Wie Volksparteien sich selbst demontieren - mit und ohne Rezo

Mendelssohn

Well-Known Member
Es geht darum, dass der SPD unterstellt wird, dass sie ihr Klientel, die Arbeiter, verrate.
Fakt ist aber, dass der Industriearbeiter zu einer aussterbenden Spezies in Dienstleistergesellschaften gehört, die einerseits Techniker brauchen, um die maschinengesteuerte Produktion zu überwachen und die Verwaltung am Laufen zu halten, und andererseits den Niedriglohnsektor, der den Dreck wegmacht, die Techniker verköstigt und deren Kinder betreut. Da gibt es für die gute alte Tante SPD nicht mehr viel zu holen, allenfalls im Niedriglohnsektor, der, weil gewerkschaftlich nicht vertreten, sich selbst überlassen wurde.
Wenn die SPD dort unten ihre Aufgabe sehen würde, hätten wir keinen Gauland und keine Weyland in erster Reihe im Bundestag sitzen.
Wenn Gabriel dafür Reden schreibt, was ich nicht weiß, dann wären die Honorare gut investiert. Die SPD mag den Strukturwandel verpennt haben, begünstigt durch den Zulauf der Akademiker in den siebziger Jahren, die den Arbeiter in Führungspositionen ersetzten, aber wir sollten ihr keinen Arbeiterverrat unterstellen. Es waren die Kapitalisten, die die Industriearbeit so rationalisierten, dass ein Arbeiter im Jahr 2019 das Vierfache von dem Arbeiter im Jahr 1980 erwirtschaftet.
Vor einigen Jahren hatte ich dazu mal Zahlen gefunden (für eine Vorlesung). Das Volumen der Produktion erhöht sich im Verhältnis zum Abbau der Arbeitsplätze. Ebenso steigen die Börsenkurse, sobald ein Unternehmen Entlassungen ankündigt. Entlassene Facharbeiter werden dann häufig zu Schichtführern in Lagerhallen oder Facility Managern.
Das gleiche Bild in den neuen Bundesländern. Hier hätte die SPD eine Heimat geben müssen. hier war zunächst das Problem die Linkspartei, die die Absteiger sammelte, und dann zunehmend die ganz Rechten, weil die "vor-Ort-Linken" zunehmend in Rente gingen und die SPD als Light-Version nicht ernst genommen wurde. Hier kam nun die AfD mit ihrer klaren Sprache für die "deutschen" Verlierer ins Spiel. Sie machte die Versprechung, dass jeder Deutsche wenigstens das Doppelte von einem Zugewanderten verdient, Deutschsein ein ökonomisches Privileg bedeutet. Germans first sozusagen. Das zieht, wenn Arbeiter first mangels Arbeitern nicht mehr zu verkaufen ist.
Die SPD hat es nicht leicht. Vermutlich müsste sie sich als Bildungsverein neu erfinden, um in den Brennpunkten, ihrer kulturellen Heimat, wieder zu punkten.
 

sommersonne

Well-Known Member
Die SPD hat die Arbeiter verraten!
Es hat sich die Definition für Arbeiter verändert. Es gibt nicht mehr massenhaft den Arbeiter der sich in der Produktion die Hände schmutzig macht. Dafür gibt es die von dir genannten Schichtführer usw. und die Leute die für Mindestlohn (den es auch noch nicht lange gibt) arbeiten. Das sind nicht wenig und sie werden ebenso ausgebeutet wie die damaligen Arbeiter, nur eleganter.
Sie wären die neue Klientel der SPD gewesen. Die SPD hat aber das Gegenteil getan, sie hat diese Menschen nicht mal mehr als ihre Klientel angesehen und zum puren eigenen Machterhalt das Hartz IV aktiv auf den Weg gebracht, was eindeutig dieser Pseudo-Arbeiter-Schicht geschadet hat und nicht nur der.
Das ist in meinen Augen sehr wohl Verrat.
 

Ferdinand

New Member
Ich bin immer wieder erstaunt, dass du mit so wenig konkretem Wissen hier Beiträge verfasst, die den Anspruch erheben, absolut richtig zu sein. Du schreibst....


Es geht darum, dass der SPD unterstellt wird, dass sie ihr Klientel, die Arbeiter, verrate.
Fakt ist aber, dass der Industriearbeiter zu einer aussterbenden Spezies in Dienstleistergesellschaften gehört, die einerseits Techniker brauchen, um die maschinengesteuerte Produktion zu überwachen und die Verwaltung am Laufen zu halten, und andererseits den Niedriglohnsektor, der den Dreck wegmacht, die Techniker verköstigt und deren Kinder betreut. Da gibt es für die gute alte Tante SPD nicht mehr viel zu holen, allenfalls im Niedriglohnsektor, der, weil gewerkschaftlich nicht vertreten, sich selbst überlassen wurde.

