Muslime distanzieren sich vom Terror, distanzieren sich Christen von Pegida?

Zerd

Well-Known Member

Inwieweit macht es einen Unterschied im Umgang mit den Gläubigen?

Vorneweg gesagt: verallgemeinern lassen sich die folgenden Überlegungen natürlich nicht. Jeder Mensch legt seinen Glauben auf seine eigene individuelle Weise aus und so spielen beim Umgang mit Andersgläubigen und -denkenden noch einige andere Faktoren wie etwa die Erziehung Bildung etc noch eine Rolle. Darum spreche ich hier vornehmlich über Tendenzen und Erfahrungswerte.

EIn Glaube ist in der Regel identitätsstiftend und drückt Zugehörigkeit aus. Dies trifft in besonderem Maße auf den Atheisten zu, zumal die meisten Atheisten sich gar nicht eingestehen, dass sie einem Glauben anhängen, sondern überzeugt sind, dass es sich um Wissen handelt, dass Gott nicht existiert und folglich auch nicht eine bestimmte Lebensweise begründet. SIe führen einfach das Beweisprinzip ad absurdum, indem sie behaupten, da die Existenz Gottes nicht nachgewiesen wurde, gibt es ihn auch nicht. Das ist ein lächerliches Argument, denn vor Newton konnte auch die Gravitation nicht nachgewiesen werden, aber dennoch gab es sie und wirkte sie.

Aber wie dem auch sei; weil die meisten Atheisten nun einmal denken, ihr Weltbild würde allein auf Wissen gründen, machen sie nicht vornehmlich einen Unterschied zwischen dem einen und dem anderen Glauben, sondern sehen eine Grenze zwischen Wissenenden und Unwissenden. Und das prägt dann natürlich den tendenziell eher abfälligen Umgang mit Religiösen.

Meine Erfahrungen mit überzeugten Atheisten bestätigen diese Betrachtungen auf ganzer Linie. Der religiöse Mensch ist tendenziell ein moralischer Mensch und das prägt seinen Umgang mit seinen Mitmenschen (neben Bildung, Erziehung, persönlichen Erfahrungen, kulturellen Einflüssen etc). Der Atheist ist tendenziell ein unmoralischer Mensch und das prägt ebenfalls seinen Umgang mit seinen Mitmenschen (wiederum neben vielen anderen Faktoren)
 

beren

Well-Known Member
Der Atheist ist tendenziell ein unmoralischer Mensch und das prägt ebenfalls seinen Umgang mit seinen Mitmenschen (wiederum neben vielen anderen Faktoren)


Da stimme ich dir aber nicht zu.

Ich habe mir gerade Synonyme zu unmoralisch extra angesehen, da steht hemmungslos, rücksichtslos und verantwortungslos...

Das kann man doch nicht unterstellen, auch nicht tendenziell finde ich.



Und der Agnostiker ist moralisch?


Oder habe ich dich falsch verstanden?
 

Zerd

Well-Known Member
Ich habe mir gerade Synonyme zu unmoralisch extra angesehen, da steht hemmungslos, rücksichtslos und verantwortungslos...

Das kann man doch nicht unterstellen, auch nicht tendenziell finde ich.

Unmoralisch bedeutet zunächst einmal "ohne Moral" (-> ohnmoral -> unmoral), in dem Sinne, dass der Atheist sein Verhalten vor allem rational und eben nicht moralisch begründet, auf eine bestimmte Moral basierend. Die Synonyme, die Du anführst, haben sich im Sprachgebrauch deshalb festgesetzt, weil es Verhaltensweisen sind, die einer bestimmten moralischen Haltung oder Tugenden entgegengesetzt sind, zB Genügsamkeit, gegenseitigige Rücksichtnahme oder Verantwortung für das eigene Handeln bei den von Dir genannten Beispielen. Aber selbstverständlich lassen sich für solche Haltungen auch rationale Gründe finden und angeben, was viele Atheisten auch tun. Nichtsdestotrotz bleibt diese Haltung dann dennoch unmoralisch, weil sie eben nicht auf eine bestimmte Moral, bestimmte (unbedingte) Werte gegründet ist, sondern auf rationale Überlegungen. D.h., wenn sich die Bedingungen und Voraussetzungen für seine rationalen Argumente ändern, dann ändert sich auch diese Haltung.
 

