Zwischen den Zeilen - Tagebucheinträge

Sokrates

New Member
Die Leute, die euch das meiste Verständnis entgegenbringen, sind nicht zwangsläufig eure Freunde. Das sind die, die euch mögen, obwohl sie euch kennen. In deren Anwesentheit ihr am lautesten denken könnt...

Am Anfang, wenn man den anderen oberflächlich kennt, ist man mit allem einverstanden, man kennt seine Fehler nicht. Wenn man sich aber tiefer auf jemanden einlässt, stellt man nach einiger Zeit Fehler und schwierige Charakterzüge des anderen fest, mit denen man nicht kompatibel sein muss. Diese Erkenntnis kann schmerzhaft sein - nur beginnen einige Forderungen nach charakterlichen Veränderungen zu stellen. Wenn man seine Forderungen mit Nachsicht kleinhalten kann und den anderen ertragen kann, seinem charakterlichen Spannungsfeld etwas abgewinnen kann, ist man ein unerschütterlicher Freund.

1.10.2009, Sokrates
 

Sokrates

New Member
AW: Zwischen den Zeilen - Tagebucheinträge

Die Probleme, die wir mit Gott und der Welt haben, mit Menschen um uns, sind eigentlich Probleme, die wir in uns haben - was uns zu denken geben sollte!

3.10.2009, Sokrates
 

Sokrates

New Member
AW: Zwischen den Zeilen - Tagebucheinträge

25.9.2009

Die Häupter unserer Liebsten...


..küssen wir am liebsten
und tragen ihren Skalp
stolz an unserem Gürtel.

Die Asche ihrer Seelen,
tragen wir in vergoldeten Schatullen
in den Schatzkammern unserer Herzen.

Als eingetrocknetes Blatt
zwischen den Seiten des Lebens.
Als Lesezeichen
zwischen den Seiten eines Nachrufs.

Mit erhabenem Lächeln
Lesen wir dann aus ihnen
Und malen unsere Seelenlandschaften mit Farben,
die wir eben diesen liebsten Häuptern
mit dem Nagel ausgekratzt haben.


Sokrates
 

Sokrates

New Member
AW: Zwischen den Zeilen - Tagebucheinträge

Zu Besuch auf dieser Welt, sollte man das Gastrecht nicht mißbrauchen!

Sokrates
 

Sokrates

New Member
AW: Zwischen den Zeilen - Tagebucheinträge

12.7.2009

Die Mitgift des Schicksals

Manche haben nicht Angst vor dem Sterben,
sondern davor nicht zu leben oder nicht gelebt zu haben.

Ein Leben lang leben sie vor sich hin,
und erst wenn das Ende sich abzeichnet, beginnen sie zu leben.

Im Gedächtnis Gottes gerinnt das Schicksal zu Gedanken,
die uns ein Leben lang beschäftigen.

Unsere Träume sind die Erinnerung an die Zukunft, die Vorboten unserer Ziele.

"Vielleicht ist der Tod das Beste, was uns passieren kann." meinte Sokrates,
und Mevlana hält ihn für „die Vermählung mit der Ewigkeit.“
Dann wäre das Leben die Mitgift des Todes.


Sokrates
 

Sokrates

New Member
AW: Zwischen den Zeilen - Tagebucheinträge

31.12.2008

Unvereinbare Gedanken

Erwachsenwerden ist wie Schwangerwerden. Irgendwann bemerkt man es an sich, und fragt sich, wie oder wann es geschehen ist…

Es war ein anstrengendes, aufregendes Jahr.
Menschen kamen und gingen.
Einige zeigten ihr wahres Gesicht, andere nicht.

Das Leben ist ein Karneval, an seinem Lebensabend sieht man wer welche Maske trug.
Den Glauben an die Lügen, die ich liebte, habe ich verloren…

Immer wieder erstaunlich, wie Menschen, die sich eben noch für unverzichtbar erklärten, im nächsten Moment auf einander pfeifen.

Die Liebe, sie kommt mit einem Lächeln und verabschiedet sich ohne mit der Wimper zu zucken. Erstaunlich wie „zivilisiert“ Menschen auseinander gehen können, die Tür jemandem vor der Nase zuschlagen, Beziehungen einseitig aufkündigen. Anstatt diese Art der Verträge im Gegenseitigen Einvernehmen aufzunehmen, wie sie einer einstigen Liebe gebührt. Wie Menschen derjenige sein wollen, der den Skalp des anderen am Gürtel trägt. Es ist selbstverständlich, dass Menschen zusammenfinden und sich trennen, nur zeigt ihre Klasse wie sie sich verabschieden.

Wir Menschen sind merkwürdige Kreaturen: Wir lieben die anderen, solange sie unseren Bedürfnissen gerecht werden. Wir betreiben Raubbau an den Seelen der anderen und
reden dann von unserer Liebe, vom Fehlverhalten der anderen und unserem Opfer.

