Der türkische Kuss

M

mysterendy

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Liebe Freunde, hier nun eine meiner Geschichten.
Da die Zahl der Zeichen begrenzt ist, bekommt Ihr sie in Teilen serviert.
Natürlich nur, wenn sie Euch gefällt und interessiert...

--- Teil 1 ---

Der türkische Kuss

Ich hatte bisher drei Arten türkischer Küsse kennen gelernt: Den freundschaftlichen beidwangigen Begrüßungskuss unter Brüdern und Freunden.
Den fliehenden mit wehmütiger Innigkeit gegebenen Kuss einer bezaubernden Türkin um die 22, die sich von mir für immer verabschieden musste, weil sie zu einer von ihrem Vater vorbestimmten Hochzeit ins Heimatland reisen sollte.
Die leidenschaftlichsten und durstigsten Küsse, die dabei mit dem Fleiß der Drohnen reinstes Gelee Royale in den Bienenstock meines Mundes träufelten, an die ich mich mit ewiger Sehnsucht erinnere, gespendet und getrunken von einem Vollweib erster Klasse.
Doch der Kuss, von dem ich hier erzählen möchte, ist von anderer Natur.

Ich stand im Fahrstuhl meines Hotels, und mit mir ein russischer Mann und seine russische Begleiterin. So ein Klitschko Verschnitt mit einer dieser Splitterdürren, in goldenen Sandalen, den Kopf in Giraffenhöhe gestelzten Undamen. Jeder Lidstrich aus sibirischer Holzkohle und jede Schleife an dem Fiorucci Kleid vom Marktplatz, rangen gemeinsam mit einem verrottenden Atom U-Boot aus Murmansk in bemitleidenswerter Weise um die Anerkennung zur Weltklasse.
Ich mochte beide auf Anhieb nicht. Da man mir aber meine Antipathie an der Nasenspitze ansehen kann und ich alles andere als eine Boxernatur bin, brauchte ich dringend eine Lösung.
Ich erinnerte mich an ein Kunststück, welches ich inzwischen zum dritten Mal gesehen hatte...
 
B

berliner

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AW: Der türkische Kuss

Bin total gespannt,wie`s weitergeht.
Bitte lass uns nicht so lange warten.

popcorn :wink:
 
M

mysterendy

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AW: Der türkische Kuss

Liebe Freunde,
hier nun, wie gewünscht:

--- Teil 2 ---

Die sogenannte türkische Nacht, eine Touristenattraktion. Sie ist im Grunde banal. Es sei denn, man ist sensibel. Wer jedenfalls nicht sensibel ist, sind die Damen die ihr Geld damit verdienen, so etwas Ähnliches wie Bauchtanz aufzuführen. Sie haben alles, was man sich bezüglich der mohamedanischen Zucht hat erzählen lassen, bereits tausend und einmal aufgerollt. Sie machen sich an die Dicksten, Ältesten und Hässlichsten ran, umwehen sie mit ihrem Moschusschleier der professionellen Unerotik. Das muss man können. Russinnen können das! Ich hatte wiederholt beobachtet, dass diese rundbrüstigen Bauchnabel in Dukatenrüstung sich als erstes die Schlimmsten raussuchen. Am Anfang glaubte ich, es wäre wahllos. Aber nein, es hat zwei Gründe, erstens sind diese natürlich am Willigsten. Zweitens konnte sie hier noch mit dieser – scheißegal, ich lächle den Halbmond von der roten Fahne runter -- Stimmung auf jedes Ungetüm zugehen, um es zu einem Teil ihrer Show auf die Bühne zu bekommen.

All dies geschah mit jener professionellen Freundlichkeit, die gerade einmal für den Auftritt gelangt. Schaut man genau hin, wenn sie sich unbeobachtet wähnt, sieht man, dass die Mundwinkelmuskulatur in ihren Ruhezustand verfällt und wiederholtes hervortreten des Adamsapfels fragen lässt, ob sie dem Brechreiz widerstehen kann. Aber dennoch, ich habe von diesen Shows, bei denen Bierfässer
auf zwei Beinen in drei Minuten zu Bauchtänzern! ausgebildet werden, einiges darüber gelernt, wie man mit einem Wimpernschlag seine Einstellung zu Gunsten des erwünschten Ablaufs seines ureigenen nächsten Auftrittes anders schaltet.

