Arbeit - Positives/Negatives Feedback

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jordan

Guest
Hallo Ihr Lieben,

ich war gerade auf einem Leadership-Seminar, auf dem die Frage diskutiert wurde, "mit Feedback führen".

Es gab sehr unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema:

Während in Schwaben gilt: "Nix gsagt, isch au scho globt" - "Nichts gesagt, ist auch schon ein Lob", bis zum Gegenteil, dass manche Führungskräfte es schon genug fanden, einmal im Jahr, im Mitarbeitergespräch ein Feedback zu geben.

Nach dem Workshop beschäftigt mich nun diese Frage, ist die Tatsache, das positives Feedback wegfällt, gleichzusetzen mit negativem Feedback?

Würde meine Aussage, einer Mitarbeiterin gegenüber, die nach einigen Erfolgen in der kurzen Mitarbeit, nach Feedback fragt, negatives Feedback bedeuten, weil ich ihr sage "lassen Sie uns sehen, wie es sich langfristig entwickelt?"

Wie seht Ihr das? Vor allem auf die letzte Frage bezogen. Würdet Ihr das als Aufmunterung oder als Kritik oder einfach als eine Aussage empfinden?

Ist nicht meine Aufgabenstellung, aber ich kam selbst zu keinem klaren Blick darauf und bin unentschieden. Daher würde mich Eure Meinung interessieren.

Vielen Dank.

Lg, J.
 

Sabine

Well-Known Member
Ich glaube, ich hätte deine Aussage eher negativ aufgefasst...

Meine Chefs haben von mitarbeiterführung übrigens noch nie was gehört. Bin jetzt 24 Jahre bei dem Verein, außer meckern und motzen ist da nicht viel :0)
Wurde allerdings bei der Einstellung damals gleich auf den angeblich üblichen rauhen ton in der baubranche hingewiesen und war gewappnet auf das was kommt. Man ärgert sich, aber dann wars das auch wieder und es geht weiter...
 
J

jordan

Guest
Lieben Dank, Sabine, für deine Rückmeldung.

Zur Klarstellung, ich habe das zu niemandem gesagt, aber hatte Probleme, dies auf andere anzuwenden. Die Workshop-Teilnehmer fanden nicht, dass ein weglassen positiven Feedbacks, gleich negatives bedeutet.

Ich sehe das ein bisschen anders, da mir ähnliches auch wiederfahren ist, nur könnte ich nicht genau ausdrücken, wo der negative Faktor ist. Vielleicht ist genau dies, so tricky, man leitet auf die Zukunft, und bekommt nichts zur persönlichen Situation jetzt gesagt.
 
J

jordan

Guest
Vielen Dank, so habe ich das auch verteidigt und gefühlt.

Ich in kein Soldat und die anderen auch nicht. Zumindest seh ich, dass ich mich richtig eingesetzt habe. Den Rest verstehe ich auch nicht wirklich. Hat noch niemandem geschadet gelobt zu werden.
 
L

L-u-p-o

Guest
Wenn Dich meine Meinung interessiert...

Ich war etwa die erste Hälfte meines Arbeitslebens Angestellter, danach selbst. Kenne also beide Seiten recht gut und für mich gilt: Kein Feedback ist Sch...

Einem Mitarbeiter mal auf die Schulter klopfen, oder einfach mal 1-2 Stunden eher freigeben ist pures Gold wert.

Wer keine Zeit hat (Zeit dazu gibt es immer), mit seinen Kollegen oder Arbeitern zu reden, kann in Stresssituationen nichts erwarten. Bei 10 Gesprächen kann auch mal Kritik dazwischen sein, das gibt keine Probleme. Wenn man aber nur redet wenn was schief läuft, hat man es als Chef sehr schwer, wenn man loyale Leute will.

Loyalität muss man sich verdienen, denke ich. Im Job gibt's oft genug Stress mit Terminen und Kunden, da sollten Mitarbeiterprobleme besser nicht dazukommen.
 

Almancali

Well-Known Member
Es gab sehr unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema.

Zum Thema "Feedback" kann ich folgendes schreiben. Es handelt sich hierbei um eines von vielen Instrumenten, was von einem Vorgesetzten angewendet werden kann. Es kommt dabei auch immer auf die jeweilige Situation an, in der sich das Unternehmen befindet, die Absichten die man damit verfolgt, den Mitarbeiter den es betrifft, die operativen als auch strategischen Ziele im Allgemeinen und und und.

