Türkischer Partner soll in den Krieg

Msane

Well-Known Member
Psychische Probleme angeben, unter anderem auch wegen der Verletzung.
Er darf da gerne auch dramatisieren, wacht nachts auf und will seine Waffe greifen um auf die Feinde zu schießen und so weiter...
Eine Armee braucht gut trainierte Soldaten an der Front, kein Offizier möchte Personen mit psychischen Problemen in seiner Einheit haben, die plötzlich anfangen rumzubrüllen und mit den Waffen rumfuchteln etc.


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eruvaer

Well-Known Member
Psychische Probleme angeben, unter anderem auch wegen der Verletzung.
Er darf da gerne auch dramatisieren, wacht nachts auf und will seine Waffe greifen um auf die Feinde zu schießen und so weiter...
Eine Armee braucht gut trainierte Soldaten an der Front, kein Offizier möchte Personen mit psychischen Problemen in seiner Einheit haben, die plötzlich anfangen rumzubrüllen und mit den Waffen rumfuchteln etc.


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Gute Idee!

Einfach mal PTBS bei Veteranen googlen da dürfte es genug Inspiration für dramaturgische Azsschmückungen geben..
 

Alubehütet

Well-Known Member
Zynischerweise sind seine Verletzungen zu geringfügig um als "Gazi" zu gelten. Er wurde durch einen Sprengsatz am Bein verletzt, aber die Verletzung beeinträchtigt ihn heute nicht mehr.
Wie gesagt, für einen Asylantrag in Deutschland müßte das aber reichen, wenn er dann auf psychisch wehrunfähig, traumatisiert plädieren kann. Ob er damit letztendlich durch kommt, keine Ahnung, aber durch mehrere Instanzen wird er gehen können, und somit längere Zeit einen vorläufigen Aufenthaltstitel haben.
 

Kariali

New Member
Ist ja nicht so, als ob er durch seinen ersten Einsatz nicht traumatisiert wäre. Als wir uns kennengelernt haben, hat er nie länger als eine Stunde am Stück schlafen können und ist immer wieder hochgeschreckt, weil er im Schlaf seine Freunde hat sterben sehen... Heute geht es ihm zum Glück gut, aber ich denke, einen weiteren Einsatz würde das Ganze wieder komplett hochbringen. Nicht, dass er durchdrehen würde, aber er würde sicher fahrig werden und nicht überleben. Das ist meine grosse Angst. Ich werde es ihm sagen, dass er PTBS anbringen soll. Wir wissen beide was (und wie) das ist.

Er meinte gestern, dass es wohl so eine Art Mobilmachung ist, da sie wohl auch über 30-Jährige einzuziehen versuchen. Also ist die Angst, dass sie ihn einziehen bei mir wieder gross. Hinzu kommt, dass er hin und her gerissen ist, was die Verweigerung (bzw. alles tun, damit er nicht hin muss) angeht. Er fühlt sich seinem Land ja schon irgendwie verpflichtet. Und er sagt, wenn er nicht hingeht, müsse statt dessen ein 18-Jähriger oder ein Familienvater gehen. Er meinte, wenn ich nicht wäre, dann wäre er wohl eh wieder beim Militär. Er ist was das betrifft wohl etwas fatalistisch (nach dem Motto "das ist alles, was ich kann"). Er hat nebst seine Familie nicht viel in der Türkei, wofür es sich lohnt einzusetzen. Die Armee als etwas "ehrenhaftes" scheint da wohl eine Alternative, wenn man sonst kaum eine glorreiche Zukunft hat.

Schlussendlich ist es ja seine Entscheidung. Ich würde sicher zu ihm halten, obwohl der Gedanke an ihn im Krieg für mich wirklich kaum zu ertragen ist.
 

Yaso2.0

Well-Known Member
bin ich gerade die einzige, der das ganze ziemlich merkwürdig erscheint?!