Ich stand also im Fahrstuhl Klitschenko und Kitschowna gegenüber. Hätte ich ihn nur drei Sekunden zu lange mit meinem ursprünglichen Missfallen angeschaut, wären mir sicher, ganz wie von selbst, die Augenbrauen geplatzt. Ich lächelte sie also freundlich an, grüßte beide mit der Höflichkeit eines Bleches voll Bhaklava, welches honigtriefend frisch aus dem Ofen kam. – Es funktionierte.
Beide waren erwärmt, und unter Klitschenkos starren Backenknochen zeigte sich eine perfekte Linie gelber Dominosteine. Kitschownas braune Lippen, umrahmt von einem Konturenstift, bei dem wohl die Spitze abgebrochen war, öffneten sich ebenfalls geringfügig und gaben einen kilometerbreiten Strand von Zahnfleisch zum Besten.

Immerhin, es ging! Auch ich, bis dahin im Grunde ein Gefangener meines eigenen ästhetischen Anspruchs, der sich in diamantener Abhängigkeit davon befand, ob ihm jemand sympathisch ist, konnte nun mit Menschen umgehen, die - na ja.

Meine ersten Tage in der Türkei machten mir echt zu schaffen. Ich war ausnahmsweise und absichtlich allein gereist.
Keine Frau, keine Partnerin, keine weibliche Begleitung sonstiger Art.
Mein sehniges, gepflegtes Äußeres, mein schlanker Körperbau, mein avantgardistisch eleganter Kleidungsstil ließen überall eine gewisse Gesellschaftsschicht auf mich aufmerksam werden, die von dem Menschen das Sapiens weg ließ. Das Homo blieb übrig. Ich brauche eine Frau an meiner Seite allein schon als Bodyguard. Nirgends kann ich in Ruhe einen Slip aussuchen, ohne dass in weniger als drei Metern Umkreis hochgezogene Augenbrauen Stirnen kräuseln lassen und Männermünder Seifenblasen pusten.
 
E

EllaHH

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AW: Der türkische Kuss

Du machst es aber spannend.:razz:

weiter bitte...

popcorn
 
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mysterendy

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AW: Der türkische Kuss

Aber gern, Du Schöne...

--- Teil 3 ---

So auch hier in diesem Land. Überall Männer, Männer, Männer.
Junge Männer, verspielt wie Äffchen und undurchschaubar. Körperkontakt unter Brüdern gewohnt, liegen hier die Hemmschwellen ganz woanders. Aber ich habe meine Deutsche Machoseele nicht bei der türkischen Zollkontrolle abgegeben.
Sie fragen einen nach allem, vor allem, danach, warum man keine Frau dabei hat.

Warum habt ihr denn keine Frau dabei? Los Jungs holt sie raus, zeigt sie her. Wo sind eure Frauen? Verdammt. Die versteckt ihr zu Hause, lasst sie Bohnen pellen, oder Fischernetze restaurieren. Ich würde euch schon zeigen, welchen Kurs mein Schnellboot fährt. Aber ihr habt um Eure Häfen ein Aquarium aus Panzerglas gebaut!

Es war mir nicht klar, ob irgend eine freundlich entgegenkommende Geste meinerseits eventuell missverstanden werden könnte. Ich versteifte mich daher auf kühl deutsche Distanz. Das fiel mir schwer, denn mir war auch dieses verspielte Treiben sympathisch. Und höflich freundliches Entgegenkommen erwidert man als Weltenbummler eben auch nicht mit spröder Zurückweisung.

Aber nun zurück zu den ‚Türkischen Nächten in Marmaris / Icmeler. Anfänglich amüsierte es mich natürlich, wie die Gäste des Restaurants dazu animiert wurden, sich ebenfalls im Bauchtanz zu probieren.
Natürlich wurde der Fetteste ausgesucht, der – ich weiß nicht wie er das schaffte glücklich wie ein Schweinchen die Schwungmassen kreisen ließ, nachdem er seines verschwitzten T-Shirts mit LaCoste Lettern in Plakatgröße entledigt worden war. –
Sich dann rücklings auf den Boden legen sollte. Eine dieser ‚Orientalinnen’ von nördlich des Kaukasus, ließ dann breitbeinig über seinem Gesicht ihre Hüften kreisen.
Zu anderer Zeit, an anderem Ort, mit einer anderen Frau sicherlich ein Vergnügen der besonderen Art, dachte ich so bei mir.
Bis ich zusehen musste, wie dem einer Herzattacke recht nahen Fettwanst, ein halbes Kilo Eiswürfel in den Hosenbund geschüttet wurde, nachdem die Tänzerin ihm mit seinem eigenen T-Shirt die Augen verbunden hatte. Etwas mehr Stil hätte ICH mir an dieser Stelle auch gewünscht.
Alle lachten und klatschten vergnügt Beifall. Und Mr. Porg grinste noch immer.
 
