Umstrittene Aktionskunst: ZPS stellt Asche von Shoah-Opfern aus

Bintje

Well-Known Member
Eine drastische Aktion des "Zentrums für Politische Schönheit" ruft zurzeit reichlich Kritik hervor:
Eine gestern als Mahnmal vor dem Berliner Reichstagsgebäude postierte "Widerstandssäule" soll angeblich Asche von Shoah-Opfern enthalten.
Nach eigenen Angaben hat das ZPS in den vergangenen zwei Jahren mithilfe historischer Quellen nach den Überresten von Opfern des Holocaust gesucht. Ihre Recherche habe sie nach Thüringen, Österreich, Polen und in die Ukraine geführt, heißt es vonseiten der Aktivisten. Im Umkreis ehemaliger Vernichtungslager seien Sedimente entnommen und im Labor auf menschliche Überreste getestet worden. In über 70 Prozent der Fälle sei das Ergebnis positiv gewesen.
Anschließend wurden diese Bodenproben an den Fundort zurückgeschickt. Mit einer Ausnahme: Einer der positiv getesteten Bohrkerne wird seit Montag zwischen Kanzlerinnenamt und Bundestag ausgestellt. Hinter der Glasscheibe der „Widerstandssäule“ blickt man auf Knochenreste, die aus der Erde ragen.

https://taz.de/Asche-von-Schoah-Opfern-vor-Bundestag/!5647084/

Das ZPS will die Aktion als Warnung auch an die Unionsparteien vor einer Zusammenarbeit mit der AfD verstanden wissen. Auf der Seite sucht-uns.de werben die Aktionskünstler momentan Spenden ein, damit die bis Sonnabend befristete Aktion laut ihren Angaben ein festes Betonfundament erhält.

Jüdische Verbände und Organisationen wie auch das Auschwitz-Komitee zeigen sich entsetzt.
Sie verwiesen u.a. auf den hohen Stellenwert der jüdischen Totenruhe und eine "Instrumentalisierung der Opfer". Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, bezeichnete die Aktion als "ungeheuerliche Verfehlung". Volker Beck (B90/Die Grünen) stellte Strafanzeige wegen Verdachts der Störung der Totenruhe (§168 StGB). Die Initiatorin des Berliner Holocaust-Mahnmals Lea Rosh sowie der Historiker und Holocaust-Forscher Götz Aly äußerten dagegen Zustimmung und Sympathie.
Auch der Berliner "Tagesspiegel" nennt die Aktion drastisch und notwendig.

https://www.tagesspiegel.de/kultur/...eit-ist-drastisch-und-notwendig/25290712.html

https://www.spiegel.de/kultur/gesel...nheit-kritik-an-mahnmal-aktion-a-1299418.html

Was haltet Ihr davon? Drastisch und notwendig?
Oder geht es den ZPS-Aktivisten vielleicht doch eher ums Aufsehen um jeden Preis?
 

Bintje

Well-Known Member
Unsensibel. Selbst wenn es sich nicht um echte Asche von Opfern handelt, ist es instinktlos. Daneben finde ich aber auch, dass Ex-MdB Volker Beck Strafanzeige wegen Störung der Totenruhe gestellt hat, zumal sich der Zentralrat der Juden weitaus differenzierter geäußert hat.

Haben wir vielleicht Unterschiedliches gelesen? Kann sein, aber Josef Schuster hat sich nach allem, was ich las, ähnlich geäußert wie Beck. Und der teilte mit, falls es sich tatsächlich um die Asche von in der Shoah Ermordeten handeln sollte, wäre das eine strafbare Verletzung der Totenruhe. So weit, so richtig. Dass Beck aus dieser Wertung heraus Anzeige erstattet, ist eigentlich nur konsequent. Damit überlässt er's der Staatsanwaltschaft zur Prüfung.
Vielleicht verwechselst Du die Aussage des Zentralrats der Juden mit der von der Gedenkstätte Yad Vashem? "Wir glauben, dass eine respektvolle künstlerische Darstellung des Themas legitim sein kann, so lange sie in keiner Weise das Andenken an den Holocaust beleidigt, herabsetzt oder entweiht", hieß es in einer Stellungnahme.