Zu 100% werden die nie nie nie jemanden einziehen, der schon beim Militär war und zusätzlich auch noch verletzt war/ist. Sorry, aber was sollen die mit deinem Freund?
Für die Schreibtischjobs gibts genug Studenten, die sie aufgrund ihrer höheren Bildungsgrade nicht an die Front schicken.

Mein Onkel ist Albay (Oberst) und ich bin mir sicher, dass er das bestätigen wird.

Sonst ruf ich ihn bei Gelegenheit mal an und frag explizit für deinen Freund mal nach...

Aber eine Heirat mit dir und ein Leben in DE wäre natürlich die Lösung all seiner Probleme!
 

Kariali

New Member
Ich finde es auch merkwürdig, aber ganz ehrlich, bei dem System wundert mich nichts mehr.

Mein Partner war heute bei der Militärstation. Er sagt auch, die "Regeln" würden sich praktisch jeden Tag und recht willkürlich ändern. Die Leute da würden einen auch nicht viel sagen. Tatsache ist, dass sie ihn einziehen wollen. Irgendwas zwischen "höflich bitten" und "dazu zwingen". Er wurde ja beim ersten Einsatz nur leicht verletzt, es beeinträchtigt ihn nicht. Durch die Diabetes ist er "nur" 30% beeinträchtigt. Man muss aber zu 40% behindert sein, um nicht eingezogen zu werden, offenbar. Jedenfalls musste er einen Fragebogen ausfüllen, wurde wohl recht angegangen von den beiden hochrangigen dort, weil er sich als Ex-Soldat nicht freiwillig meldet.

Er muss jetzt in einer Woche ins Krankenhaus für zwei Tage, um sein Diabetes zu testen, und sein Sehvermögen (was ihm hoffentlich nochmals 10% einbringen wird). Wenn sie dann sagen "He's unable to do his military service in peace", dann können sie ihn nicht einziehen. Denn offiziell ist die Türkei ja nicht im Krieg. Wenn sie sagen "but he's able to do it during conflict", dann sieht die Sache anders aus, weil die Türkei ja diverse Konflikte am Laufen hat. Und dann ist die Frage, ob sie ihn an einen Schreibtisch setzen, oder irgendwo stationieren.

Das ganze ist recht undurchsichtig, und ich habe nicht alles verstanden, was er mir erklärt hat. Jedenfalls wird er jetzt in einer Woche dort hingehen und das beste hoffen. Er meint, schlussendlich entscheiden das die Leute in Ankara. Und im Zweifelsfall schreibt er sich am Gymnasium ein um sein Abi fertig zu machen. Das wird uns genug Zeit geben, zu heiraten und das Sprachzertifikat zu erwerben.

Als er das erste Mal im Militär war, hat er auch nicht angegeben, dass er Diabetiker ist, weil er jung und arbeitslos war und tatsächlich da hin wollte. Das sieht jetzt etwas anders aus.
 

eruvaer

Well-Known Member
[...]Durch die Diabetes ist er "nur" 30% beeinträchtigt. Man muss aber zu 40% behindert sein, um nicht eingezogen zu werden, [...]

Er muss jetzt in einer Woche ins Krankenhaus für zwei Tage, um sein Diabetes zu testen, und sein Sehvermögen (was ihm hoffentlich nochmals 10% einbringen wird). [...]
Dann soll er beim Sehtest mal schön beide Augen fest zudrücken!! :eek:

Geht ja mal gaaar nicht, dass er da auch noch so unter Druck gesetzt wird! Danke übrigens, dass du uns auf dem Laufenden hälst.