Dabei weicht die schulische Sichtweise sehr oft mit der Praxis ab und hängt auch sehr viel von der orangisatorischen Struktur ab und dem Fisch-Kopf ganz weit oben. Ich gebe jetzt einige Beispiele, wie sie mir selbst im täglichen Leben begegneten:

Positives Feedback:
  • Man dutzt sich innerhalb der Kollegen und Führungsebene. Damit wird ein familäres Umfeld suggeriert und der Mitarbeiter zu Höchstleistungen motiviert.
  • Schulterklopfen oder auch mal sagen dass du es gut gemacht hast, motiviert den Mitarbeiter wie auch im Punkt zuvor schon geschrieben.
Der Mitarbeiter gibt sein möglichstes, klotzt unter Umständen auch Überstunden (für lau). Ist beschäftigt, hat keine Karriereambitionen und bleibt die billige Arbeitsdrohne. Allerdings risikiert der Arbeitgeber, dass zu viel Zucker in den Hintern blasen, den Mitarbeiter zu Abwanderungsideen führen könnte. Kann sein, dass der Mitarbeiter eines Tages merkt, dass er doch der King ist, weil er permanent gelobt wurde und sich somit in der nächsten Gehalts- oder Beförderungsrunde sieht. Der Arbeitgeber riskiert u.U. dass der Arbeitnehmer abwandert.

Negatives Feedback:

Der Mitarbeiter wird permanent kritisiert. Seine Arbeitsleistungen werden vom Vorgesetzten mit anderen Arbeitnehmern verglichen und offen im Mitarbeitergesprächen so an den jeweiligen Mitarbeiter kommuniziert. "Klaus, deine Kollegen arbeiten wesentlich besser als du, liefern bessere Ergebnisse". In Wirklichkeit ist die Arbeitsleistung gleich oder ähnlich dem der anderen Kollegen. Damit wird dem Mitarbeiter gewisse Dämpfer mitgegeben, damit dieser in der nächsten Gehalts- als auch Beförderungsrunde jegliche Grundlage einer Kommunikation weggenommen wird. Klar, wer angeblich nicht gut Leistet, dem kann man auch keine Kohle hinterherschieben bzw. wozu befördern (was auch Kohle bedeutet). Der Mitarbeiter wird gedämpft und hat schwer mit dieser Situation zu kämpfen. Der Arbeitgeber steuert dieses Verhalten bewusst in Zeiten, wo die Auftragslage schlecht ist und die Mitarbeiter auf der Bench (Bank) herumsitzen und nix zu tun haben. Der Mitarbeiter denkt sich u.U. er müsse mehr leisten und reisst sich u.U. den Hintern noch viel mehr auf, als eigentlich notwendig ist.

Weiterhin steuert man Mitarbeiter auch, indem man 2 Mitarbeiter an die gleiche Sache ansetzt (z.B. Zwei Programmierer ans gleiche Problem setzen). Damit zieht der Arbeitgeber den Mitarbeiter wieder aus diesem "Dämpfer" heraus, betreibt gleichzeitig Wissenstransfer (auf den anderen Mitarbeiter) und motiviert den Mitarbeiter gleichzeitig, da er ja besser sein will und muss, als sein Kollege. Ist ein ganz mieses Spiel: Es kann sein, dass die negative Kommunikation bewusst genutzt wird, um den Mitarbeiter kurzfristig "rauszumobben". Vorher darf er nochmals leisten und all sein Know-how auf andere Mitarbeiter zu übertragen oder gar ins firmeneigene Wiki reinzuschreiben.

Daher sieht man immer wieder, dass bei den Quartalsergebnissen immer alles im Unternehmen "Mist" ist und man die Ziele komischerweise die letzten 100000 Jahre nie erreicht habe... und kurz vor den Gallup-Gesprächen oder wenn wieder einer Gekündigt hat, ist man wieder gut mit dir -> Damit du ja nicht mitgehst.

Allgemeiner Hinweis:

Ich rate den Mitarbeitern und Neuen Mitarbeitern immer, verschwiegenheit an den Tag zu legen. Keine persönliche Auskunft geben, nur über normale und belanglose Dinge reden.

Beispiel:

Jemand kauft sich ein neues Auto und prahlt damit im Büro. Das bekommt natürlich jeder mit. Auch der Vorgesetzte. Das Signal hierbei ist wie folgt. "Oh, der muss die Karre ja bestimmt mit Raten bezahlen. Der bleibt und wird sicherlich nicht Kündigen oder weggehen. Also brauchen wir dem auch keine Gehaltserhöhung geben." Nach dem Motto "Friss oder Stirb" wird damit spekuliert, dass der Arbeitnehmer nun mit dem Gehalt so verbleiben wird, er muss ja seine Raten zurückzahlen. Wo soll er denn auch noch hin ? (Im Hintergedanken einer schwachen Region oder Wirtschaftsstruktur).

