Davutoglu´s neue Partei - die "Zukunftspartei"

sommersonne

Well-Known Member
"... Istanbul. In einem Schlag gegen den türkischen Präsidenten hat dessen ehemaliger Weggefährte und Ex-Ministerpräsident Ahmet Davutoglu das Programm seiner neuen Partei vorgestellt. "In einer Zeit der autoritären und populistischen Tendenzen in der Welt müssen wir ein Land aufbauen, in dem ehrenwerte Menschen erhobenen Hauptes und mit freiem Willen leben (können)", sagte er am Freitag in Ankara. Das war ein Seitenhieb auf Präsident Reccep Tayyip Erdogan, dem vorgeworfen wird, Grundfreiheiten zu untergraben.

In seiner rund einstündigen Rede versprach Davotuglu unter anderem den Schutz der Meinungsfreiheit, das Recht zu demonstrieren und die Stärkung der Zivilgesellschaft. Er betonte mehrfach, dass die Justiz unabhängig sein müsse.

Davutoglu kritisierte, dass die Zerstörung freier Medien der Türkei schade. Seit dem Putschversuch von 2016 hat die Regierung viele Medien auf Regierungslinie gebracht und andere geschlossen. Zudem müsse sich die "diplomatische Rhetorik" ändern. Die aktuelle Herangehensweise schade dem Ansehen des Landes. Die Türkei liegt zurzeit unter anderem wegen ihres Einmarsches in Nordsyrien, eines umstrittenen Waffengeschäfts mit Russland und ihrer Energiepolitik im Mittelmeer mit vielen Regierungen über Kreuz.


Es ist die Rede von rund 150 Gründungsmitgliedern
Davutoglu hatte die Partei, die er am Freitag "Zukunftspartei" nannte, am Vortag beim Innenministerium registrieren lassen. Es war von rund 150 Gründungsmitgliedern die Rede. Davutoglu war im September aus Erdogans islamisch-konservativer AKP ausgetreten - unter anderem mit der Begründung, dass sich die AKP von ihren Grundprinzipien entfernt habe. ..."

https://www.rnd.de/politik/turkisch...ftspartei-vor-WKKOCRN35CNQK5JTO63FDUQGKQ.html

Das hört sich so gut an. Ich halte den Daumen das er damit durch kommt und nicht ins Gefängnis wandert.
 

sommersonne

Well-Known Member
Ich hoffe mal du täuschst dich. Es muß doch mal vorwärts gehen. Vielleicht hat er was gelernt der Herr Davutoglu. Immerhin hat er sich getraut seinen Herrn und Meister zu verlassen und eine eigene Partei zu gründen. Da gehört schon Mut dazu gegenwärtig. Die Zeit wird es zeigen ob diese Partei ein Gegengewicht zur AKP sein kann.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Ob Davutoğlu für einen Politikwechsel steht, wage ich stark zu bezweifeln. Natürlich klingt das jetzt alles prima - aber bis er in Ungnade fiel, war er ein loyaler Gefolgsmann von Erdoğan. Unvergessen die Selbstentmachtung des Parlaments unter (damals noch) seiner Führung, und dazu kommt der außenpolitische Hegemonialanspruch, von dem er m.W. nie abgerückt ist. Oder täusche ich mich .. ? :confused:
Ich habe Davutoğlu als recht europafreundlich in Erinnerung. Mäßigender Einfluss auf Erdogans Schnellschüsse. Aber auch ich kann mich täuschen.
Man müsste wissen:
- wie steht Davutoğlu zum Militär
- wie steht Davutoğlu zu den Kurden
- wie steht Davutoğlu zur CHP
- wie steht Davutoğlu zu den Universitäten
- wie steht Davutoğlu zum Islam als Staatsreligion

Wenn wir das wissen, wissen wir mehr.
 

Bintje

Well-Known Member
Ich hoffe mal du täuschst dich. Es muß doch mal vorwärts gehen. Vielleicht hat er was gelernt der Herr Davutoglu. Immerhin hat er sich getraut seinen Herrn und Meister zu verlassen und eine eigene Partei zu gründen. Da gehört schon Mut dazu gegenwärtig. Die Zeit wird es zeigen ob diese Partei ein Gegengewicht zur AKP sein kann.

