Perpetuum Mobile: "Wunder" hält Türkei in Atem

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Perpetuum Mobile:
"Wunder" hält Türkei in Atem Von unserem Korrespondenten JAN KEETMAN (Die Presse) 11.12.2006 (PSEUDO)WISSENSCHAFT. Gleich mehrere türkische Erfinder wetteifern darum, ein Perpetuum mobile gebaut zu haben.
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Versuch des Unmöglichen. Auch die "magnetische Uhr" des Jesuiten und Universalgelehrten Athanasius Kircher (1602-80) war kein Perpetuum mobile, da sie sich der (damals nicht verstandenen) Magnetkraft bediente.


ISTANBUL. Eine "Erfindung" ganz besonderer Art bewegt die Medien in der Türkei - und hat sogar zu einem Dementi des Generalstabs geführt: Die Streitkräfte würden von besagter Maschine weder etwas wissen, noch sich dafür interessieren. Das Dementi der Armee scheint jedenfalls verständlich: Bei der Maschine handelt es sich nämlich um einen Apparat, der Energie produzieren soll, ohne Treibstoff zu verbrauchen - mithin also um ein Perpetuum mobile.

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[Dass die Generäle in die Sache verwickelt wurden, liegt an einem ehemaligen Kollegen: dem pensionierten General Cetin Ugural. Anders als viele seiner Mitstreiter verdient der sein Zubrot in der Pension nicht als Berater eines Fußballklubs, sondern als Berater der obskuren Firma "Erke A. S". Die hat das geheimnisvolle Ding zum Patent angemeldet. Und Ugural behauptet, das Militär sei über die Erfindung unterrichtet.
Eigentlich wäre ein Perpetuum mobile eine tolle Sache. Allerdings haben sich Physiker und Ingenieure zu Wort gemeldet, die sagen, das verstoße gegen die Gesetze der Physik - vor allem gegen die Hauptsätze der Thermodynamik, die in Summe festhalten, dass Energie nie aus dem Nichts entsteht. Diese Hauptsätze haben sich als unumstößlich erwiesen.
Das türkische Patentamt hält sich mit einem Kommentar zurück. Der Chef des Amtes, Yusuf Balci, teilte nur mit, dass ein Antrag auf ein Patent vorliege und man diesen prüfen müsse.
Unterdessen steht Erke mehr ins Haus als ein möglicher Streit mit dem Amt um ein Patent an einem Objekt, das es nicht geben kann. Bei der religiös orientierten Zeitung "Yeni Safak" ("Die neue Morgenröte") haben sich mehrere Leute gemeldet, die die Erfindung für sich reklamieren. Der Erfinder Hasim Yigit sagt, er benutze eine solche Maschine seit acht Jahren bei jedem Picknick. Ihm habe nur ein Sponsor gefehlt, um mehr daraus zu machen.
Der Elektriker Ferhat Özpinar aus Bursa behauptet sogar, schon ein Patent für so eine Maschine zu besitzen. Und genau so einen Apparat will auch der Bäcker Fahri Akan aus Denizli gebaut haben. Dafür habe er umgerechnet 100.000 Euro ausgegeben.
Mag sein, dass auch die Firma Erke vor allem Sponsoren sucht, die für ein "türkisches Wunder" Geld anlegen - so, wie diverse "islamische Holdings" auf wundersame Weise in Europa Geld für allerhand tolle Projekte gesammelt haben, etwa einst die Firma "Jet-Pa" für das Projekt "Imza", das erste rein türkische Auto. Das wurde freilich nie gebaut.
Der Kolumnist Bekir Coskun sieht die Sache heiter: Auch wenn sich mehrere ums Patent streiten würden, sei doch eines sicher: Das Gerät habe ein Türke erfunden. Das beweist er in drei Schritten: "Erstens, du sitzt und die Maschine arbeitet. Zweitens, von der Erfindung teilt einem kein Ingenieur, sondern ein General mit. Drittens, die Maschine gibt es nicht."



quelle: die presse.com vom 11. 12. 2006
 
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