Schulgebet in nordrhein-westfalen

Asyali

Well-Known Member
Im Namen der Eltern

Von Bernd Dicks

Ein Elternpaar wollte nicht, dass sein Kind in der Schule beten muss - und schaltete die Behörden ein. Es folgten Verbote, eine Kampagne und das vermeintliche Machtwort einer Ministerin. Es geht um die Frage: Wann wird aus einem Gedicht ein Gebet?


Es sind gerade mal vier Zeilen, aufgesagt von gerade mal 25 Schülern, in einem Ort mit gerade mal 2400 Einwohnern, gelegen zwischen Mönchengladbach und Düsseldorf. Doch der Streit um das Schulgebet an der Gemeinschafts-Grundschule im Korschenbroicher Stadtteil Pesch versetzt das ganze Städtchen in Aufregung und beschäftigt die Politik bis hoch zur Schulministerin.


Es begann damit, dass bis zum Januar 2008 die Jungen und Mädchen in der zweiten Klasse zu Beginn des Unterrichts die Hände falteten und sprachen:


"Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist bei uns am Abend und am Morgen,
und ganz gewiss an jedem neuen Tag."

Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer, 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet, hatte diese Zeilen geschrieben. Die Schüler sprachen die Verse - und sie sagten danach ein Wort, das daraus mehr macht als das Aufsagen eines Gedichts. Dieses Wort erst mache den Vorgang zu einem Thema für Behörden, Presse und die Schulministerin.
Das Wort war "Amen".


Ein atheistisches Elternpaar beschwerte sich bei der zuständigen Schulaufsicht. Der Vorwurf lautete: Religionsausübung an der Schule außerhalb des Religionsunterrichts. Die zuständige Aufsichtsbeamtin gab den Eltern recht, sie verbot das Schulgebet.


Ein Verbot des Schulamts befeuert den Streit

Das Argument: "Das Bundesverfassungsgericht sagt ganz klar, dass nur dann gebetet werden kann, wenn diejenigen, die nicht mitbeten möchten, eine Möglichkeit haben, sich davon fernzuhalten, ohne diskriminiert zu werden", sagte Ulrike Hund vom Neusser Schulamt. Da dies aber in einer so kleinen Grundschule nach Auffassung der Beamten nicht möglich sei, habe es die klare Anweisung gegeben, das Gebet zu unterlassen.


Damit begann ein Streit, der eskalieren sollte.


Die anderen Eltern wollten das Verbot nicht hinnehmen, sie gründeten eine Elterninitiative. Ihr Sprecher Andreas Weerth sagt, dass man bereits unmittelbar nach dem Verbot das Schulamt schriftlich um eine Stellungnahme gebeten habe: "Wir wollten erreichen, dass dieser konfessionslose Text von Bonhoeffer weiter in der Klasse gesprochen werden darf, er muss ja nicht formal als Gebet gesprochen werden." Doch das Amt reagierte, nach Aussage von Andreas Weerth, nicht oder nur unzureichend auf die E-Mails der Eltern.


Kurz schien es, als ob die Sache im Sande verlaufen würde. Doch es wurde nur für einige Monate ruhig, bevor die Auseinandersetzung richtig an Fahrt gewann.


Im Herbst, als die traditionellen Vorbereitungen für ein Krippenspiel beginnen sollten, flammte der Konflikt erneut auf. Schulleiter Wolfgang Grüe teilte den Eltern mit, dass das Schulamt auch dies untersagt habe. "Ich bekam im Januar klare Anweisungen, dass keine christlichen Inhalte im regulären Unterricht stattfinden dürfen, explizit auch das Krippenspiel", sagte Grüe.



Schulamtsleiterin Hund bezeichnet dies allerdings als "Fehlinterpretation" seitens der Schulleitung und schiebt den Ausfall des Krippenspiels auf die zuständige Lehrerin, die es aus gesundheitlichen Gründen ohnehin nicht hätte vorbereiten können.


