pir sultan abdal gedichte

  • Ersteller des Themas selcuk1972
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selcuk1972

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Was sagst du dann?
Wenn ich ein Sprosser wär und käm
Und fing vor Gott zu singen an -
Wenn ich ein roter Apfel würd,
Dir, Zweig, entsprosst was sagst du dann?
Wenn du ein roter Apfel wärst,
Aus meinem Zweig zu wachsen kämst -
Wenn ich ein Silberhaken würd,
Dich niederholt - was sagst du dann?
Wenn du ein Silberhaken wärst
Und mich herabzuholen kämst -
Würd eine Handvoll Hirse ich,
Weit ausgestreut - was sagst du dann?
Wenn du ein‘ Handvoll Hirse wärst
Zu Boden dich zu streuen kämst
Wenn ich ein schönes Rebhuhn würd
Und pickt sie auf - was sagst du dann?
Wenn du ein schönes Rebhuhn wärst,
Sie einzeln aufzupicken kämst
Wenn ich ein junger Falke würd
Und raubte dich - was sagst du dann?
Wenn du ein junger Falke wärst,
Zu greifen und zu rauben kämst -
Wenn ich ein Wolkenbruch dann würd,
Der dich versehrt - was sagst du dann?
Wenn du ein Wolkenbruch dann wärst,
Die Flügel mir zu brechen kämst -
Wenn ich ein toller Nordwind würd
Und dich vertrieb - was sagst du dann?
Wenn du ein toller Nordwind wärst,
Wenn du mich zu zerstreuen kämst -
Wenn ich ein Kranker würd und läg
Auf deinem Weg - was sagst du dann?
Wenn du ein sehr schwer Kranker wärst,
Auf meinem Weg zu liegen kämst -
Wenn ich der Todsengel würd,
Das Herz dir nähm - was sagst du dann?
Wenn du der Todesengel wärst,
Das Leben mir, zu nehmen kämst:
Wär ich bestimmt fürs Paradies
Und trät dort ein - was sagst du dann?
Wenn du fürs Paradies bestimmt,
Und dorthin einzutreten kämst -
Wenn ich den Meister fänd und wir
Zusammengehn - was sagst du dann?

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Dein Leid
entflammt in mir

Schweig Nachtigall, im Garten herrscht Trauer
Weil du, mein Freund, hier bist und ich fern von dir.
Mein Docht verbrannt, mein Wachs ist weggeschmolzen.
Freund dein Leid entflammt in mir.
Ich als Fluss, der sich im Meer verloren hat.
Ich als Rose, vor der Zeit erblüht und verwelkt.
Ich als kalte Asche - das Feuer ist lange erloschen.
Freund dein Leid entflammt in mir.
Was sie mir angetan haben, du wirst es erfahren,
Durch die Vergegenwärtigung der Märtyrer verschließt du meine Wunden
Leidvolle vierzig Jahre der Einsamkeit
Bei Hirschen in der Einöde der Berge
Freund dein Leid entflammt in mir.
Einmal bin ich der ganze Pir Sultan Abdal
Und ein andermal nur noch sein Schatten
Hunger und Durst bedeuten mir nicht mehr.
Mein Leben wurde mir genommen, weil ich mein Volk über alles liebte
Freund dein Leid entflammt in mir.
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Ich ward
Dem, der ein anvertrautes Kleid getragen,
Glich ich, seit ich in diese Welt geboren.
Nun kam sein Herr und nahm mir‘s aus den Händen -
Ward wie ein Schaf, am dürren Ort verloren.
Der Freund kam, ging vorbei, kehrt mir den Rücken.
Grub Gräben ich - kein Wasser zu erblicken;
Bewacht manch Nest, doch schlüpften keine Küken.
Ward, leeres Nest bewachend, gleich dem Toren.
Vergänglich ist ja dieser Welten Ort,
Der Zeiten Lauf, wer treibt ihn fort und. fort?
Es ließ mich frösteln meines Freundes Wort -
Ich ward wie einer, hoch am Berg erfroren.


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Das Leid
Ihr schlafenden Heiligen, oben und unten
Eilt mir zu Hilfe, das Leid hält mich fest
An welche Orte, soll ich denn ziehen
Dort wo ich war, das Leid fand mich
Es saß mit mir, und verrichtete das Gebet
Log mich an, und lachte mir ins Gesicht
Wurde zum Säbel, und kam über mich
Zerriss mich in Teile, das Leid teilte mich
Wie ein frostiger Wind, der über uns kam
Wie ein Vogel, in den Pranken des Falken
Wie ein Alptraum, in der Morgendämmerung
Schreiend, nahm mich das Leid ein
Ich bin Pir Sultan Abdal, mein Herz ist verwundet
Ich kann es keinem sagen, mein Herz ist trauernd
Ich weiß nicht, ob verrückt oder meisternd
In so eine Leidenschaft, ließ mich das Leid

Pir Sultan Abdal
 
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