Armut

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Shaffty

New Member
AW: Armut

Zahnbürste als Luxus....? :vogel)

Es gibt sehr wohl Armut auch in Deutschland...aber genau dass ist der Unterschied... die Prägung des Begriffs in unterschiedlichen Regionen. In Deutschland mag man Armut daran "erkennen", wenn Leute sparsam leben um ihre "luxuriöses" Leben zu erhalten... was vergleichsweise zu ärmeren europäischen Ländern oder gar Afrika natürlich absurd wirkt.
Nur bei einer Sache möchte ich nicht irgendwie hier ja&amen schreiben... denn ich befürworte dass ausdrücklich, dass es sowas wie Armenküchen usw. gibt. Ohne solche Hilfseinrichtungen (Hilfstafeln, Kinderhilfswerke etc.) gäbe es einige dieser besagten Beispiel ebend auch in Deutschland...Denn unser Land mag zwar "reich" sein (bei einem Schuldenstand von ca. 1.5 Billionen ;) ) aber dennoch tut sich langsam ein immer größer werdenes Gefälle zwischen Oberschicht, Mittelschicht und der unteren sozialen Schicht auf.
Wie es eigentlich überall auf der Welt ist...
"Die Reichen werden reicher, die Armen ärmer"....-> Gesetz der freien Marktwirtschaft...:shock: :(

PS: aber dein persönliches Schicksal ist natürlich beeindruckend @ rebel
 
A

Anouk

Guest
AW: Armut

Zitat von whaty2000:
ich habe mal in einem bericht von einer hilfsorganisation gelesen,dass ein haushalt in schwarzafrika tagsüber weniger strom verbraucht als ein haushalt in einem industrialisierten land nachts!

... wenn es überhaupt Strom gibt, auf dem Land ist das häufig gar nicht der Fall.
Aber zurück zu Rebel: was Du erzählst, klingt ähnlich traurig wie manche Geschichten, die ich (und mit Sicherheit nicht nur ich..) noch aus meiner Familie kenne, der Zeit nach dem Krieg, 1946/47 gab's kaum was zu essen, bis auf Steckrüben (wenn man Glück hatte). Ich bin in den 60'ern geboren, ein Wohlstandskind, wenn man so will, solche existenziellen Nöte habe ich nie kennengelernt, wohl aber die Ängste meiner Oma (für die z.B. Butter und Eier trotz des Nahrungsmittelüberflusses späterer Jahre so wertvoll blieben, dass sie sie im Küchenschrank wegschloss!), die Abneigung meiner Mutter gegenüber Steckrüben (was ich erst begriff, als ich die Zusammenhänge begriff), geflickten Wollstrümpfen, durchgelaufenen Schuhen...
Und ich glaube, vielmehr: das bringt mich auf den Gedanken, dass diese Ängste noch in vielen älteren Menschen, die diese Jahre erlebt und durchlitten haben, mehr oder minder lebendig sind. Das war halt ihr Trauma, darüber geredet wurde nicht (zumal es allen, fast allen so ging) - und nun wollen sie's schlicht nicht mehr wahrhaben bzw. sich diesen Erinnerungen im Blick auf das Leid anderer stellen. Möglicherweise... Keine Idee... Aber so könnte es sein: dass es einfacher ist, froh zu sein, dass man selbst es "geschafft" hat, und alles andere auszublenden. Ich weiß nicht. Das Bitterste an Armut, was ich je gesehen hab, war in der Sahel-Zone. Halbverhungertes Vieh, Kinder mit heiseren Stimmchen, die vor Entkräftung nur flüstern konnten, Mütter mit uralten Gesichtern, die vielleicht Mitte 20 waren. Kein Wasser, nur Sand, Wind und gelegentlich Dornsträucher oder ein Baum. Irgendwelche Hilfsorganisationen waren auf die gutgemeinte Idee verfallen, Eukalyptus anzupflanzen, um die Desertifikation, das Voranwandern der Wüste, aufzuhalten. Eukalyptus braucht Wasser, reichlich Wasser, und zieht es aus jedem nur irgend verfügbaren unterirdischen Reservoir...
Und wir spülen es hier täglich liter-, ach was, hektoliterweise in den Orkus. Dabei genügen drei bis vier Liter am Tag für das Allernotwendigste, zum Trinken und um sich komplett zu waschen, von Kopf bis Zeh und die Haare dazu. Eigentlich. Aber erzähl das mal jemandem hier; die Leute glauben es nicht und gucken total befremdet. Es glaubt keiner. Oder nur Wenige. Im Alltag leb ich natürlich auch anders und gehe manchmal, denke ich, viel zu unachtsam mit den Dingen um, dem großen Glück, das wir hier haben und fälschlich nur für ein kleines halten. Sofern man's überhaupt bemerkt.