Die Eltern entwerfen einen Plan
Den Eltern reichte es. Mit einem Eltern- und Informationsabend Mitte Dezember wollte man die Angelegenheit klären und lud auch das Schulamt ein, das aber die Einladung ausschlug. "Wir waren uns einig, dass der Dialog zwischen uns und dem Amt gescheitert ist", sagte Elternsprecher Weerth, "wir haben deshalb zielgerichtet überlegt, wie wir den Fall an die Öffentlichkeit bringen können."


Spätestens jetzt wurde aus dem Streit eine Kampagne. Neun der 22 betroffenen Elternpaare verfassten und unterschrieben eine Erklärung. Darin heißt es: "Wir treten dafür ein, dass das Verbot von Dietrich Bonhoeffer und seinem (...) Liedtext an unserer Schule auch im allgemeinen Unterricht mit sofortiger Wirkung aus den genannten Gründen wieder aufgehoben wird." Die Eltern schreiben von "unserer christlich geprägten Kultur" und holen sich Hilfe bei einem Lokaljournalisten.



Gemeinsam schmieden sie einen Plan, entwickeln eine Strategie: Wie plazieren wir unsere Sicht der Dinge in den Medien? Sie bieten den Schriftverkehr mit dem Schulamt als exklusives Paket einer Regionalzeitung an.


Der Plan geht auf, die "Rheinische Post" berichtet ausführlich, Nachrichtenagenturen bringen Meldungen, der WDR sendet einen Beitrag, die "F.A.Z." nimmt sich des Themas an. "Wir sind ziemlich stolz darauf, dass wir die erwünschte, breite Diskussion dadurch erreicht haben", sagt Elternsprecher Weerth. Ihm sei nun daran gelegen, die Sache wieder auf sich beruhen zu lassen, da das NRW-Schulministerium das Gebet "wieder erlaubt habe".


Vier Zeilen beschäftigen die Landespolitik
Tatsächlich hatte die nordrhein-westfälische Schulministerin Barbara Sommer (CDU) etwas gesagt, das von Eltern und Lokalpresse als Machtwort gegen die Neusser Schulaufsichtsbehörde und dem Gebetsverbot interpretiert wurde: "Es ist nicht hinzunehmen, dass den restlichen Schülern des Klassenverbandes ein kurzes freiwilliges gemeinsames Gebet vorenthalten wird, wenn diese ein solches Gebet wollen." Und sie kündigte an, die Gemeinschaftsgrundschule in Pesch gemeinsam mit der Schulaufsicht zu beraten. Sie wolle Wege aufzeigen, "wie auch zukünftig ein Schulgebet gesprochen werden kann, dem der Schüler, dessen Eltern eine Teilnahme ihres Kindes ablehnen, ausweichen kann."


Sommer sagte aber auch, dass "kein Kind gegen seinen Willen oder dem seiner Eltern zum Schulgebet gezwungen werden darf". Schüler müssten dem Gebet "in zumutbarer Weise ausweichen" können. Ein Machtwort klingt anders.



Insofern hat sich an der Schule durch die öffentliche Diskussion kaum etwas geändert. In der Klasse wurde das Gebet seit dem Verbot vor einem Jahr durch eine Schweigeminute ersetzt, berichtet Schulleiter Grüe, durch ein kurzes Innehalten. Weder falten die Kinder ihre Hände noch sagen sie das Wort "Amen". Wie das Ministerium jetzt noch beratend tätig sein will, weiß er nicht: "Die derzeitige Lösung scheint aber für alle die beste zu sein."


Eine Mutter, die am vergangenen Freitag ihren Sohn zur Grundschule brachte, sagte: "Vielleicht hätte man die Kirche auch einfach mal im Dorf lassen sollen."
 

alterali

Well-Known Member
AW: Schulgebet in nordrhein-westfalen

Viel Brimbamborium um eine Sache, die jedem und auch jedem Lehrer klar sein muss. Religiöses nur mit Zustimmung der Eltern, später mit dem Schüler selbst. Weiß gar nicht was es da zu diskutieren gibt.
 
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