Asyali
Well-Known Member
Kamen. Was ist es für ein Gefühl, heimatlos zu sein? Zahlreiche in Deutschland geborene Türken führen ein Leben zwischen den Kulturen und fühlen sich weder zur einen noch zur einen zugehörig. Die Türkei kennen viele nur aus dem Urlaub. Dennoch zieht es sie in die Heimat, die keine ist.
Zurückkehren in die Türkei? „Eigentlich ist Deutschland meine Heimat." Yasemin Demir stutzt, um sich zu korrigieren: „Eigentlich bin ich heimatlos.”
Das sagt sie nicht verbittert, es klingt normal aus ihrem Mund. Für die in Deutschland geborene Studentin sind die sechs Monate Auslandssemester in Izmir eine Art Probezeit. Wenn es ihr gefällt, wird sie „zumindest für eine Zeit” in die Türkei gehen. Yasemin Demir ist eine Vorreiterin, andere streben den selben Weg an.
Noch kein Rückkehr-Trend
Ein Trend ist daraus (noch) nicht abzulesen. Cüneyt Baysan, Sekretär der Diyanet-Moschee, kennt nur wenige junge Leute, die diesen Schritt ernsthaft in Erwägung ziehen. Er selbst weiß aus eigener Erfahrung warum: „Meine Familie hat ein Grundstück in der Türkei. Aber dort kenn' ich mich nicht so gut aus wie hier.” In die Türkei reist er quasi nur als Tourist. Sein Lebensmittelpunkt liegt in Kamen.
Das gilt bisher auch für Akyol, der die Dönerbude „Sam” am Markt führt. „In einigen Jahren werde ich aber in die Türkei zurückgehen”, führt der 39-Jährige aus. Ein Angestellter hat den Schritt schon vollzogen. Die Rahmenbedingungen in der Türkei hätten sich durch die Annäherung an die EU verbessert. Zugleich sei die wirtschaftliche Situation in Deutschland schlechter geworden. Neben vielen positiven Aspekten des Lebens in Deutschland gebe es auch einges, das in hier stört: „Es fehlt der Mut zur Veränderung.” Zudem fühle er sich zwar integriert, kenne aber Beispiele, bei denen Türken im Zweifelsfall zweite Wahl wären: „Beim Job, bei der Wohnung.”
Ständige Diskussion
„Ich selbst wurde nie so behandelt, dass ich mich fremd fühlte", erzählt Yasemin Demir. Dennoch werde sie immer wieder auf ihren Migrationshintergrund angesprochen und dadurch „klassifiziert”. Die ständige Diskussion um Integration – da sei es schwer, sich wohlzufühlen. Dabei sieht sich die 25-Jährige durchaus als integriert an. Sie studiert Erziehungswissenschaften an der Uni Dortmund, seit zwei Jahren arbeitet sie im JKC. Dennoch: „Ich hoffe, dass ich in der Türkei nur als Mensch behandelt werde, nicht als Mensch mit Migrationshintergrund." Auch die Übervorsichtigkeit im Umgang mit den Begriffen stört sie: „In den Seminaren schauen die Professoren mich bei dem Thema an, weil sie eine Bestätigung brauchen, dass sie sich nicht falsch ausdrücken.”
Das sei gut gemeint, aber auch dadurch spüre sie, dass ein Unterschied gemacht werde. Ob das in der Türkei anders sein wird, wisse sie nicht. In der Befürchtung, dass genau das nicht der Fall sein wird, erklärt sich der Begriff heimatlos. Der Begriff „Almanci” bezeichnet die Türken, die in Deutschland aufgewachsen sind. Zu türkisch, um deutsch zu sein, zu deutsch, um türkisch zu sein – in dem Zitat der Autorin Hatice Akyuen findet sich die Studentin wieder.
Deutschland vermisst
Eine Freundin von ihr hat, als sie in Deutschland keine Anstellung fand, acht Monate in einem Hotel in der Türkei gearbeitet. „Sie kam zurück und hat mir erzählt, wie sehr sie Deutschland vermisst hat – von den Wohnungen bis zur guten Organisation", berichtet Yasemin Demir schmunzelnd. Bald wird sie wissen, wie sie in der Heimat ihrer Vorfahren zurechtkommt.
