Es scheint, es gäbe ein Wettstreit in Osteuropa: wer ist weniger korrupt... Und seit einigen Jahren liegt Ungarn unter Rumänien, als korruptes Land. Und das schmerzt die Ungarn und erfreut die Rumänen.
hm.
Was ist die Wahrheit? Beide Länder sind korrupt. Es ist wirklich komisch zu fragen, welches Land korrupter sei...
Einerseits, ist Ungarn nicht in Balkan. Rumänien liegt aber in einer seiner Hälften im Balkan.
Andererseits sind die Gegebenheiten ziemlich dieselben, insbesondere wo es schmerzt. Beim Arzt im Krankenhaus, vor der Operation. In beiden Staaten muss man schmieren, man muss(te) den Ärzten Hunderte Euro schmieren. Sonst bekam oder bekommt man keine Operation.
In Ungarn hat man versucht, diese Schmiergeldern zu legalisieren und zu besteuern.
In Rumänien hat man vor 10 Jahren Telefonnummern aufgelistet, wo man anrufen sollte, wenn die Ärzte Schmiergelder wollten. Nicht mit viel Erfolg. Die kranken Leute wollten besser eine gute Operation, als Korruption zu bekämpfen.
Die Kampagne fing mit den Krankenhäusern an, es folgte das Innenministerium. "Rufen, Sie bitte an, wenn ein Polizist im Verkehr, Ihnen Schmiergeld verlangt". Es folgte dann eine Antischmier-Telefonnummer für Bildungsministerium. Und dann auch eine Telefonnummer für die kleinen Geschäftsläden. In jedem Laden konnte und musste man groß lesen: "Falls Sie keine Quittung bekommen, dann rufen sie diese Nummer an".
Diese ganzen Maßnahmen dauerten seit dem EU-Beitritt. Es war Kampf gegen die kleine Korruption und die steckt in den Köpfen der Leute.
All diese Maßnahmen wurden dank des EU-Beitritts eingeführt. Als Voraussetzung für den Beitritt. Solche Voraussetzungen wurden nur in RO und BG eingeführt, nicht in den Staaten von 2004. Also nicht in Ungarn.
Zugleich wurde auch gegen die große Korruption gekämpft. Gegen die Politiker und gegen die Machthaber.
Es gibt ein Oberster Verteidigungsrat des Staates (CSAT)
https://en.wikipedia.org/wiki/Supreme_Council_of_National_Defence_(Romania)
2 Jahre vor dem EU-Beitritt (sicher, in Vorbereitung für den Beitritt) hat dieser Rat die Korruption als Gefahr für die Sicherheit des rum. Staates eingestuft. Es wurde befohlen, dass der interne Nachrichtendienst (Nachfolger von Securitate) befugt sei, der Staatsanwaltschaft Hilfe zu leisten, und zwar technisch, die Abhörungsmittel sicherzustellen. Auf Basis abgehörter Telefonate wurden große Fische der rum. Politik verhaftet und juristisch dann auch verurteilt. Eigentlich kamen viele großen Fische der rum. Politik ins Gefängnis.
In Dezember 2016 waren die Parlamentswahlen. Die PSD und die so-genannte liberale ALDE gewannen die Wahlen. Ihr öffentlicher Programm war sozial-liberal. Und haben tatsächlich die Löhne erhöht (sicher auf internat. Kredit, weil RO ohne Kredite sich so eine große Erhöhung der Löhne nicht leisten kann; die Produktivität ist viel niedriger...). Zugleich begann diese Regierung einen Kampf gegen die Antikorruptionsmaßnahmen seit dem EU Beitritt. Die Maßnahme des Obersten Verteidigungsrates des Staates, die Korruption als Gefahr für die Sicherheit Rumäniens anzusehen, wurde kritisiert. Es wurde von einem tiefen Staat geredet. Die Nachrichtendienste und die Staatsanwaltschaft hätten einen tiefen Staat bebaut, und so die Menschenrechte annulliert. Die Opfer dieses tiefen Staates seien unschuldige Menschen gewesen, die von der Justiz, von den Gerichten, geopfert wurden, so sagt man. Man müsste diese Opfer befreien. Und, um wenige Politiker aus dem Gefängnis zu befreien, wurden seit Okt. 2017 14.000 Leute befreit. Auch Vergewaltiger, auch Kriminelle. Vor 2 Wochen hat ein solcher frei-gemachter Mensch einen anderen getötet, genau in meiner Stadt, in Mediasch. Diese 14.000 sind noch in Rumänien, aber die Grenze gen Westen ist frei...
Die Politiker aus der rum. Regierungskoalition wollten aber mehr. Sie beschlossen im Parlament ein Gesetz, wonach die Maßnahme von 2005 des Obersten Verteidigungsrates bezüglich der Korruption als illegal angesehen werden musste, sodass alle Gerichtsurteile seit 2005 gegen die große Korruption als rechtswidrig angesehen werden mussten und so angetastet werden konnten. Heute hat das Verfassungsgericht aber dagegen gestimmt.
Es gibt heute in Rumänien einen Katze-Maus Krieg zwischen der Regierung und der Gesellschaft, zwischen der Regierung und den gerichtlichen Instanzen.
@sommersonne hat recht. Die EU kann unsere Regierung nicht wegschaffen. Wir sind davon bewusst. Es gibt aber Streit, Hass, gerichtliche Klagen. Alles wird in der Presse gesagt, propagiert. Das ganze Volk, welches zuhört, lernt gerichtliche Einzelheiten, wie und wer und warum das machen solle oder nicht.
Und zurück zu Ungarn. Das gibt es dort nicht. Die Presse ist gleichgeschaltet. Die Leute demonstrieren, nur wenn es um Arbeitsrechte geht. In Rumänien hat man 2011 die Löhne gekürzt. Mein Lohn wurde damals von 1200 Euro auf 300 Euro (ja, dreihundert) gekürzt. Es gab keine Demos. Aber gegen diese Kleptomane Regierung gibt es und wird es noch Demos geben. Denn es geht um Rechtstaatlichkeit und um Korruptionsbekämpfung.
Rumänien hatte, dank des EU Beitritts, 10 Jahre Korruptionsbekämpfung. Und man will diese Bekämpfung nicht los. Die Zivilgesellschaft, die es noch gibt und nicht ausgewandert hat, will diese Antikorruptionsbekämpfung unterstützen und verteidigen.
Ungarn hatte vor dem EU Beitritt, keine Voraussetzung für Korruptionsbekämpfung. Und man sieht es heute. Die Ungarn gehen auf die Straße nur gegen soziale Gesetze. Aber nicht gegen Korruption.