Was ist mit der PTBS? Auch psychische Krankheiten sind Krankheiten. Die müsste ihm doch auch noch ein paar Prozent einbringen?
*edit: auch wenn er damit eigentlich keine Probleme mehr hat, kann diese Konfrontation mit einem anstehenden erneuten Einsatz diese sicherlich wieder aktivieren *hust* mindestens wenn man sich dafür empfänglich zeigt *räusper*
 

sommersonne

Well-Known Member
Scheint ja so als wäre es tatsächlich angebracht nicht zum Militär zu gehen. Ich drücke die Daumen das er es schafft.
Ich würde mich jetzt schon mal einschreiben, sonst ist es zu auffällig kurzfristig.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Was ist mit der PTBS? Auch psychische Krankheiten sind Krankheiten. Die müsste ihm doch auch noch ein paar Prozent einbringen?
*edit: auch wenn er damit eigentlich keine Probleme mehr hat, kann diese Konfrontation mit einem anstehenden erneuten Einsatz diese sicherlich wieder aktivieren *hust* mindestens wenn man sich dafür empfänglich zeigt *räusper*
Ist ja nicht so, als ob er durch seinen ersten Einsatz nicht traumatisiert wäre. Als wir uns kennengelernt haben, hat er nie länger als eine Stunde am Stück schlafen können und ist immer wieder hochgeschreckt, weil er im Schlaf seine Freunde hat sterben sehen... Heute geht es ihm zum Glück gut, aber ich denke, einen weiteren Einsatz würde das Ganze wieder komplett hochbringen.
Ich sage mal was Riskantes. Vielleicht ist das ja sogar das Beste. Einfach vom Militär einziehen lassen. Und wenn er erst einmal in Uniform ist, Waffen trägt, marschiert, dann schreckt er wieder stundenweise aus dem Schlaf hoch.

Damit das seine Stubenkameraden auch mitkriegen, kann er sich ja vornehmen, dabei jeweils laut zu schreien. Gucken, wie lange die sich das ansehen.

So eine Retraumatisierung hat bei allem Üblen auch den Vorteil, daß sie dann wieder frisch ist und ein Traumatherapeut da wieder direkt dran kann. Aber man würde ihn ehrenhaft entlassen können. Wenn er in Deutschland Asyl suchen müßte, würde er wegen Wehrflucht auf lange nicht mehr in die Türkei zurückkehren dürfen.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Der Deserteur

Monsieur le Président
Ob Sie sich wohl bequemen
Ob Sie die Zeit sich nehmen
Und lesen meinen Brief?
Mich hat's erwischt, ich hab
Die Musterungspapiere
Ich muss in’ Krieg marschieren
Schon Mittwoch geht es ab
Monsieur, ich geh nicht hin
Ich will nicht diese Merde
Ich leb nicht auf der Erde
Damit ich Mörder bin

Was alle Welt längst weiß
Sie soll'n es endlich wissen
Monsieur, sie sind beschissen
Die Kriege sind ein Scheiß
Von klein auf sah ich das
Sah Väter, die krepieren
Sah Söhne losmarschieren
Sah Kinder tränennaß
Der Mütter Schmerz und Wut
Sah andre fröhlich prassen
Hurrah! und Hoch-die-Tassen!
Ahoi! im Meer von Blut

Sah gute Kerls im Knast
Gebrochen und verbogen
Um Ihre Frau'n betrogen
Um all ihr bisschen Glück
Bevor die Hähne kräh'n
Verrammel ich die Türen
Ich will mein Leben spüren
Und mach mich auf den Weg
Und schnorr mir meinen Fraß
So komm ich durch ganz France
Bretagne bis Provence
Und all'n erzähl ich das:

Sagt nein, wenn sie euch ziehen!
Sagt nein zum Exerzieren
Sagt nein zum Kriegeführen
Sagt nein, und geht nicht hin!
Monsieur le President
Ihr seid für's Blutvergießen?
Allez! Lasst Eures fließen
Das wär 'ne gute Tat!
Und steckt den Bull'n Bescheid:
Ich geh erstmal alleine
Und Waffen trag ich keine -
Mich knallt man lässig ab


Boris Vian, dt. Übers.: Wolf Biermann​
 
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