Muss Oma im Hühnerstall für die rechte Empörung herhalten?

Bintje

Well-Known Member
Wenn Satire daneben geht, gerät in Deutschland offenbar mehr ins Rutschen als der Sinn für Humor.
Dabei war er doch zeitlich scheinbar so passend platziert, der "Umweltsau"-Song des WDR-Kinderchors:
Mitten ins mediale Weihnachtsloch trällerten einige Handvoll Mädchen zur sattsam bekannten Melodie "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" eine umgedichtete Version über Koteletts, Kreuzfahrten und sonstige Klimasünden (SUV). Das wirkte zwar ungefähr so originell wie eine Schar Fünfjähriger, die unentwegt "Pipi-Kaka" und "Fang mich doch, du Eierloch" skandieren und sich dabei biegen vor Lachen, erzeugte aber prompt - nicht zuletzt dank BILD - unglaubliche Schallwellen.

Selbst der nordrhein-westfälische Landesvater Armin Laschet (CDU) meinte, sich per Twitter einschalten zu müssen. Inzwischen ist das Liedchen längst aus dem Angebot des WDR getilgt. Intendant Tom Buhrow tat, was er als Intendant sofort tun zu müssen glaubte und bedauerte zutiefst. Öffentlich. Und so weiter.
Allein: es nützt nichts. Heute nachmittag zogen Rechtsextreme vor den WDR in Köln.
Mitarbeiter des Senders erhalten Morddrohungen. Der Intendant kündigte juristische Schritte an.

https://www.sueddeutsche.de/medien/...uM04os6_7TAzF3zl8h9eWuyfRH9hUfUi1nnyzrET4HX-k

https://www.spiegel.de/panorama/jus...-mitarbeitern-polizeischutz-an-a-1303199.html

Was ist da eigentlich los? Abgesehen von einer durchdrehenden Empörungsindustrie, die offenbar nichts mehr dulden will außer ihrer vorgegaukelten Rechtschaffenheit? Hätten so 'gewagte' Produktionen wie die seinerzeit als progressiv geltenden Kindersendungen Sesamstraße oder Rappelkiste heute noch eine Chance? Oder würden sie in einem organisierten Shitstorm untergehen?
Mich beschleicht bei solchen Skandalisierungen der ungute Eindruck, es geht um einen Kulturkampf, bei dem jeder noch so banale Anlass dafür herhalten soll, alles mundtot zu machen, was nach links riecht, grün oder unangenehm liberal und ein kulturrestauratives Weltbild der 1950er Jahre wieder zu beleben.
 

sommersonne

Well-Known Member
Ich fand den Song schon ziemlich daneben. Sind wirklich die Omas (Bürger) allein an der Klimakatastrophe schuld oder nicht doch die Wirtschaftsbosse und Politiker?
Die meiste Empörung kommt aber wohl von der ordinären Sprache. Ob das von den meisten Leuten als Satire verstanden wird, bezweifle ich.

Die total korrekten und der deutschen Sprache in jedem Fall mächtigen Rechten hatten eine Steilvorlage um die deutsche Sprache zu retten. Dabei braucht man nicht zimperlich sein.;)

Ich wünsche mir für 2020 das diese braune Flut im Erdboden versinkt und nicht wieder auftaucht.
 

EnRetard

Well-Known Member
Wenn Satire daneben geht, gerät in Deutschland offenbar mehr ins Rutschen als der Sinn für Humor.
Dabei war er doch zeitlich scheinbar so passend platziert, der "Umweltsau"-Song des WDR-Kinderchors:
Mitten ins mediale Weihnachtsloch trällerten einige Handvoll Mädchen zur sattsam bekannten Melodie "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" eine umgedichtete Version über Koteletts, Kreuzfahrten und sonstige Klimasünden (SUV). Das wirkte zwar ungefähr so originell wie eine Schar Fünfjähriger, die unentwegt "Pipi-Kaka" und "Fang mich doch, du Eierloch" skandieren und sich dabei biegen vor Lachen, erzeugte aber prompt - nicht zuletzt dank BILD - unglaubliche Schallwellen.