Ich finde die ganze Aktion so daneben, dass ich's mit Worten nicht ausdrücken kann.
Dadurch werden Menschen, die buchstäblich mit Haut und Haar für die perversen, sadistischen Verwertungsgelüste des NS-Staats herhalten mussten, noch einmal benutzt. Und der angeblich höhere politische Zweck soll es diesmal zur "Kunst" adeln, als Mahnmal.

Hat das ZPS in seiner bornierten Selbstgefälligkeit auch nur ein einziges Mal an die Gefühle von Überlebenden gedacht? An Angehörige und Nachkommen? Offenbar eher nicht, gar nicht.
 

EnRetard

Well-Known Member
Haben wir vielleicht Unterschiedliches gelesen? Kann sein, aber Josef Schuster hat sich nach allem, was ich las, ähnlich geäußert wie Beck.
Er hat die Aktion "problematisch" genannt, aber keine Strafanzeige gestellt. Gelesen habe ich das hier:

https://www.dw.com/de/kunstaktivisten-des-zentrums-für-politische-schönheit-errichten-gedenkstätte-für-holocaust-opfer/a-51506122
Auszug:
Der Zentralrat der Juden in Deutschland betonte, er begrüße zwar politische Proteste, die den Aufstieg der extremen Rechten bekämpften. Das neue Denkmal in Berlin gebe jedoch Anlass zu Bedenken.

"Aus jüdischer Sicht ist die jüngste Kampagne des Zentrums für Politische Schönheit problematisch, weil sie gegen das jüdische Religionsgesetz verstößt, gegen die Totenruhe", sagte Ratsvorsitzender Josef Schuster der DW in einer Stellungnahme.

Wenn die menschlichen Überreste in den Bodenproben tatsächlich von jüdischen Opfern des Holocaust stammten, dann müssten jüdische Religionsführer konsultiert werden, wie mit diesen Überresten am besten umzugehen ist. "Es wäre eine willkommene Geste, wenn bei der Demontage der 'Widerstandssäule' ein Rabbiner hinzugezogen würde, um zumindest einen respektvollen und korrekten Umgang mit der Asche nach Halacha zu gewährleisten", fügte Schuster hinzu.

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Von Strafanzeige keine Rede. Stattdessen eine sachliche Erläuterung zum jüdischen Umgang mit Verstorbenen.
Ich gehe davon aus, dass Beck mal wieder in die Medien wollte, und zwar nicht wegen Koksens. Dass er damit der AfD in die Hände spielt, ist ihm anscheinend egal.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Ich glaube denen kein Wort. Irrlichtern und Fakenwews-schleudern war noch immer integraler Bestandteile ihrer Aktionen. Mit Krematoriumsasche zu hantieren, das wissen sie selber, das ist viele Schuhnummern zu groß.

Worauf sie aufmerksam gemacht haben, und was noch niemandem aufgefallen war: Das sie es hätten machen können. Daß die Asche so da rum liegt. Oder in Beton verbaut ist. Oder in Flüssen versenkt.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Irrlichtern und Fakenwews-schleudern war noch immer integraler Bestandteile ihrer Aktionen.
Oh. Sagt Beck ja auch. Insofern alles richtig gemacht.

Ich verfolge ihn seit einiger Zeit am Rande bei Twitter (nicht unmittelbar ihn, aber er taucht in Diskussionen, die ich verfolge, immer wieder auf & wird mit Recht geschätzt) und halte ihn für integer. Er ist gut vernetzt und glaubwürdig engagiert insbesondere auch in deutsch-jüdischen Angelegenheiten.
 

sommersonne

Well-Known Member
Wenn das ernst gemeint gewesen wäre dann hätten sie sich vorher mal mit dem Zentralrat der Juden beraten. Schließlich geht es um diese.
 
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