Klar gehört Mut dazu - aber vielleicht noch mehr Gekränktheit, Geltungsbedürfnis und taktisches Gespür, dass Öffentlichkeit gewissermaßen auch ein Schutz sein kann.
Glaubst Du, dass ein Sechzigjähriger seine innersten Überzeugungen noch einmal von Grund auf ändert?
Wie die im Kern sind, hat er m.E. durch lange Treue zur AKP und Erdoğan bewiesen.
Über die Grenze der Selbstverleugnung hinaus, darf man annehmen.

Natürlich sagt er zum Beispiel, Pressefreiheit sei gut - wenn Journalisten sich an Regeln halten.
Das ist der springende Punkt. :) Wer könnte da nicht zustimmen?
Trotzdem ist es in jede Richtung auslegbar, ohne dass er sich korrigieren müsste.

Auch seine Drohungen an Deniz Yücel sprechen für sich. Das war im Februar 2016.
https://www.heise.de/tp/features/Davutoglus-Zorn-auf-Journalisten-3378309.html?seite=all
Yücel hatte sich bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Davutoglu und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Ankara am 8. Februar 2016 durch kritische Fragen in Bezug auf Menschenrechte und Pressefreiheit den Zorn des Staatspräsidenten zugezogen. Dabei ging es dem Reporter primär um die Haltung Merkels, über die Menschenrechtsverletzungen großzügig hinwegzusehen, solange die Türkei in der Flüchtlingsfrage kooperiere. Der Vorwurf, der in der Frage mitschwang, richtete sich also gegen die Bundeskanzlerin, weniger gegen die türkische Regierung.

Doch Davutoglu nahm die Frage sehr persönlich: In regierungsnahen Medien wie Yeni Safak, Yeni Akit, Star und Sabah wurde Yücel als "PKK-Sympathisant" und "Religionsfeind" beschimpft. In einer Ansprache an seine Fraktion gab Davutoglu vergangene Woche bekannt, dass Yücel neben der deutschen auch die türkische Staatsbürgerschaft besitze, und drohte ihm offen.
"Dieser Journalist versuchte zu provozieren und Schuldzuweisungen gegen die Türkei zu betreiben. Gut, jeder kann fragen, aber er bekommt dann auch die Antwort, die er verdient."

Das sagt schon viel aus, nicht wahr?

Ich habe Davutoğlu als recht europafreundlich in Erinnerung. Mäßigender Einfluss auf Erdogans Schnellschüsse. Aber auch ich kann mich täuschen. (..)

Davutoğlu war bei Europäern immer populärer als Erdoğan, weil er die Sprache der Diplomatie beherrscht. Er ist gebildet, alles andere als dumm.
Anders als Erdoğan, der hauptsächlich bauernschlau und extrem durchsetzungsfähig agiert.

Längeres Porträt über ihn von Susanne Güsten (leider hinter einer Paywall):
https://www.augsburger-allgemeine.d...eundliche-Gesicht-der-Tuerkei-id37261277.html

Auch aussagekräftig, wenngleich von 2009:
https://www.tagesspiegel.de/meinung...-das-maechtigste-land-der-region/1592834.html

Blogeintrag von Frank Nordhausen ("Gruß vom Bosporus"):
https://gruss-vom-bosporus.berliner-zeitung.de/8126/#more-8126

Wie gesagt, ich glaube nicht an einen Politikwechsel. Davutoğlu kommt nur geschmeidiger daher.
Oberflächlich besehen gibt es jetzt etwas mehr Auswahl in der Parteienlandschaft, nicht aber im Spektrum. (Noch.)


