabhaengig-von-der-nationalitaet/

https://netzpolitik.org/2019/hoffen-auf-ein-grundsatzurteil/

Gut, sehr gut, dass die Verfassungsrichter dem Gesetzgeber in den Arm gefallen sind.
So wenig ich von der technischen Seite dieser komplexen Materie insgesamt begriffen habe:
Tatsächlich hat das BVerfG die Grundrechte gestärkt und klargestellt, dass sie auch für Drittstaatler gelten.
 
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Alubehütet

Well-Known Member
Wow. Der BND hat es sogar gebracht zur Ehre der Altäre eines eigenen Wikipedia-Lemmas mit seiner Weltraumtheorie. :)

Der BND argumentiert: „dass die Erfassung von über Satelliten laufender Kommunikation an der Außenstelle in Bad Aibling nicht auf bayerischem Grund und Boden stattfindet, sondern allenfalls im Ausland beziehungsweise letztlich auf den Erdtrabanten im All und damit in einem weitgehend rechtsfreien Raum, in den das Grundgesetz nicht hineinreicht, und somit keinen deutschen Beschränkungen unterliegt“.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Da nich' für. Nur kann ich nicht glauben, dass Du das nicht wusstest. ;)
Wobei Du Recht hast: ich hätte das eingangs besser erklären sollen. Das war zu knapp und missverständlich.
Seine Quelle waren die Nachdenkseiten, die zunehmend dem Verschwörungsjournalismus zugeordnet werden. Da muss hin und wieder die Sache für den Aluhut passend gemacht werden. :)
Laut WDR braucht es laut Gericht eine Kontrollinstanz, die die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes prüft. Ich war erstaunt, dass es eine solche Kontrollinstanz nicht gibt. Ich dachte immer, dass sei das Kanzleramt (daher ja auch damals der Aufschrei, als das Kanzleramt in Afghanistan auf Grund der Informationen der Dienste bomben ließ, dem mehr als 200 Zivilisten tot oder schwer verletzt zum Opfer fielen).
 
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