reflexionen

wiebke

New Member
was will ich überhaupt in meinem leben?
was ist mir wichtig?
wofür lohnt es sich, jeden tag aufs neue zu begehen?
warum fühlen sich so viele tage wie ein kampf an?
und ich weiß nciht, wofür?
was ist mein ziel? wo will ich hin?

noch nie musste ich wirklich kämpfen. anstrengen ja, mir mühe geben, mich temporär zusammenreißen, damit ich beispielsweise meine prüfungen schaffe oder ähnliches. aber über mein armseliges, alltägliches sein hinaus - wofür lebe ich? wofür engagier ich mich? wofür setze ich mich ein?

warum bin ich nicht wie viele und engagier mich für politik, umwelt, geschichte oder rechte von minderheiten? und sei es nur im geiste! warum bin ich kein fan einer bestimmten musik oder muss unbedingt alle bücher von einem lieblingsautor haben? warum habe ich kein hobby, für das ich alles stehen und liegen lasse? warum bin ich nicht wenigstens ein workaholic?

mir fehlt eine innere spannkraft, selbstdisziplin und willensstärke. warum ist das so? habe ich keine ziele, für die es sich zu kämpfen lohnen würde, oder wähle ich mir keine, aus angst vor verbindlichkeit und verantwortung?

ich meister mein leben, ohne frage. bin selbständig, zuverlässig, trage verantwortung in meinem job. mache sport, lese, bin unterwegs, habe freunde. doch irgendwie bin ich auch faul, träge, arbeitsscheu. lustlos bei allem, was ausdauernden einsatz erfordert. ich will nur den genuss. will z.B. ein marteriell sicheres leben ohne an steuern oder versicherungen denken zu müssen. ich will einen schönen balkon, ohne ihn bepflanzen zu müssen. ich will gut essen ohne kochen zu müssen. ich bin verwöhnt und wenig bereit, mich auch mal "für ein höheres ziel zu quälen". weil ich wohl eben ein solches ziel nicht habe. mir fehlen bestimmte verinnerlichte werte, die das leben an sich oder von anderen über das meine stellen. ich bin es nicht gewohnt, zurückzustecken. natürlich stecke ich oberflächlich betrachtet zurück, sozial adäquat, wohl an stellen, wo die kosten gering sind. ein unbewusst kalkuliertes zurückstecken, dass mich moralisch beruhigt und mir sagt, dass ich ja so egoistisch nicht sein kann. aber wahrhaft zurückstecken? mal etwas opfern? geduldig und demütig sein? nein, ich glaub, das fällt mir schwer.

warum bin ich so? ein verwöhntes nesthäkchen? lässt es sich ändern? gibt es etwas, wofür ich kämpfen könnte? was mir entspräche?

sinnlos erscheint alles. fad.

ich fühl mich isoliert. innerlich isoliert.

worum es sich bei mir dreht: ich zu sein.

was mich daran hindert: das gefühl: alleine macht es keinen sinn. alleine kann ich es nicht.

konsequenz I: ich weiß nicht, wer ich bin und was ich will.

konsequenz II: ich stürze mich in partnerschaften, assimiliere mich, verliere mich. definiere mich durch ihn, ziehe kraft aus seiner bestätigung, sehe mich durch seine augen, liebe ihn dafür, mich zu lieben. so verschwindet das gefühl von isolation und sinnlosigkeit. um wiederzukommen, wenn ich alleine bin.

zentral ist die frage an mich, was ich mit meinem leben erreichen will? kann man das planen? muss man planen? ist es wichtig, klare und benennbare ziele zu haben?

klar, werde ich mich in meinem job immer weiterentwickeln, immer fortbilden, immer herausgefordert sein. klar, werde ich noch an verschiedenen plätzen leben. und sicher werde ich reisen, neues kennenlernen, neue bekanntschaften treffen. immer wieder fasziniert sein von verschiedenen büchern.

ich glaube, was mir fehlt, ist das gefühl, genau das zu WOLLEN, was ich habe. vielmehr war es gefühlt bisher immer so, dass "es sich eben ergab". wobei das objektiv blödsinn ist. ich habe dafür gesorgt, dass es sich so ergab. aber was fehlte, war IM VORHINEIN mein klares aufstehen und sagen: DAS ist es, was ich will. der vorteil bei dieser art des vorgehens ist klar der, dass ich, wenns doch schiefgehen sollte, vor mir und allen anderen sagen kann, dass mir das eh nicht so wichtig war. der kreis schließt sich: es geht um verantwortung. selbstverantwortung. für mich und mein leben.

ich habe so viel und bin unglücklich.

ich bin undankbar.
ich weiß.

scheinbar hat es einen riesen vorteil für mich, mich weiter im selbstmitleid zu suhlen. ich fühl mich wie ein ungeborenes im geburtskanal: ich will nicht raus! will weiter umsorgt sein, warm und geshcützt. aber langsam wird die luft eng. der platz reicht nicht mehr.

ich muss entscheiden zu wollen.

nur dann kann ich leben und erfahren, wer ich bin. dann werde ich die energie spüren, die ich mir zur zeit versage. und dann finde ich vielleicht die geduld und ausdauer, die mir fehlt.
 