M

mysterendy

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AW: Der türkische Kuss

Und hier nun der letzte Teil...

Da ich damit rechnen musste, an weiteren Urlaubstagen wieder einer solchen Show beizuwohnen, trainierte ich an den folgenden Tagen im Hotelzimmer, alles , was ich mir abgucken konnte. Meine Man-Styling Kurse aus dem Salsa und einige JazzDance Workshops kamen mir dabei zu gute...
So konnte ich die Aufmerksamkeit, die eigentlich der russischen Dame aus 1001 Nacht zukommen sollte, schon deutlich dezimieren und wurde nach meinen kleinen Soloeinlagen sogar gefragt, ob ich etwa zum Animationspersonal gehören würde.
Das Abschlusszeremoniell mit den Eiswürfeln wiederholte sich und der Kelch des Spottes ging zumindest an mir (als fastprofi) vorüber.
Allein, ich war einem der Barkeeper ins Auge gefallen, der stets eine grüne, mit Goldfäden bestickte Glitzerweste trug und mit vielen zarten Goldkettchen geziert war.

Bei der 3. Show dieser Art wähnte ich mich vollkommen sicher und verärgerte erneut eine der bezahlten Damen aus einem kleinen Dorf irgendwo hinter Petersburg.
Anscheinend fürchtete sie um 30% ihrer Gage.
Als die Zimbeln zu klingen begannen, und wieder das Opfer für das nasskalte Finale ausgewählt wurde blieben ihre Augen auf mir hängen. Diese hatte sogar etwas Verführerisches an sich – Und als sie so mit irritiert trotzigem Blick und leichtem Anflug von Wut im Kinn zu mir herüber sah, kam meiner männlichen Seele nach ca. 10 Tagen sexueller Abstinenz sogar der Gedanke, ob ich nicht diesen ihren Zustand als Aufhänger nehmen könnte um den Abend noch in semiprofessionelle Bahnen zu lenken.
Dabei winkte ich aber dezent ab.
So frei nach dem Motto, nicht mit mir Mädel, ich kenne das hier doch alles.
Allein, als ‚Star’ des letzten Abends sollte es mich wohl treffen. So schaute ich nach kurzer Darbietung meines Könnens auf dem Rücken liegend in den wiegenden Schritt, ließ meine Phantasie ob des glänzenden Slips auf weite Reisen gehen
- und wartete auf das Eis, als ich mein eigenes T-Shirt über die Augen gebunden bekam.
Anstelle des Eises in der Hose, wie gelassen erwartet, berührten mich nun warme Lippen und küssten meinen Mund mit hingebungsvoller Wonne. Es hätte meine Phantasie weiter beflügelt, wenn mich nicht ein gänzlich fremder Geruch irritiert hätte, der sich langsam seinen Weg in mein etwas verstörtes Gehirn bahnte…

In diesem Moment wurde ich von meinem T-Shirt befreit und dicht über meinem Gesicht grinste glücklich – der Barkeeper.


- Ende –

© by A. Baumeier
 
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EllaHH

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AW: Der türkische Kuss

:mrgreen:

das wars?
Wie war er denn so, der Barkeeper?:icon_eyecrazy:
 
M

mysterendy

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AW: Der türkische Kuss

:mrgreen:

das wars?
Wie war er denn so, der Barkeeper?:icon_eyecrazy:

Hee ! - Na Duuu bist mir ja eine...8)
Ich mache hier doch nicht Werbung für den Barkeeper...:icon_eyecrazy:
Würde mich auch enttäuschen, wenn du nicht auf echte Männer stehst...

Ich jedenfalls brauchte danach erstmal einen doppelten Raki.

Einmal um meine Lippen von der männlichen Berührung zu desinfizieren.
Zum Anderen, um mich von dem Schock zu erholen...

Lg.
Mr. Andy
 
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Lalezar2006

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AW: Der türkische Kuss

Lustige Geschichte Andy, danke :lol: :lol: Am Anfang taucht man in die Welt der Romantik ein und zum Schluss das böse erwachen, aber wie man sieht, kann auch ein männlicher Kuss sinnliches zum erwachen bringen. Auch beim gleichem Geschlecht 8)
 
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