beren

Well-Known Member
Unmoralisch bedeutet zunächst einmal "ohne Moral" (-> ohnmoral -> unmoral), in dem Sinne, dass der Atheist sein Verhalten vor allem rational und eben nicht moralisch begründet, auf eine bestimmte Moral basierend. Die Synonyme, die Du anführst, haben sich im Sprachgebrauch deshalb festgesetzt, weil es Verhaltensweisen sind, die einer bestimmten moralischen Haltung oder Tugenden entgegengesetzt sind, zB Genügsamkeit, gegenseitigige Rücksichtnahme oder Verantwortung für das eigene Handeln bei den von Dir genannten Beispielen. Aber selbstverständlich lassen sich für solche Haltungen auch rationale Gründe finden und angeben, was viele Atheisten auch tun. Nichtsdestotrotz bleibt diese Haltung dann dennoch unmoralisch, weil sie eben nicht auf eine bestimmte Moral, bestimmte (unbedingte) Werte gegründet ist, sondern auf rationale Überlegungen. D.h., wenn sich die Bedingungen und Voraussetzungen für seine rationalen Argumente ändern, dann ändert sich auch diese Haltung.


Ich verstehe jetzt wie du das meinst. :)

 

Vaterlich

Well-Known Member
Aber selbstverständlich lassen sich für solche Haltungen auch rationale Gründe finden und angeben, was viele Atheisten auch tun. Nichtsdestotrotz bleibt diese Haltung dann dennoch unmoralisch, weil sie eben nicht auf eine bestimmte Moral, bestimmte (unbedingte) Werte gegründet ist, sondern auf rationale Überlegungen.

Wie definierst du denn "Moral" und "Wert"?
 

Zerd

Well-Known Member
Wie definierst du denn "Moral" und "Wert"?

Dazu passt vielleicht am ehesten eine fiktive Anektote, die ich hier auch schon einmal irgendwo gepostet haben müsste:

Kant und Mill befinden sich auf einer Wanderschaft und treffen auf einen primitiven Stamm, in dem gerade 20 Stammesmitglieder aus irgendeinem Grund getötet werden sollen. Kant und Mill sind beide verstört über dieses barbarische Vorhaben und beschwören den Stammeshäuptling, doch von der Hinrichtung abzusehen. Der Stammeshäuptling gibt sich gastfreundlich und macht seinen Gästen folgendes Angebot: sie dürfen zwei aus den 20 aussuchen, die hingerichtet werden sollen, dafür wird den übrigen 18 das Leben geschenkt. Kant schüttelt sofort den Kopf: "das darf ich nicht tun, dann wäre ich ja verantwortlich für deren Tod und bringe ich einen um, bringe ich die ganze Menschheit um!" Mill hat überhaupt keine Bedenken, geht zu den 20 hin, sucht sich zwei der Ältesten und Kränklichsten aus und sagt "diese sollen es sein!".

Kant handelt moralisch. Mill handelt vernünftig.
 

Vaterlich

Well-Known Member
Kant handelt moralisch. Mill handelt vernünftig.

Was verhindert denn einen Atheist bzw. eine Atheistin, an der Stelle von Kant bei der Anektote zu sein? Ebenfalls an der Stelle von Mill auch? Im Zusammenhang von deinen vorherigen bzw. obigen Beitraegen: Wie oder woher bist du zum Schluss gekommen, dass Atheist*innen an der Stelle von Kant nicht sind oder nicht sein können und ihre Wahl mit der von Kant nicht dieselbe ist bzw. nicht gleich/selbe sein kann?
 

Zerd

Well-Known Member
Was verhindert denn einen Atheist bzw. eine Atheistin, an der Stelle von Kant bei der Anektote zu sein? Ebenfalls an der Stelle von Mill auch? Im Zusammenhang von deinen vorherigen bzw. obigen Beitraegen: Wie oder woher bist du zum Schluss gekommen, dass Atheist*innen an der Stelle von Kant nicht sind oder nicht sein können und ihre Wahl mit der von Kant nicht dieselbe ist bzw. nicht gleich/selbe sein kann?

Wie schon gesagt, ich möchte nicht verallgemeinern, denn ich weiß ja, dass auch der Atheist einen Glauben hat. Aber aus zahllosen Gesprächen, die ich mit überzeugten Atheisten geführt habe, erkenne ich die Tendenz bei ihm, sein Verhalten eher funktionalistisch, also bedingt, wie Mill zu begründen, als unbedingt und moralisch wie Kant. Wie denn auch: für unbedingte moralische Werte bräuchte es eine unbedingte Instanz. Die fehlt den Atheisten einfach: es gibt keinen Gott, sondern nur den handelnden und urteilenden Menschen. Wo soll da eine unbedingte Moral herkommen?

Aber wenn sie dennoch da ist, was ja auch sehr häufig vorkommt, dann gerät der Atheist eben in Widerspruch mit seinem Atheismus, indem er diese unbedingte Instanz zum einen verneint, zum anderen aber mit der unbedingten Moral durch die Hintertür wieder einführt...
 
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