Nachdenkliche Grüße

anouk
 

Sabine

Well-Known Member
AW: Armut

@ rebel

Ganz großes "Respekt" an Dich und Deine Mutter !!!


Das was Anouk geschrieben hat mit den Erlebnissen des Krieges der älteren Generation kenne ich aus meiner Familie auch. Meine Oma z.B. hat oft von damals erzählt. Und auch mein Vati mußte als kleiner Junge losziehen und zusehen auf welchem Acker er Kartoffeln etc. "klauen" konnte. Bei meiner Mutter muß da irgendwo noch was hängen gebleiben sein. Solange ich mich erinnere wurde so gut wie nie etwas zu Essen weggeschmissen. Sie hat grundsätzlich die Reste gegessen ! Auch jetzt noch !

Ich war mit meiner Freundin 2001 in Thailand. Da haben wir auch die Slums in Bankok zu sehen bekommen. Da, und nicht nur da, habe ich mich wirklich geschämt weil es mir so gut geht.

Das es mir gut geht merke ich auch spätestens, wenn ich die Schwiegereltern in der Türkei besuchen fahre. Die haben außer ihrem eigenen Haus und einem (fast immer kaputten) Traktor vor der Tür fast nichts. Übrigens auch keine Zahnbürste, ohne Witz ! Das ist nämlich wirklich Luxus und dafür ist kein Geld da. Papa arbeitet nur ab und zu mal. Zwischendurch wissen sie oft nicht von was sie das Mehl zum Brotbacken bezahlen sollen. Fließend Wasser gibt es nur drinnen im Dorf. Ihr Leben lang mußte Anne das bis jetzt täglich nach Hause schleppen. Wie alle anderen auf dem Dorf natürlich auch. Ich traue mich manchmal gar nicht nach einer Dusche zu fragen oder nur nach Haarewaschen. Dann muß Wasser her und das ganze dann auch noch heiß gemacht werden auf dem Ofen. Helfen darf ich nicht dabei, ich kriege dann heißes Wasser und alles fertig präsentiert ! Dafür schäme ich mich da dann auch schon wieder... :icon_frown:

Auch wenn ich einsehe, daß ich hier in Deutschland wohl sprichwörtlich mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurde, werde ich trotzdem glaube ich immer was zu meckern haben, weil viele viele einfach viel mehr haben. Ist das nicht sogar normal ?

Das wichtigste ist für mich immer noch, daß ich, mein Mann und meine Familie alle gesund sind !! Denn für Geld kann man sich bekanntlich leider nicht alles kaufen ! Da hilft es dann auch nichts, wenn man Millionär ist...

Lieben Gruß !
 

Birgit

New Member
AW: Armut

Deine Geschichte hat mich tief erschüttert. Ich weiß - und sage es auch immer wieder, wenn jemand in meiner Gegenwart jammert, dass er sich dies und das nicht mehr leisten kann - dass wir doch auf einem sehr sehr hohen Niveau klagen. Ich verschließe auch gern die Augen vor der Armut in der Welt, weil es mich einfach zu sehr entsetzt und man doch nicht allen helfen kann, wie man es gerne möchte. Aber man wünscht sich, dass in den reichen Ländern (wir!!) jeder nur einen teil abgibt, dann wäre einer Menge armer menschen geholfen.

Ich finde es gut, dass du das alles niedergeschrieben hast.
LG Birgit
 
R

rebel

Guest
AW: Armut

Zitat von Shaffty:
Zahnbürste als Luxus....? :vogel)

Es gibt sehr wohl Armut auch in Deutschland...aber genau dass ist der Unterschied... die Prägung des Begriffs in unterschiedlichen Regionen. In Deutschland mag man Armut daran "erkennen", wenn Leute sparsam leben um ihre "luxuriöses" Leben zu erhalten... was vergleichsweise zu ärmeren europäischen Ländern oder gar Afrika natürlich absurd wirkt.
Nur bei einer Sache möchte ich nicht irgendwie hier ja&amen schreiben... denn ich befürworte dass ausdrücklich, dass es sowas wie Armenküchen usw. gibt. /quote]

shaffty kein mensch ich auch nicht habe ansatzweise vor die armenküchen in deutschland ab zu schaffen, es ist gut und wichtig das es die gibt, wie ich im ersten beitrag auch geschrieben habe. nur auf grund dessen gibt es halt keine armut hier und das ist gut.
 
