Demenz

#TGOD

Well-Known Member
Mal in eigener Sache, da es bei mir in der Familie momentan einen Fall gibt und ich auch unzählige Male im Zivildienst damit konfrontiert worden bin.

Ist Demenz nicht so ziemlich die furchtbarste und schlimmste Krankheit, die einem Menschen "erwischen" kann?
Ich meine, sind es nicht die Erinnerungen, die Gefühle zu den Personen, die man sein Leben lang um sich hatte, genau das, was einen Menschen ausmacht?
Was muss so eine Person fühlen, wenn sie langsam merkt, wie der Gedächtnisschwund über einen herkommt?
Wenn die schönen, die schlechten, die angenehmen und auch die unangenehmen Erinnerungen einfach so verschwinden und man sozusagen sein Leben "vergisst".. Oftmals ist Aggression dann ihre Reaktion, wenn man sie darauf anspricht..

Ganz zu schweigen, was für ein harter Schlag es auch für die Angehörigen ist, wenn man von seinem eigenen Elternteil, Großeltern, etc. nicht mehr erkannt wird. Die einstigen Idole so hilflos zu sehen, ohne jegliche Erinnerung an alte Stärke.

Andererseits hatte ich dann oft wieder das Gefühl, dass viele Menschen, die schlimme Schicksalsschläge hatten, durch die Demenz seelisch erleichtert wurden und die fröhlichsten Menschen wurden, auch wenn sie dein Gesicht nach 15 Minuten wieder vergessen hatten.

Hab wohl gerade meinen Nachdenklichen, aber diese Krankheit ist für mich der Teufel..
 

Gizelle

Well-Known Member
AW: Demenz

Ich denke es ist für die Angehörigen schlimmer als für den Erkrankten. Meine Omi hat eine Zeit lang dement bei uns gelebt, bis es zu gefährlich wurde.
Sie hat ihr Kurzzeitgedächnis verloren, war aber happy wenn ich mit ihr Kinderlieder gesungen habe. Am schlimmsten auszuhalten war es, wenn sie sich ihrer Krankheit bewusst wurde. :-?
Für den Dementen ist es wohl am gnädigsten gar nichts mehr mit zu bekommen...
 

ege35

Well-Known Member
AW: Demenz

Ich glaube, für den Betroffenen ist es nur in der Anfangsphase beängstigend, solange er noch merkt, dass was nicht stimmt. Später bekommt er das Manko nicht mehr mit und lebt mehr oder weniger unbelastet in den Tag hinein.

Für die Angehörigen ist es natürlich zunehmend schwieriger, den Dementen zu verstehen. Viele sind frustriert, wenn sie nicht mehr erkannt werden und ziehen sich beleidigt zurück.
 

wasfuereinnarr

Active Member
AW: Demenz

Menschen, die an Demenz oder Alszheimer erkrankt sind, leben in ihrer eigenen Welt. Gesunden Menschen erscheinen sie glücklich.

Scheinbar leiden die Angehörigen bei diesen Erkrankungen langfristig mehr als die Erkrankten selbst.
 

#TGOD

Well-Known Member
AW: Demenz

Bei mir ist es momentan bei meiner Uroma und Oma der Fall. Gut, meine Uroma ist >90, da kann sowas schonmal passieren. Die lebt auch zufrieden vor sich hin und wohnt bei meinem Opa im Haus und ist einfach froh, dass immer was los ist um sie herum. Sie spielt viel mit den Katzen, etc.

Aber bei meiner Oma ist es leider schwierig, die ist Mitte 60 und merkt selber, wie es mit dem Gedächtnis bergab geht, wird deswegen zunehmend aggressiv und blockt total von sich ab. Dann gibt es wieder Momente, wo sie Dinge 10x einkauft und dann Opa schimpft, dass er nicht den Einkaufszettel nehmen soll und schon alles kaufen soll, weil sie es schon selbst macht. Dann vergisst sie, die Spülmaschine einzuschalten und all sowas .. Mein Opa schmeißt quasi den Haushalt und muss sich dann den ganzen Tag das Geschimpfe anhören, weil sie meint, er "klaut" ihr die Arbeit ..
 
P

pauline09

Guest
AW: Demenz

Ist Demenz nicht so ziemlich die furchtbarste und schlimmste Krankheit, die einem Menschen "erwischen" kann?

Angesichts vieler, für die Betroffenen sehr schmerzhaften Erkrankungen fällt es mir schwer zu glauben, dass Demenz das Schlimmste und Furchtbarste ist. Es ist ja eher ein langsames Verlöschen.. so habe ich es zumindest bei einem meiner Großväter erlebt. Und natürlich war das belastend, sowohl für ihn als auch für uns, und traurig. Manchmal konnte man seine Bedürfnisse nur erahnen, und wenn es dann nicht die für ihn "richtigen" waren, reagierte er mit einer Mischung aus Wut und Hilflosigkeit, die einem förmlich das Herz zerreißen konnte. :-? Zum Schluss hat er es, glaube ich, als Gnade erlebt, endlich sterben zu dürfen. (Er war allerdings auch schon sehr alt.) Das war das für mich damals Entscheidende: Es war ja sein Leben - reich an Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen, die für ihn zwar nicht mehr präsent und abrufbar waren, für uns aber als Familie untrennbar zu ihm gehörten. Zu ihm und der Persönlichkeit, die er gewesen ist.