@derwesten- Fabio Hentschel
Zurückkehren in die Türkei? „Eigentlich ist Deutschland meine Heimat." Yasemin Demir stutzt, um sich zu korrigieren: „Eigentlich bin ich heimatlos.”
Das sagt sie nicht verbittert, es klingt normal aus ihrem Mund. Für die in Deutschland geborene Studentin sind die sechs Monate Auslandssemester in Izmir eine Art Probezeit. Wenn es ihr gefällt, wird sie „zumindest für eine Zeit” in die Türkei gehen. Yasemin Demir ist eine Vorreiterin, andere streben den selben Weg an.
Noch kein Rückkehr-Trend
Ein Trend ist daraus (noch) nicht abzulesen. Cüneyt Baysan, Sekretär der Diyanet-Moschee, kennt nur wenige junge Leute, die diesen Schritt ernsthaft in Erwägung ziehen. Er selbst weiß aus eigener Erfahrung warum: „Meine Familie hat ein Grundstück in der Türkei. Aber dort kenn' ich mich nicht so gut aus wie hier.” In die Türkei reist er quasi nur als Tourist. Sein Lebensmittelpunkt liegt in Kamen.
Das gilt bisher auch für Akyol, der die Dönerbude „Sam” am Markt führt. „In einigen Jahren werde ich aber in die Türkei zurückgehen”, führt der 39-Jährige aus. Ein Angestellter hat den Schritt schon vollzogen. Die Rahmenbedingungen in der Türkei hätten sich durch die Annäherung an die EU verbessert. Zugleich sei die wirtschaftliche Situation in Deutschland schlechter geworden. Neben vielen positiven Aspekten des Lebens in Deutschland gebe es auch einges, das in hier stört: „Es fehlt der Mut zur Veränderung.” Zudem fühle er sich zwar integriert, kenne aber Beispiele, bei denen Türken im Zweifelsfall zweite Wahl wären: „Beim Job, bei der Wohnung.”
Ständige Diskussion
„Ich selbst wurde nie so behandelt, dass ich mich fremd fühlte", erzählt Yasemin Demir. Dennoch werde sie immer wieder auf ihren Migrationshintergrund angesprochen und dadurch „klassifiziert”. Die ständige Diskussion um Integration – da sei es schwer, sich wohlzufühlen. Dabei sieht sich die 25-Jährige durchaus als integriert an. Sie studiert Erziehungswissenschaften an der Uni Dortmund, seit zwei Jahren arbeitet sie im JKC. Dennoch: „Ich hoffe, dass ich in der Türkei nur als Mensch behandelt werde, nicht als Mensch mit Migrationshintergrund." Auch die Übervorsichtigkeit im Umgang mit den Begriffen stört sie: „In den Seminaren schauen die Professoren mich bei dem Thema an, weil sie eine Bestätigung brauchen, dass sie sich nicht falsch ausdrücken.”
Das sei gut gemeint, aber auch dadurch spüre sie, dass ein Unterschied gemacht werde. Ob das in der Türkei anders sein wird, wisse sie nicht. In der Befürchtung, dass genau das nicht der Fall sein wird, erklärt sich der Begriff heimatlos. Der Begriff „Almanci” bezeichnet die Türken, die in Deutschland aufgewachsen sind. Zu türkisch, um deutsch zu sein, zu deutsch, um türkisch zu sein – in dem Zitat der Autorin Hatice Akyuen findet sich die Studentin wieder.
Deutschland vermisst
Eine Freundin von ihr hat, als sie in Deutschland keine Anstellung fand, acht Monate in einem Hotel in der Türkei gearbeitet. „Sie kam zurück und hat mir erzählt, wie sehr sie Deutschland vermisst hat – von den Wohnungen bis zur guten Organisation", berichtet Yasemin Demir schmunzelnd. Bald wird sie wissen, wie sie in der Heimat ihrer Vorfahren zurechtkommt.
@derwesten- Fabio Hentschel