….da spricht die geballte Arroganz einer Geschwätzwissenschaftlerin, die vom Steuerzahler finanziert es sich in einem staatlichen Beschäftigungsverhältnis gut gehen lässt. 5,6 Millionen Arbeitskräfte in der Industrie - hinzu kommen die ganzen Facharbeiter im Handwerk - sind in deinen Augen eine zu vernachlässigende, weil aussterbende Spezies. Gleichzeitig müssen Arbeitskräfte importiert werden um diese Gruppe immer weiter zu vergrößern, weil ja der berühmte Fachkräftemangel wütet. Es ist bezeichnend, wie locker du über Grundprobleme unseres Landes hinweg gehst.....

Da gibt es für die gute alte Tante SPD nicht mehr viel zu holen, allenfalls im Niedriglohnsektor, der, weil gewerkschaftlich nicht vertreten, sich selbst überlassen wurde.

...warum sind sie gewerkschaftlich nicht vertreten? Wer hat sie sich selbst überlassen? Sind sie einem Naturgesetz zum Opfer gefallen? Kollateralschäden, über die man achselzuckend hinwegsieht? Der Niedriglohnsektor ist ausgeufert, weil er die Folge der Agenda 2010 ist. Zur Erinnerung: Es waren die SPD und deine Grünen, die diese Agenda ausgeheckt haben. Die Grünen sind dabei die ehrlichere Partei, sie haben sich nie als soziale Partei geriert und ihre Ideologie immer über das Wohlergehen der Menschen gestellt. Schröder und seine Bundesgenossen von den Grünen haben bewusst Millionen Menschen in die Armut getrieben. Und das sollen diejenigen, denen das widerfahren ist, einfach so vergessen und die SPD weiterhin wählen?


Wenn die SPD dort unten ihre Aufgabe sehen würde, hätten wir keinen Gauland und keine Weyland in erster Reihe im Bundestag sitzen.
Wenn Gabriel dafür Reden schreibt, was ich nicht weiß, dann wären die Honorare gut investiert. Die SPD mag den Strukturwandel verpennt haben, begünstigt durch den Zulauf der Akademiker in den siebziger Jahren, die den Arbeiter in Führungspositionen ersetzten, aber wir sollten ihr keinen Arbeiterverrat unterstellen.

….natürlich nicht. Ist ja auch sehr viel bequemer sich selbst zu belügen. Dass die SPD zu keiner vernünftigen Analyse ihrer Lage fähig ist, liegt auch an Leuten wie dir. Inhaltsloses Geschwafel, herunterbeten von zu Phrasen gewordenen Parolen und eine bemerkenswert naive Politikergeneration, die mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde und erstaunlich hartherzig agiert, wenn es um das eigene Klientel geht.


Es waren die Kapitalisten, die die Industriearbeit so rationalisierten, dass ein Arbeiter im Jahr 2019 das Vierfache von dem Arbeiter im Jahr 1980 erwirtschaftet.
Vor einigen Jahren hatte ich dazu mal Zahlen gefunden (für eine Vorlesung). Das Volumen der Produktion erhöht sich im Verhältnis zum Abbau der Arbeitsplätze. Ebenso steigen die Börsenkurse, sobald ein Unternehmen Entlassungen ankündigt.

….kausale Zusammenhänge sind natürlich für dich nicht zu erkennen.


Entlassene Facharbeiter werden dann häufig zu Schichtführern in Lagerhallen oder Facility Managern.

was für ein Humbug!


Das gleiche Bild in den neuen Bundesländern. Hier hätte die SPD eine Heimat geben müssen. hier war zunächst das Problem die Linkspartei, die die Absteiger sammelte, und dann zunehmend die ganz Rechten, weil die "vor-Ort-Linken" zunehmend in Rente gingen und die SPD als Light-Version nicht ernst genommen wurde. Hier kam nun die AfD mit ihrer klaren Sprache für die "deutschen" Verlierer ins Spiel. Sie machte die Versprechung, dass jeder Deutsche wenigstens das Doppelte von einem Zugewanderten verdient, Deutschsein ein ökonomisches Privileg bedeutet. Germans first sozusagen. Das zieht, wenn Arbeiter first mangels Arbeitern nicht mehr zu verkaufen ist.
Die SPD hat es nicht leicht. Vermutlich müsste sie sich als Bildungsverein neu erfinden, um in den Brennpunkten, ihrer kulturellen Heimat, wieder zu punkten.

Ich habe selten so eine dümmliche "Analyse" gelesen. Selbst Olaf Scholz war in seinem Thesenpapier ehrlicher. Trotzdem vielen Dank für dein erhellendes Schreiben. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf jenen Personenkreis, die die bitteren Realitäten in diesem Land gar nicht kennen, in ihrer eigenen Wohlstandsblase leben und ohne mit der Wimper zu zucken, Millionen ins Elend abservieren. Der Erfolg der AfD ist die Antwort auf das Versagen einer sich als Elite gerierenden Gruppe, die erstaunlicherweise gehäuft bei den Linken vorkommt.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Arroganz einer Geschwätzwissenschaftlerin, die vom Steuerzahler finanziert es sich in einem staatlichen Beschäftigungsverhältnis gut gehen lässt
Laß sowas einfach bitte mal weg, wenn Du @Mendelssohn nicht kennst. Sie hat die meiste Zeit hochprekär gelebt, wie sie hier mal dargestellt hat. Die Verhältnisse an den Universitäten sind längst nicht mehr, wie Du sie dir denkst. Ich kenne hochbegabte Wissenschaftler, die irgendwann in den Sack gehauen haben und Lehrer geworden sind. (Was auch kein Job ist für faule Säcke.)
 

