Einer im Bad

sommerfrische

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Hunger, K?lte und Erm?dung nach vierzehnst?ndigem Ritt sch?ttelten mir die Glieder mit Fieberfrost, als ich im Karavanseraj abstieg, und die kurzen Steigb?gel des Tatarensattels hatten meine Beine fast gel?hmt. Man schlug mir vor ins Hamam oder t?rkische Bad zu gehen. Da ich von diesem Bad noch keine Vorstellung hatte, so schleppte ich mich m?hsam dahin, um es wenigstens zu sehen. Wir traten in ein weites hohes Gew?lbe, in dessen Mitte ein Springbrunnen pl?tscherte, der mir die K?lte sozusagen anschaulich machte, die in diesen R?umen herrschte. Ich versp?rte nicht die geringste Versuchung nur das kleinste St?ck meiner Toilette abzulegen; ?berdies sah ich ?berhaupt keine Badewanne und dachte nur mit Schrecken an den Springbrunnen und seine Eiszapfen. Mit Erstaunen erblickte ich auf der h?lzernen Estrade, die rings das Gemach umgab, mehrere M?nner auf Teppichen und Matratzen liegen, blo? mit einem d?nnen Leintuch zugedeckt, behaglich die Pfeife rauchend und sich wie an einem schw?len Sommertag an der K?hle labend, die mir in diesem Augenblick so entsetzlich schien.

Der Badew?rter, der in unseren bedenklichen Mienen las, f?hrte uns in ein zweites Gew?lbe; in dem schon eine ganz anst?ndige Hitze war. Hier bedeutete man uns durch Zeichen, dass wir uns entkleiden m?chten; man wickelt sich ein halbseidenes blaues Tuch um die H?ften und bekommt ein Handtuch als Turban um den Kopf, von dem angenommen wird, dass er nur aus Versehen nicht geschoren ist. Nach dieser Einkleidung schob man uns in eine dritte gew?lbte Halle hinein, deren marmorner Fu?boden so stark geheizt war, dass man ihn nur auf h?lzernen Pantinen (Galendschi) betreten konnte. Unter der Mitte der Kuppel, durch deren sternf?rmige, mit dickem Glas geschlossene ?ffnungen das Tageslicht eindringt, erhebt sich ein zwei Fu? hohes Plateau mit Marmor, Jaspis, Porphyr und Agat reich ausgelegt, auf welches man sich behaglich hinstreckt.

Der Telektschi oder Badew?rter schreitet nun zu einer ganz eigent?mlichen Prozedur. Der ganze K?rper wird gerieben und alle Muskeln gereckt und gedr?ckt. Der Mann kniet einem auf die Brust oder f?hrt mit dem Kn?chel des Daumens ?ber das R?ckgrat; alle Glieder, die Finger und selbst das Genick bringt er durch eine leichte Manipulation zum Knacken. Wir mussten oft laut auflachen, aber der Schmerz nach dem langen m?hseligen Ritt war verschwunden. Durch Klatschen in die H?nde gibt der Telektschi das Zeichen, dass er mit seiner Operation fertig sei.

Man begibt sich nun in die kleinen, noch st?rker erw?rmten Zellen, welche die gro?e Halle umgeben. Hier sprudelt klares Wasser in Marmorbecken, und zwar nach Belieben, aus zwei H?hnen, warmes und kaltes. Der Patient wird nun demselben Verfahren unterworfen wie die t?rkischen Pferde beim Striegeln, indem n?mlich der W?rter einen kleinen Sack aus Ziegenhaar ?ber die rechte Hand zieht und damit den ganzen K?rper anhaltend ?berf?hrt. Dies ist allerdings eine gr?ndliche Reinigung und man m?chte sagen, dass man noch nie gewaschen gewesen ist, bevor man nicht ein t?rkisches Bad genommen hat. Der Telektschi erscheint nun aufs Neue mit einer gro?en Sch?ssel mit wohlriechendem Seifenschaum. Mittels eines gro?en Quastes aus den Fasern der Palmrinde seift er seinen Mann vom Scheitel bis zur Fu?sohle, Haare, Gesicht, alles ein, und mit wahrem Vergn?gen gie?t man sich dann das kalte Wasser ?ber Kopf, Brust und Leib.

Jetzt ist man fertig; statt der durchn?ssten T?cher erh?lt man trockene, ?ber dem Feuer erw?rmte umgewickelt, einen Turban auf den Kopf und ein Laken ?ber die Schultern, denn die gr??te Schicklichkeit wird beobachtet. Bergh und ich erkannten uns in dieser Maskerade kaum wieder und mussten einer ?ber den anderen lachen. Wir streckten uns nun in der Eingangshalle so behaglich hin, wie wir es von den T?rken sahen. Man schl?rft einen Scherbet (kaltes Limonadengetr?nk), Kaffee oder raucht die Pfeife und empfindet die K?lte nur als angenehme Erfrischung, so innerlich durchw?rmt ist der K?rper. Die Haut f?hlt sich ?u?erst glatt und geschmeidig an und es ist gar nicht zu beschreiben, wie erquickend und wohltuend ein solches Bad auf gro?e Erm?dung wirkt.
 

turkish talk

Well-Known Member
hallo sommerfrische,

vielen dank f?r diese geschichte! sehr sch?n!
m?chtest du uns verraten, aus welchem buch oder ?hnlichem
das entspringt?


vielen dank einstweilen
: turgay
 

peterw

New Member
Zitat von turgay:
m?chtest du uns verraten, aus welchem buch oder ?hnlichem
das entspringt?
: turgay

Hellmuth von Moltke, der sp?tere preu?ische Generalstabschef, war als junger Offizier einige Jahre Milit?rberater bei der osmanischen Armee. Seine Briefe, darunter einer mit dieser Hamambesuchsschilderung, wurden als Buch herausgegeben:
Briefe ?ber Zust?nde und Begebenheiten in der T?rkei aus den Jahren 1835 - 1839.
Gru?
Peterw
 

peterw

New Member
Zitat von peterw:
Zitat von turgay:
m?chtest du uns verraten, aus welchem buch oder ?hnlichem
das entspringt?
: turgay

Hellmuth von Moltke, der sp?tere preu?ische Generalstabschef, war als junger Offizier einige Jahre Milit?rberater bei der osmanischen Armee. Seine Briefe, darunter einer mit dieser Hamambesuchsschilderung, wurden als Buch herausgegeben:
Briefe ?ber Zust?nde und Begebenheiten in der T?rkei aus den Jahren 1835 - 1839.

Gru?
Peterw

Es gibt ?ber den gleichen Zeitraum auch das Buch "Unter dem Halbmond" . Ich wei? nun nicht, ob beide B?cher die selben Briefe enthalten und welches von beiden ich gelesen habe. Somit auch nicht, in welchem die Hamamgeschichte zu finden ist..
Nch einen Gru?
Peter
 

turkish talk

Well-Known Member
nach "Briefe aus der chinesischen Vergangenheit" muss ich nun wohl auch "Briefe ?ber Zust?nde und Begebenheiten in der T?rkei ..." lesen. wohin man auch sieht, nur briefe ...

vielen dank f?r die ausf?hrliche information.

viele gr??e
: turgay
 
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