R

rebel

Guest
AW: Armut

Das es mir gut geht merke ich auch spätestens, wenn ich die Schwiegereltern in der Türkei besuchen fahre. Die haben außer ihrem eigenen Haus und einem (fast immer kaputten) Traktor vor der Tür fast nichts. Übrigens auch keine Zahnbürste, ohne Witz ! Das ist nämlich wirklich Luxus und dafür ist kein Geld da. Papa arbeitet nur ab und zu mal. Zwischendurch wissen sie oft nicht von was sie das Mehl zum Brotbacken bezahlen sollen. Fließend Wasser gibt es nur drinnen im Dorf. Ihr Leben lang mußte Anne das bis jetzt täglich nach Hause schleppen. Wie alle anderen auf dem Dorf natürlich auch. Ich traue mich manchmal gar nicht nach einer Dusche zu fragen oder nur nach Haarewaschen. Dann muß Wasser her und das ganze dann auch noch heiß gemacht werden auf dem Ofen. Helfen darf ich nicht dabei, ich kriege dann heißes Wasser und alles fertig präsentiert ! Dafür schäme ich mich da dann auch schon wieder... :icon_frown:

erstmal dank ich dir und was du da sagst mit dem nicht helfen, ist etwas was du in deinem herzen nie verstehen kannst, dass würde gegen den stolz deiner schwiegereltern verstoßen.
 

Volkan72

New Member
AW: Armut

Hallo Rebel,
erst einmal möchte ich großen Respekt zollen! Deine Geschichte ist sehr bewegend! Ich möchte auch Respekt zollen das Du dein Privatleben mit uns teilen möchtest! Es tut mir leid um deine Mutter, Allah rahmet eylesin!
Die " Armut " in Deutschland wird natürlich anders bewertet als in anderen Ländern. Auch ich sehe jedes Jahr in der Türkei, was Armut bedeutet oder bedeuten kann! Ich selber danke Gott und meiner Familie dafür, das ich Armut nie kennenlernen durfte! Ich kann es nicht beurteilen, was es heisst Hunger, Durst und Schmerz zu leiden! Ein Mensch sieht nie was andere nicht haben, er sieht nur was er selber haben will!
Die Situation in Deutschland ist Gold, das Denken nur Bronze!

LG
Volkan
 
R

rebel

Guest
AW: Armut

Zitat von Volkan72:
Hallo Rebel,
erst einmal möchte ich großen Respekt zollen! Deine Geschichte ist sehr bewegend! Ich möchte auch Respekt zollen das Du dein Privatleben mit uns teilen möchtest! Es tut mir leid um deine Mutter, Allah rahmet eylesin!
Die " Armut " in Deutschland wird natürlich anders bewertet als in anderen Ländern. Auch ich sehe jedes Jahr in der Türkei, was Armut bedeutet oder bedeuten kann! Ich selber danke Gott und meiner Familie dafür, das ich Armut nie kennenlernen durfte! Ich kann es nicht beurteilen, was es heisst Hunger, Durst und Schmerz zu leiden! Ein Mensch sieht nie was andere nicht haben, er sieht nur was er selber haben will!
Die Situation in Deutschland ist Gold, das Denken nur Bronze!

LG
Volkan

Danke mein bruder, dass teilen meines privatlebens tue ich ja nicht sondern nur meine vergangenheit, und war ja eigentlich auch nur als beitrag gedacht und dann wurds zum thread, ansonsten wers ja einfach unter gegangen, nicht falsch verstehen anouk ich finds nicht schlimm, wenn ich nur einen damit zum nachdenken bringe hatte es einen sinn.
Ja sabine hat uns ja einen kleinen einblick darüber gegeben, dass es armut auch in der türkei gibt und wie sie da aussieht. die türkei ist nicht nur, side, mamares oder antalya, auf dem land siehts anders aus. ich würde sagen, beide länder, also türkei und rumänien, liegen auf einem wirtschaftlichen niveau und wenn man ehrlich ist sind diese beiden länder auf die welt gesehen "reiche" länder. an den beiden letzten sätzen ist so viel wahrheit drin.
 

noreia

New Member
AW: feminismus neu definiert ?

Du hast vollkommen recht. Es geht uns allen gut hier. Leider vergessen es die meisten bei dem ständigen Gejammer wie schlecht doch alles ist. Lieben Gruß Andrea
 

Inada

New Member
AW: Armut

Es ist wichtig Rebel, dass du diese Geschichte auch nach aussen trägst, wie du es hier getan hast, vielen vielen Dank dafür. Denn wir, die diese Erlebnisse nicht haben/ hatten, brauchen das um wachgerüttelt zu werden. Ich danke dir für diese Worte.
Wie Hesse einst sagte: Wer das Dunkel nicht kennt, kann das Licht nicht schätzen.
 
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