Gleicher Gedanke bei Haus- oder Wohnungskauf. Das Signalisiert doch eh schon, dass du nicht weg willst. Also kann man fast alles mit dir machen. Hier nicht nur nicht mehr Gehalt, sondern auch in alles Mögliche an anderen Arbeiten stecken. Kann ja mal sein, dass du als Anwendungsentwickler für 1-2 Jahre kein Projekt bekommst. Also wirst du (Friss oder Stirb) schön in Dokumentation, Qualitätssicherung, Software Engineering, Netzerktechnik usw. gesteckt. Wo willst hin ?

Auch offenkundig sind Mitarbeiter die eine Weiterbildung machen (Teilzeitstudium, Teilzeit Fortbildung usw.). Das sind Mitarbeiter die sicherlich Karrieregeil sind. Hier greift eine andere Form der Kommunikation und Verhaltenstherapie. Hier greift ggf. das "Negative Feedback" bzw. man stopft den Mitarbeiter voll mit unlösbaren oder gar fremdartigen Aufgaben. Dem Mitarbeiter erscheint der operative Gedanke dahinter vollkommen wahllos (keine klare Linie). Allerdings ist diese Linie für den Vorgesetzten glasklar. Der Mitarbeiter bekommt einen Dämpfer nach dem Anderen. Er kann seine Aufgaben nicht erfüllen, da overload. Er kann die Aufgaben nur schlecht erfüllen, da nix mit seinem Aufgabenfeld zu tun hat. Er ist so beschäftigt, dass er keine Zeit zum Nachdenken für Karriere oder Gehaltserhöhung hat.

Nun merkt der Arbeitgeber urplötzlich, dass er die Grenze dessen erreicht hat, wie er den Mitarbeiter anfassen kann. Der Mitarbeiter plant eine Neuorientierung. Der Arbeitgeber bemerkt vieleicht per Zufall, dass Headhunter beim Mitarbeiter anrufen. Schnell wird ein Projekt aus dem Ärmel gezaubert oder sogar Teilkosten für das Projekt übernommen. Der Mitarbeiter wird an einen anderen Standort oder gar ins Ausland verfrachtet, damit er vom Schirm der Headhunter verschwindet. Damit soll Motivation aufgebaut werden. Vieleicht kommuniziert man im Feedback noch über "Bonis" wie höhere Tagespauschale, Wochenendaufenthalt, alle Überstunden werden gewährt, Sonstiges usw.

Zum Thema Weiterbildung sollte dem Mitarbeiter klar sein, dass in Großkonzernen kein Fass mehr aufzumachen ist. Wenn man als "Associate Proffessional" eingestellt wurde zum Gehalt von 35.000€ Jahr. Dann wars das. Wer mehr Geld will, sollte sich eine neue Arbeit suchen. Auch wer in dieser Zeit in diesem Unternehmen ein Teilzeitstudium oder Teilzeit Fortbildung "erfolgreich" absolviert hat, sollte den Mund halten und niemanden davon berichten. Gerne werden zum Dämpfen der Mitarbeiter "Abmahnungen" rausgeschickt, um den Mitarbeiter vor Beförderungen oder gar Gehaltswünschen wegzubekommen.

Der Giftschrank ist groß. Feedback kann alles oder auch nichts bedeuten. Ich habe in zahlreichen Jahren bei einem namhaften IT-Dienstleister so einiges gesehen. Teilweise richtig perfide und agressive Mittel und Vorgehensweisen. Als Mitarbeiter ist man nur eine kleine Nummer.

Ich kann hier "www.kununu.com" als Platform empfehlen, dort kann man sehr viele Bewertungen ehemaliger Mitarbeiter von zahlreichen Unternehmen durchlesen. Da sieht man noch ganz andere Dinge zum Thema Feedback und Kommunikation.

Feedback ist ein Steuerungsinstrument!

Weiterführend kann ich die Lektüre "Die geheimen Tricks der Arbeitgeber" als Buch empfehlen. Dort ird sehr detailliert zum Thema Feedback, Kommunikation, Manipulation und Steuerung von Mitarbeitern eingegangen.
 

alteglucke

Moderator
Erst mal bin ich erschüttert, dass es heute noch Führungskräfte gibt, die nicht mal in der Theorie wissen, dass positives Feedback sein muss.

Und ich kenne auch beides: den Versuch, die Mitarbeiter durch negatives oder schwammiges Feedback in Unsicherheit zu halten und aktuell das Gegenteil. Bei uns steht der Grundsatz, dass nur zufriedene Mitarbeiter für zufriedene Kunden sorgen, nicht nur auf dem Papier.

Und Feedback gehört natürlich dazu und zwar ehrliches und immer mit einem wohlwollenden und positiven Blick auf den Mitarbeiter. Wenn ein Mitarbeiter darum bittet, dann ist eine ausweichende Antwort wie oben ein absolutes NoGo.
 
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