S

sdost

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AW: reflexionen

Oje, das ist eine Menge Weltschmerz und ausgerechnet im tausendsten Beitrag. Aus dem Hut würde ich sagen, es geht dir einfach zu gut. Was du beschreibst werden zahlreiche Menschen in ihrem eigenen Leben wiedererkennen.
 
M

mar

Guest
AW: reflexionen

wiebke wiebke, jetzt würde ich gerne bei einem tässchen heissen mit dir in der alten apotheke in leipzig sitzen und plaudern. .....da würden wir seiten um seiten ungeschrieben bücher füllen.
MAR
 
A

Anouk

Guest
AW: reflexionen

was mich daran hindert: das gefühl: alleine macht es keinen sinn. alleine kann ich es nicht. (...)

scheinbar hat es einen riesen vorteil für mich, mich weiter im selbstmitleid zu suhlen. ich fühl mich wie ein ungeborenes im geburtskanal: ich will nicht raus! will weiter umsorgt sein, warm und geshcützt. aber langsam wird die luft eng. der platz reicht nicht mehr.

ich muss entscheiden zu wollen.

nur dann kann ich leben und erfahren, wer ich bin. dann werde ich die energie spüren, die ich mir zur zeit versage. und dann finde ich vielleicht die geduld und ausdauer, die mir fehlt.


Liebe Wiebke,

Du kannst. Kannst alles, was Du willst: in Dich zurückkehren, in Dir selbst beheimatet sein, neue Pläne fassen. Manchmal fremdelt man nur mit sich selbst, solange ein Teil der eigenen Seele noch woanders verweilt, von etwas anderem besetzt ist: einem anderen Ort, einer anderen Zeit, einer verlorenen oder auch vergangenen Liebe. Es sind Phasen inneren Stillstands, in denen der Alltag ein gutes Gerüst bietet. Je mehr Gerüst, desto besser; das Leben unterdessen geht weiter. Und das Gefühl, gelebt zu werden, verliert sich mit der Zeit. Sobald die Ketten gesprengt sind.

Vielleicht ist das der Sinn: Geduldig dem Strom des Lebens zu folgen, nicht nach dem Sinn zu fragen und dankbar zu werden für das Leben an sich. Für alles, was es bereit hält: Gutes wie Schlechtes. Einfach weitermachen, äußerlich unberührt, aber innerlich verändert, im Wachstum begriffen. Wie eine Raupe, die von Tag zu Tag größer wird, um irgendwann den schützenden, beengenden Kokon abzustreifen und hinter sich zu lassen. Auch Du wirst wieder fliegen, ganz leicht und frei, ohne groß darüber nachzugrübeln, dass andere Schmetterlinge vermeintlich schönere, größere oder buntere Flügel haben: - auch Du wirst wieder fliegen und Dich in den Wind fallen lassen, ohne lange zu sinnieren, ob's nun nach Nord, Süd, Ost oder West geht. Ob die Richtung stimmt. Was morgen geschieht und danach.

Blockaden lösen sich, glaube ich, vor allem durch Bewegung, nicht im Kopf. Falls Du noch kein Paar Laufschuhe haben solltest: vielleicht wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, welche anzuschaffen und einfach loszulaufen. Auch wenn der innere Schweinehund knurrt.. ;)

Im Übrigen gibt es eine wunderbare Erkenntnis, die Buddha zugeschrieben wird: "Es gibt nur eine Zeit, in der es wesentlich ist aufzuwachen. Diese Zeit ist jetzt." Man kann die Erleuchtung, die erhoffte Initialzündung, nicht erzwingen, Wiebke. Aber man kann ihr, davon bin ich fest überzeugt, Schritt für Schritt auf die Sprünge helfen. Und dann lösen sich die Knoten von selbst..