Wir Menschen sind nicht die logischen Wesen, die wir glauben und vorgegeben zu sein. Die Logik lassen wir in unserem eigenen Bezugssystem gelten, solange sie dazu dient Fehler anderer aufzudecken, und sie als Casus Belli zu fixieren.

Sokrates
 

Sokrates

New Member
AW: Zwischen den Zeilen - Tagebucheinträge

7.12.2008

Die Welt auf den Schultern

Sie hatten einen kleinen Jungen gezeigt, einen Jungen von 8 Jahren, ohne Beine. Sie waren aus irgendeinem Grund amputiert worden. Aber dennoch hatte er Augen wie Scheinwerfer, sein Lebenswille war ungebrochen. Er wolle studieren, sagte er, und deswegen legte er täglich auf dem Schulweg eine Strecke zurück, für die andere ein Auto benutzen würden. So wie ein Gorilla sich beim Gehen auf seinen Handrücken stützt, um das Gleichgewicht zu wahren, legte er täglich mehrere Kilometer über kalte und steinige Straßen zurück, über staubige und unebene Wege, die keine Wege mehr waren. Mit dem Rest seiner Oberschenkel stützte er sich ab, Schritt für Schritt krebste er sich voran...

Das alles schien für ihn eine Selbstverständlichkeit darzustellen, das alles war kein Hindernisse, um seinem Traum näher zu kommen: Er wolle Arzt werden, wenn er groß sei, sagte er dem Kamerateam, das auf sein Schicksal aufmerksam gemacht hatte. Andere Möglichkeiten habe er nicht, auch nicht für eine Prothese.

Direkt nach der Ausstrahlung meldeten sich Ärzte und Krankenhausbeauftragte und sicherten ihm ihre Unterstützung zu.

Ja, unsere Arbeit unser Leben ist hart! Aber was ist unser Druck im Vergleich zu seinem? Was sind unsere Probleme angesichts der Schwielen an seinen kleinen, liebenswerten Händen?

Ist Druck nicht eher das, was auf den Schultern von Bergwerkarbeitern, hunderte Meter unter der Erde, lastet, die Luft einatmen schwerer wie Blei, mit Schmutz und Erde unter ihren abgebrochenen Fingernägeln?

Wenn man die Zeit hat sich nach dem Sinn des Lebens zu fragen, ist das nicht ein Zeichen, dass es so schlecht um einen nicht bestellt sein kann?

Ein Leben lang fragen sich die Menschen nach dem Sinn des Lebens. Und erst, wenn man ihnen sagt, dass sie sterben werden, vergessen sie die Frage, warum sie leben...

Sokrates
 

Sokrates

New Member
AW: Zwischen den Zeilen - Tagebucheinträge

29.11.2008

Aus dem Schoße der Stille

"Wenn du dein Schweigen unterbrichst, sollte das, was du zu sagenn hast, besser sein als es dein Schweigen gewesen wäre!" besagt ein chinesisches Sprichwort.


Manche Menschen verpassen den Augenblick zu schweigen.

In vielen Menschen erzeugt Stille Angst, denn schließlich könnten sie auf den „falschen“ Gedanken kommen, mit ihrem Gewissen konfrontiert sein. Nichts ist zermürbender als die stille Folter der Ungewissheit.

Es ist erst das Schweigen, gegen das sich der anbrechende Gedanke abzeichnet. Wer nicht schweigt, kann nicht zur Reflexion innehalten. Erst aus dem Schoße der Stille geht diese beseelte Welt hervor.

Schweigen kann ein Vorwurf sein, Anschweigen ein Ausdruck der Unzufriedenheit.

Ein Versuch, sich der Welt zu entziehen. Ein Protest, ein Liebesentzug.

Wer zu lange schweigt, ist vielleicht traurig, melancholisch – und passt nicht in die Spaßgesellschaft. Der Schweigsame ist ein Unsicherheitsfaktor für seine Umwelt, verbal unangenehm anzugehen.

In Ehen werden die Phasen des Schweigens immer länger, sie sind Dächer, die sichere Übereinstimmungen überdecken: Man weiß wo der Hammer liegt und überdacht es mit einem Schweigen. Man tickt synchron, und teilt sich eine gemeinsame Decke des Schweigens.

Angststörungen sind die Geißel unserer Zeit. Autismus ist schließlich eine psychische Erkrankung mit totaler Abkapselung und Kommunikationsverweigerung.

Man muss die Stille aushalten können. Die Stille gebärt den Gedanken, sie belagert einen. Man muss die Mauern überwinden. Die Mauern der Stille überwinden, um den Gedanken zu erobern.

Das Denken des Vollendeten ist Stille.

Sokrates
 
Top