Da hatten die Grünen noch nie große Probleme mit, vgl. Schredder und Hartz IV. Sie sind eine bürgerliche Partei. Die SPD zerreißt sowas, die Grünen nicht.
Das sehe ich anders. Die Situation ist eine ganz andere als zu Beginn der Schröder-Ära.
- Damals war schon Erfolg, daß der Dicke endlich weg war. Da war der Ausstieg aus der Atomenergie vergleichsweise nicht gar so wichtig (der so lächerlich war, daß Merkel ihn später locker überbieten konnte).
- Die CDU war dann auch erst einmal beschäftigt mit der Spendenaffäre. Hatte auch eine nicht so unbedingt charismatisch wirkende, augenscheinlich eindeutige Interims-Vorsitzende. Die den Job nur vorübergehend geschäftsführend macht, bis sich unter den Männern dann der „richtige“ Oppositionsführer herausgemendelt haben würde. Erstaunlich, wie weit der Stoiber bei der Wahl dennoch kam.
- Das war wirklich ein Generationen-Ding. 68er und Post-68er haben die zu ihrem Lebensstil passende Partei gewählt. Rot-grün hatte in meiner Generation (Bj. 1967) ganz klar die kulturelle Hegemonie. Zu erklären hatte sich nicht, wer den Wehrdienst verweigerte, sondern, wer in der Jungen Union aktiv war.
- Die GRÜNEN lagen im einstelligen Bereich. Da war klar, wer Koch ist, und wer Kellner. Heute werden die GRÜNEN als zweitstärkste politische Kraft einen Kanzlerkandidaten stellen (müssen), mit Option auf grün-rot-rot. Da stehen die der CDU auf ganz anderer Augenhöhe gegenüber.
Heute haben wir, anders als damals, wieder ein apokalyptisches Thema, das keine Kompromisse duldet: den Klimawandel. In den 80ern gab es die NATO-Nachrüstung: Da gab es nur ein Ja oder ein Nein. Auf beiden Seiten apokalyptisch besetzt: Rüsten wir nach, kommt es zum Atomkrieg – Rüsten wir nicht nach, kommt der Russe. Klimawandel heute ist nicht auf ein Projekt fokussiert, ein aufeinander abgestimmtes Gesamtpaket muß stimmen. Aber unter dem Strich:
Ein Rezo (oder ein Nachfolger) wird sich den Koalitionsvertrag sehr genau angucken. Und genau bestimmen können: Die Ziele des Pariser Klimagipfels sind damit einzuhalten – Oder aber eben nicht. Die GRÜNEN werden derzeit bei um die 20% gehandelt. Das sind nicht mehr nur Stammwähler, grünes Milieu. Da sind viele Wechselwähler. Wenn es dann zu einem GRÜNEN-Zerstörungsvideo kommt, dann ist auf einmal viel Luft da, und zwar locker über 5%, für eine neue FFF-Partei, etwa mit Luisa Neubauer und Rezo als Parteivorsitzenden-Team, flankiert von Martin Sonneborn als
elder statesman. PIRATEN wie Julia Reda werden sich wiederfinden und ihnen zugesellen (Rezo wurde ja politisiert bekanntlich durch die – ihn unmittelbar betreffende – Uploadfilter-Debatte), frustrierte LINKE und auch GRÜNE. Der grüne Höhenflug-Ballon könnte schneller platzen als wir denken.
Das kann sich noch als Riesenfehler herausstellen, daß FFF inklusive Thunberg höchstpersönlich sich vergangenen Freitag haben einspannen/instrumentalisieren lassen für den Hamburger Landtagswahlkampf der GRÜNEN; daß das nun ein nicht mehr nur informelles, sondern offizielles Bündnis ist. Die Erwartungen der FFF an nun mehr offiziell „ihre“ Partei sind entsprechend hoch. Und sie sind jung: Sie sind radikal, Kompromisse sind noch nicht so ihr Ding, und die Bedrohung durch den Klimawandel scheint ihnen Recht zu geben in ihrer Rigorosität. Da werden die GRÜNEN liefern müssen. Kohleausstieg 2030, wie ihn sich sogar Söder vorstellen kann; alles andere kann für die GRÜNEN zum Riesenproblem werden. Erst Recht unter einem Kanzler Friedrich Merz.
Um einen Kreis zu schließen: Genau diesen Kohleausstieg 2030 aber wird ausgerechnet der Wirtschaftsmann Merz nicht liefern können/wollen. Darum ist der Mann der denkbar ungeeignetste Kandidat für einen konservativen Neuanfang der CDU.