Alubehütet

Well-Known Member
Willst du hier gerade die AfD als soziale Partei gerieren?
Woraus entnimmst Du das? @Ferdinand argumentiert, wenn die Arbeiter sich nicht mehr von „ihrer“ Partei vertreten fühlen, dann würden sie anfällig für das Pfeiffen der Rattenfänger. Heißt noch lange nicht, daß diese wirklich die Arbeiterinteressen verträten.

Die AfD ist in dieser Frage zutiefst zerstritten in einem radikal-wirtschaftsliberalen Flügel und dem national-sozialen des Faschisten Höcke.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Ich habe selten so eine dümmliche "Analyse" gelesen.
Und ich habe selten eine so lange Replik auf eine "dümmliche 'Analyse'" gelesen.
Nur ein paar Anmerkungen: Wenn ich von "Technikern" spreche, spreche ich neben Angestellten im öffentlichen Dienst (Sozialtechniker) auch von Handwerkern, die selbst als Schornsteinfeger, Maler, Werkzeug- und Automacher sowieso am Computer ausgebildet werden und ohne komplizierte Mess- und Berechnungsgeräte ihre Arbeit nicht tun könnten. Die klassische Handwerkergilde, war noch nie besonders SPD-affin, auch nicht der Geselle, denn wes Brot ich ess, des Lied ich sing.
Der Arbeiterverrat der SPD ging mit der "2010 Agenda" ungefähr so: auf Grund der Blockadehaltung vieler börsennotierter Großunternehmen in Sachen Beschäftigung, Einstellung, Löhne kam es zu Schröders Amtszeit zu der höchsten Arbeitslosenquote der Bundesrepublik. Ich habe mehr als 5 Mill im Gedächtnis. Um nicht ganz die Kontrolle über den Arbeitsmarkt zu verlieren (denn es war ja nicht so, dass sich nun die Arbeit von alleine tat), versuchte Schröder zwei Sachen: erstens wenigstens den Niedriglohnsektor wieder aus dem Schwarzmarkt ans Licht zu führen und zweitens die (kommunalen) Sozialkassen zu entlasten (Hartz 4).
Dass es die Arbeiter waren, die die Zeche für die Verfehlungen des Großkapitals zahlten, ist nicht neu, sondern Teil der kapitalistischen Produktionsweise. Dazu hat Marx sehr ausführlich gearbeitet, weshalb seine ökonomischen Analysen bis heute Bestand haben (im Unterschied zum politischen Programm des Marxismus).
Aus meiner Sicht hat Schröder das meiste rausgeholt, was man rausholen kann, wenn man einen Deal mit dem Kapital eingehen muss, weil 5 Mill Leute auf der Straße stehen.
 

alterali

Well-Known Member
...................Um nicht ganz die Kontrolle über den Arbeitsmarkt zu verlieren (denn es war ja nicht so, dass sich nun die Arbeit von alleine tat), versuchte Schröder zwei Sachen: erstens wenigstens den Niedriglohnsektor wieder aus dem Schwarzmarkt ans Licht zu führen und zweitens die (kommunalen) Sozialkassen zu entlasten (Hartz 4).
Dass es die Arbeiter waren, die die Zeche für die Verfehlungen des Großkapitals zahlten, ist nicht neu, sondern Teil der kapitalistischen Produktionsweise. Dazu hat Marx sehr ausführlich gearbeitet, weshalb seine ökonomischen Analysen bis heute Bestand haben (im Unterschied zum politischen Programm des Marxismus).
Aus meiner Sicht hat Schröder das meiste rausgeholt, was man rausholen kann, wenn man einen Deal mit dem Kapital eingehen muss, weil 5 Mill Leute auf der Straße stehen.
Von Schröder zu Marx?
Da muss ich aufstoßen: Rülps!
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Nö, von Schröder zur in die Klammer des Kapitals genommenen SPD.
Wie das arbeitsmarkttechnisch funktioniert, hat Marx erklärt. Stichwort: Vergrößerung oder Verkleinerung der Reservearmee. Es war nicht Schröder, der Millionen von Arbeitnehmern auf die Straße setzte. Fürs Kapital war es zugleich die Riesenchance, die ungeliebten Sozis endlich loszuwerden. Dass mit der Demontage der Sozis dem Rechtspupulismus Tür und Tor geöffnet wurde, war vom Kapital entweder gewollt (die Rechten kann billig man kaufen) oder nicht einkalkuliert.
Wenn man einen Sündenbock benennen kann, hat man vielleicht eine einfache, aber keine richtige Erklärung für soziale Verwerfungen.
 
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