Herzlichst,

Anouk
 

wiebke

New Member
AW: reflexionen

was mich manchmal aus der bahn wirft, ist eine tief verwurzelte unsicherheit. eine unsicherheit, die wohl die oberfläche einer existenziellen angst ist. meiner meinung nach ist diese angst tief verwurzelt im menschen. sie ist es, die uns antreibt, die uns motiviert, dinge über das einfache Sein hinaus zu tun. denn selbiges einfach so auszuhalten, einfach sein, bedeutet manchmal das gefühl tödlicher bedrohung. wohl nur meister und mönche fühlen sich nicht mehr bedroht. für mich bedeutet diese angst das große bedürfnis, mich zugehörig und angenommen zu fühlen, durch gemeinsamkeit die bestätigung zu erhalten, dass ich okay so bin wie ich bin. ich kann viel tun, um mich dazugehörig zu fühlen. mich in einem bestimmten stil kleiden, eine bestimmte musik hören, bestimmte lektüre bevorzugen, eine politische richtung vertreten, ich könnte mich zu meiner arbeit gehörig empfinden oder (sehr "schmerzstillend") mich über eine beziheung zugehörig und bestätigt fühlen. ja, das könnte ich. aber es passt nicht für mich. je mehr ich erlebe, je mehr ich erfahre und fühle, desto mehr gehen mir sätze wie " ich bin sound so" oder "meine persönlichkeit zeichnet sich dadurch aus, dass ich... bin" verloren. und mein gefühl sagt mir, dass das gut so ist. denn der raum wird größer. unsicherer dadurch, ja, aber lebendiger und freier. jedes wissen gibt mir das gefühl, noch weniger zu wissen. jedes erfahren bringt mehr offene fragen. und auch wenn ich nicht sagen kann: mein name ist wiebke und mein leben sieht so und so aus und da will ich hin, weiß ich doch in meinem inneren, dass alles so ist wie es sein soll. das es in ordnung ist. das ich in ordnung bin ;-)

lg wiebke
 
A

Anouk

Guest
AW: reflexionen

je mehr ich erlebe, je mehr ich erfahre und fühle, desto mehr gehen mir sätze wie " ich bin sound so" oder "meine persönlichkeit zeichnet sich dadurch aus, dass ich... bin" verloren. und mein gefühl sagt mir, dass das gut so ist. denn der raum wird größer. unsicherer dadurch, ja, aber lebendiger und freier. jedes wissen gibt mir das gefühl, noch weniger zu wissen. jedes erfahren bringt mehr offene fragen. und auch wenn ich nicht sagen kann: mein name ist wiebke und mein leben sieht so und so aus und da will ich hin, weiß ich doch in meinem inneren, dass alles so ist wie es sein soll. das es in ordnung ist. das ich in ordnung bin ;-)

lg wiebke

Klar bist Du in Ordnung. :) Und natürlich ist das alles gut so: eine hohe Ambiguitätstoleranz, hab ich mir mal sagen lassen, sei eine Tugend. Ob das wahr ist, kannst Du besser beurteilen als ich. Aber im übrigen finde ich es völlig normal, dass vermeintliche Gewissheiten mit zunehmendem Wissen und Erfahrungen zerbröseln oder sich anders und neu sortieren. Dass das Unsicherheiten und Zweifel nährt, die Erkenntnis, dass das Leben und auch man selbst widersprüchlich und nicht aus einem Guss ist, gehört halt dazu. "The more you know the less you understand", sagt das Tao Te Ching. Den Satz find ich so bemerkenswert, dass er seit Jahren an meinem Handarchiv klebt. ;)

lg
anouk
 

Dine

Well-Known Member
AW: reflexionen

Hallo Wiebke

Ich stelle mir momentan auch diese Fragen;

was will ich überhaupt in meinem leben?
was ist mir wichtig?
wofür lohnt es sich, jeden tag aufs neue zu begehen?
warum fühlen sich so viele tage wie ein kampf an?
und ich weiß nciht, wofür?
was ist mein ziel? wo will ich hin?

noch nie musste ich wirklich kämpfen. anstrengen ja, mir mühe geben, mich temporär zusammenreißen, damit ich beispielsweise meine prüfungen schaffe oder ähnliches. aber über mein armseliges, alltägliches sein hinaus - wofür lebe ich? wofür engagier ich mich? wofür setze ich mich ein?

warum bin ich nicht wie viele und engagier mich für politik, umwelt, geschichte oder rechte von minderheiten? und sei es nur im geiste! warum bin ich kein fan einer bestimmten musik oder muss unbedingt alle bücher von einem lieblingsautor haben? warum habe ich kein hobby, für das ich alles stehen und liegen lasse? warum bin ich nicht wenigstens ein workaholic?

mir fehlt eine innere spannkraft, selbstdisziplin und willensstärke. warum ist das so? habe ich keine ziele, für die es sich zu kämpfen lohnen würde, oder wähle ich mir keine, aus angst vor verbindlichkeit und verantwortung?

Es geht mir echt genauso. Ich bin einfach da, und lebe. Aber wofür, wohin und und und... Vielleicht ist das Leben ja auch "einfach so", uns es geht allen ein bisschen wie uns.

Und Hobby- und Lieblingsmusik suchen, das hab ich inzwischen echt aufgegeben.

LG
Dine
 
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