Wenn ich heute an ihn denke, sehe ich ihn nicht als den alten, hilflosen und teils auch uns gegenüber schwierigen und aggressiven Mann, der er in seinen letzten Lebensjahren war, sondern als Persönlichkeit, die eine beruhigende Wärme und Zuverlässigkeit ausstrahlte. Der ein Schutzschirm für seine Familie war. Der jeden Morgen um sechs Uhr das Haus verließ, um zur Arbeit zu gehen, klare Prinzipien hatte, sehr selten laut wurde und ein Machtwort sprach, sondern meist schweigsam vor sich hinpuzzelte und am liebsten seine Obstbäume pflegte. Und er hatte einen grandios trockenen Humor! Darin wurde er nur von meiner Oma getoppt, die aber leider vor ihm starb. Ich hab ihn sehr geliebt. Und die Jahre, in denen er so krank war, haben mein Bild von ihm nicht zerstören können.

Andererseits hatte ich dann oft wieder das Gefühl, dass viele Menschen, die schlimme Schicksalsschläge hatten, durch die Demenz seelisch erleichtert wurden und die fröhlichsten Menschen wurden, auch wenn sie dein Gesicht nach 15 Minuten wieder vergessen hatten.

Das könnte sein. Ja, ich vermute es auch fast. Dann könnte es Balsam sein für die Seele. Und an uns liegt es nur, die Auswirkungen der Krankheit je nach persönlicher Perspektive als relativ zu erfassen und so anzunehmen, wie die jeweils Betroffenen es zwangsläufig müssen. Das ist ein Prozess, auch ein Lernprozess für einen selbst. Mitfühlend loslassen ist unglaublich schwierig. Aber man wächst auch daran..
 

hilal74

Well-Known Member
AW: Demenz

Demenz ist schrecklich.Meine Tochter hat jahrelang auf einer Station gearbeitet, wo nur Demezkranke waren.Sie hat viel von ihrer Arbeit erzählt und ich habe sie dort oft besucht. Das schlimme ist, dass es langsam anfängt und man wenn die Diagnose feststeht nach und nach als Angehöriger einen geliebten Menschen verliert und hilfos zugucken muss, wie sich nach und nach der Charakter verändert.Viele übernehmen die Pflege,ohne wirklich zu wissen was da auf sie zukommt. Demenzkranke brauchen vorallem im fortgeschrittenen Stadium rund um die Uhr Betreuung und die pflegenden Angehörigen kommen oft an ihre Grenzen.Wenns dann gar nicht mehr geht , ist das Pflegeheim oft die letzte Lösung.
Die Betroffenen bekommen selber nur im Anfangsstadium noch etwas davon mit.Danach leben sie in einer anderen Welt, können sich seltsamerweise noch an Dinge erinnern, die lange zurückliegen, aber die Gegenwart ist wie ausgelöscht.Sie erkennen selbst ihre Kinder und Ehepartner nicht mehr.
Meine Mutter ist 86 und hat noch einen messerscharfen Verstand.Dafür bin ich unendlich dankbar.
 

Lynx72

Gesperrt
AW: Demenz

Bei meiner Großmutter wurde wegen Verwirrtheit und Wahnvorstellungen von einem Kleinstadtneurologen fälschlich Alzheimer diagnostiziert, weil sie durch den Uhrentest fiel und ihm auch nicht klar antwortete. Tatsächlich hatte sie eine ausgewachsene Altersdepression, ausgelöst durch einen Schlaganfall. Nach einem Suizidversuch kam sie dann glücklicherweise in die richtigen Hände. Nach sechs Wochen in der Psychiatrie, wo sie mit 88 die Älteste war, mit den richtigen Medikamenten und einer Geprächstherapie, waren Verwirrtheit und Depression weg. Wäre sie damals nicht von der anderen Kleinstadtneurologin ins richtige Krankenhaus geschickt worden, hätte sie ihre letzten Jahre nicht zu Hause, sondern in einem Pflegeheim verbracht.
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Damit will ich sagen, man soll sich nicht leichtfertig mit der Diagnose Alzheimer oder generell Demenz abspeisen lassen. Und die Hoffnung nicht aufgeben.
 
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pauline09

Guest
AW: Demenz

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Damit will ich sagen, man soll sich nicht leichtfertig mit der Diagnose Alzheimer oder generell Demenz abspeisen lassen. Und die Hoffnung nicht aufgeben.

Deine Oma hatte wirklich Glück, Lynx; das ist ein richtiger und wichtiger Aspekt. Bei (manchmal sogar unerkannten) Schlaganfällen oder anderen organischen Erkrankungen können Depressionen auftreten, die "echter" Demenz zum Teil täuschend ähnlich sehen. Umgekehrt zieht Demenz aber auch häufiger Depressionen nach sich. Und was wirklich Sache ist, können nur kompetente Fachärzte beurteilen. Deswegen am besten immer mehrere fragen, wenn Zweifel bestehen.
 
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