.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Wie gesagt, ich glaube nicht an einen Politikwechsel. Davutoğlu kommt nur geschmeidiger daher.
Oberflächlich besehen gibt es jetzt etwas mehr Auswahl in der Parteienlandschaft, nicht aber im Spektrum. (Noch.)
Vielleicht muss es auch gar keinen Politikwechsel geben. Denn Geschichte lässt sich nicht aufhalten. D. h. genausowenig wie die Türkei ihrer Euopäisierung entgehen kann, kann Europa der Migration aus dem erweiterten Kleinasien entkommen.
Wenn ich mir z. B. Bilder aus der DDR von 1989/9o ansehe, wundere ich mich immer, dass der Modestil genauso (furchtbar) war wie im Westen. Damals sah ich immer riesengroße Unterschiede, heute eher das Gemeinsame. M. a. W. wir nähern uns an, ob wir wollen oder nicht. In der Nordstadt in Richtung erweitertem Kleinasien, in Anatolien in Richtung Nordstadt. Politisch und sozial vermutlich auch.
Man kann mit der Geschichte gehen oder hinterherlaufen. Gorbi plädierte für die erste Option.
 

EnRetard

Well-Known Member
Klar gehört Mut dazu - aber vielleicht noch mehr Gekränktheit, Geltungsbedürfnis und taktisches Gespür, dass Öffentlichkeit gewissermaßen auch ein Schutz sein kann.
Glaubst Du, dass ein Sechzigjähriger seine innersten Überzeugungen noch einmal von Grund auf ändert?
Wie die im Kern sind, hat er m.E. durch lange Treue zur AKP und Erdoğan bewiesen.
Über die Grenze der Selbstverleugnung hinaus, darf man annehmen.

Natürlich sagt er zum Beispiel, Pressefreiheit sei gut - wenn Journalisten sich an Regeln halten.
Das ist der springende Punkt. :) Wer könnte da nicht zustimmen?
Trotzdem ist es in jede Richtung auslegbar, ohne dass er sich korrigieren müsste.

Auch seine Drohungen an Deniz Yücel sprechen für sich. Das war im Februar 2016.
https://www.heise.de/tp/features/Davutoglus-Zorn-auf-Journalisten-3378309.html?seite=all


Das sagt schon viel aus, nicht wahr?



Davutoğlu war bei Europäern immer populärer als Erdoğan, weil er die Sprache der Diplomatie beherrscht. Er ist gebildet, alles andere als dumm.
Anders als Erdoğan, der hauptsächlich bauernschlau und extrem durchsetzungsfähig agiert.

Längeres Porträt über ihn von Susanne Güsten (leider hinter einer Paywall):
https://www.augsburger-allgemeine.d...eundliche-Gesicht-der-Tuerkei-id37261277.html

Auch aussagekräftig, wenngleich von 2009:
https://www.tagesspiegel.de/meinung...-das-maechtigste-land-der-region/1592834.html

Blogeintrag von Frank Nordhausen ("Gruß vom Bosporus"):
https://gruss-vom-bosporus.berliner-zeitung.de/8126/#more-8126

Wie gesagt, ich glaube nicht an einen Politikwechsel. Davutoğlu kommt nur geschmeidiger daher.
Oberflächlich besehen gibt es jetzt etwas mehr Auswahl in der Parteienlandschaft, nicht aber im Spektrum. (Noch.)


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Vergesst nicht, dass es in der Türkei eine Zehnprozenthürde gibt. Alle diese Parteineugründungen werden erst relevant, wenn Tayyip auf biologischem Wege den Schwarzbau verlassen hat. Dann kann es Platz für mehr als eine Partei auf der rechten Seite geben. Bis dahin müssen es Bündnisse sein, und die CHP kann sich zwar mit der "guten" Meral verbünden, aber nicht mit dem religiösen, neo-osmanischen Ideologen Davutoğlu.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Vergesst nicht, dass es in der Türkei eine Zehnprozenthürde gibt. Alle diese Parteineugründungen werden erst relevant, wenn Tayyip auf biologischem Wege den Schwarzbau verlassen hat. Dann kann es Platz für mehr als eine Partei auf der rechten Seite geben. Bis dahin müssen es Bündnisse sein, und die CHP kann sich zwar mit der "guten" Meral verbünden, aber nicht mit dem religiösen, neo-osmanischen Ideologen Davutoğlu.
Ist Davutoğlu ein Neo-Osmane im ideologischen oder militärischen Sinn?
In jedem Fall stünde er Europa/der Nato/sogar den USA näher als Putin, Syrien oder Teheran.
 
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