Selbst der nordrhein-westfälische Landesvater Armin Laschet (CDU) meinte, sich per Twitter einschalten zu müssen. Inzwischen ist das Liedchen längst aus dem Angebot des WDR getilgt. Intendant Tom Buhrow tat, was er als Intendant sofort tun zu müssen glaubte und bedauerte zutiefst. Öffentlich. Und so weiter.
Allein: es nützt nichts. Heute nachmittag zogen Rechtsextreme vor den WDR in Köln.
Mitarbeiter des Senders erhalten Morddrohungen. Der Intendant kündigte juristische Schritte an.

https://www.sueddeutsche.de/medien/...uM04os6_7TAzF3zl8h9eWuyfRH9hUfUi1nnyzrET4HX-k

https://www.spiegel.de/panorama/jus...-mitarbeitern-polizeischutz-an-a-1303199.html

Was ist da eigentlich los? Abgesehen von einer durchdrehenden Empörungsindustrie, die offenbar nichts mehr dulden will außer ihrer vorgegaukelten Rechtschaffenheit? Hätten so 'gewagte' Produktionen wie die seinerzeit als progressiv geltenden Kindersendungen Sesamstraße oder Rappelkiste heute noch eine Chance? Oder würden sie in einem organisierten Shitstorm untergehen?
Mich beschleicht bei solchen Skandalisierungen der ungute Eindruck, es geht um einen Kulturkampf, bei dem jeder noch so banale Anlass dafür herhalten soll, alles mundtot zu machen, was nach links riecht, grün oder unangenehm liberal und ein kulturrestauratives Weltbild der 1950er Jahre wieder zu beleben.

Es wäre ja nicht so schlimm, wenn es nur um den üblichen "German sense of humour" ginge, nämlich den nicht vorhandenen. Kennen wir schon, Satire, die nicht das bierzeltige Schenkelklatsch-Komikzentrum trifft, stößt auf Unverständnis. Schlimmer ist, dass sich im Hutbürgerland inzwischen eine allgemeine Totmachen-Stimmung breitgemacht hat, die dafür sorgt, dass wer am lautesten schreit, kriegt, was er will. Und am schlimmsten ist, dass der Obermotz der größten Öffi-Anstalt WDR, der auf dem Posten sitzt, den einst Leute wie Friedrich Notwottny und Fritz Pleitgen bekleidet haben, auf der Stelle vor den Schreihälsen in den Staub fällt, anstatt sich hinter seine Mitarbeiter zu stellen, so wie es sich mal gehörte.
 

Bintje

Well-Known Member
(...)Die meiste Empörung kommt aber wohl von der ordinären Sprache. Ob das von den meisten Leuten als Satire verstanden wird, bezweifle ich.

Die total korrekten und der deutschen Sprache in jedem Fall mächtigen Rechten hatten eine Steilvorlage um die deutsche Sprache zu retten. Dabei braucht man nicht zimperlich sein.;)

Ob man den Song verteidigen muss, weiß ich auch nicht; ich fand ihn vorwiegend albern.
Und zwischen "nicht zimperlich sein" und Morddrohungen klafft doch noch ein sehr breiter Graben.
Interessant allerdings, was inzwischen genügt, um einen "Volkszorn" zu entfachen. Vor 30 bis 50 Jahren hörte sich das alles teils viel deftiger an, nicht nur in der Politik ("Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!").

Ich denke, die maßlose Aufregung rührt daher, dass reaktionäre Kreise eine Empfindsamkeit vortäuschen, die sie nie besaßen, um ihre neue, politisch korrekte Agenda auf Mainstream zu trimmen. Da werden dann auch schnell mal alle Rentner*innen im Kollektiv vereinnahmt, die im Zweifel viel cooler und gelassener drauf sind als der angeblich für sie eintretende Mob. Den Schuh zieht sich vermutlich eh nur an, wer ihm passt. ;)

(...)Schlimmer ist, dass sich im Hutbürgerland inzwischen eine allgemeine Totmachen-Stimmung breitgemacht hat, die dafür sorgt, dass wer am lautesten schreit, kriegt, was er will. Und am schlimmsten ist, dass der Obermotz der größten Öffi-Anstalt WDR, der auf dem Posten sitzt, den einst Leute wie Friedrich Notwottny und Fritz Pleitgen bekleidet haben, auf der Stelle vor den Schreihälsen in den Staub fällt, anstatt sich hinter seine Mitarbeiter zu stellen, so wie es sich mal gehörte.

Exakt. Auf den Punkt.
 

Msane

Well-Known Member
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind nichts weiter als ein riesiger Selbstbedienungsladen, angeführt vom WDR, nirgendwo wird sich perverser in die eigene Tasche gewirtschaftet.
Der im Artikel genannte Intendant Tom Buhrow bezieht ein jährliches Salär von 399.000 Euro, doppelt soviel wie der Bundespräsident.
Da geht man dann auch mal vor Rechtsextremen auf die Knie, in der Hoffnung das schnell wieder Ruhe einkehrt, der lukrative Posten gesichert und die Kohlen vom Steuerzahler weiter fließen.


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EnRetard

Well-Known Member
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind nichts weiter als ein riesiger Selbstbedienungsladen, angeführt vom WDR, nirgendwo wird sich perverser in die eigene Tasche gewirtschaftet.
Der im Artikel genannte Intendant Tom Buhrow bezieht ein jährliches Salär von 399.000 Euro, doppelt soviel wie der Bundespräsident.
Da geht man dann auch mal vor Rechtsextremen auf die Knie, in der Hoffnung das schnell wieder Ruhe einkehrt, der lukrative Posten gesichert und die Kohlen vom Steuerzahler weiter fließen.


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Dein Urteil über Buhrow teile ich, das über die Öffentlich-Rechtlichen nur teilweise.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Indem Buhrow selber sich eingeschaltet hat, hat er das viel zu hoch gehängt. Aus dem Netz nehmen, meinetwegen, sich entschuldigen, wenn es denn sein muß, aber nicht gleich der Intendant.
 

ege35

Well-Known Member
Ob man den Song verteidigen muss, weiß ich auch nicht; ich fand ihn vorwiegend albern.
Und zwischen "nicht zimperlich sein" und Morddrohungen klafft doch noch ein sehr breiter Graben.
Interessant allerdings, was inzwischen genügt, um einen "Volkszorn" zu entfachen. Vor 30 bis 50 Jahren hörte sich das alles teils viel deftiger an, nicht nur in der Politik ("Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!").

Ich denke, die maßlose Aufregung rührt daher, dass reaktionäre Kreise eine Empfindsamkeit vortäuschen, die sie nie besaßen, um ihre neue, politisch korrekte Agenda auf Mainstream zu trimmen. Da werden dann auch schnell mal alle Rentner*innen im Kollektiv vereinnahmt, die im Zweifel viel cooler und gelassener drauf sind als der angeblich für sie eintretende Mob. Den Schuh zieht sich vermutlich eh nur an, wer ihm passt. ;)



Exakt. Auf den Punkt.

Also, den Schuh ziehe ich mir nicht an, obwohl ich Urgroßmutter bin.
Wobei ich bemerken möchte, dass die in vielen Kritiken geäußerte Behauuptung, dass die Omas dieser Kinder Deutschland aufgebaut hätten, nie und nimmer sein kann. Ich habe "damals" nichts aufgebaut, da war ich noch ein Kleinkind und ebenso unbedarft wie die Kinder, die ohne dessen Intention zu verstehen, dieses Lied rausgeschmettert haben.
Die Omas dieser Kinder sind bestenfalls im Alter meiner Tochter - und die ist wirklich umweltbewusst!
 

Alubehütet

Well-Known Member
Völlig logisch, dass da, wo der Diskurs eh schon vollends im Arsch ist, auf jeden Fall noch festgehalten werden muss, dass die Oma vielleicht keine #Umweltsau, dann aber wenigstens doch eine Nazisau war. Jede Nonsens-Diskussion braucht einen Schwachkopf, der das Niveau noch unterkellert. Ohne Hitler kommt ja eh keine moderne "Debatte" mehr aus.

Micky Beisenherz
 
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