Dritte Person Singular oder die Freude der Distanz

Vaterlich

Well-Known Member
Es gibt ja interessante Anreden und damit verbundene Situationen im Deutschen. Beispielsweise siezt man nur mit Vorname, ohne die Anrede Herr oder Frau zu verwenden: "Stefan, was machen Sie?" Aber auch ihrzen (!): "(Stefan,) was macht ihr?"

Gestern Abend habe ich auf noch ein interessanteres Anredeform gestossen. Zitat aus der Duden Grammatik:

"Mit der 3. Person schafft man Distanz (man schaut dem Gegenüber quasi nicht in die Augen):
'Reiche Er mir den Stock und nehme Er diese Akten mit!' (Engelmann)"


Nützlich, aber auch freudig, finde ich die Verwendung solcher Art - z.B. in ehelichen Sachen.

Der Mann schaut der Frau nicht in die Augen:

"Nehme Sie Ihr Kissen mit und gehe Sie ins Wohnzimmer schlafen!"

Ein ähnlicher Effekt hat, so nehme ich an, das Siezen auch:

Der Mann schaut der Frau direkt in die Augen:

"Nehmen Sie Ihr Kissen mit und gehen Sie ins Wohnzimmer schlafen!"
 

eruvaer

Well-Known Member
Aber auch ihrzen (!): "(Stefan,) was macht ihr?"
in dem Fall wird wahrscheinlich eher gefragt, was Stefan (und seine Freunde oder sein/e Partner/in) machen.
eine sehr übliche Frage, die gern zum Wochenende hin gefragt wird. Man geht davon aus, dass die angesprochene Person etwas mit der üblichen Gruppe unternimmt.
Wenn bspw mein Mann heimkehrt, frage ich ihn "Was habt ihr heute gemacht?" und meine damit ihn und seine Kollegen.


"ihrzen" gibt es natürlich auch - den "königlichen Plural"
"Seine Majestät erlauben Sie die Frage, wie werdet Ihr euren Nachmittag verbgingen?"
Da schreibt man das Ihr dann wie auch das Sie wiederum groß.
 

Vaterlich

Well-Known Member
Danke, eru, für die Erklärung!

Du hast es gut erklärt aber sowas meinte ich nicht. Über den Vorname bin ich mir nicht sicher, -leider habe ich kein reales Beispiel- aber einiges erinnere ich mich genau: In der mit Deutsch synchronisierten chinesischen Film "Hero" sagt die Frau-im-Rot dem Namenloss:

"Ihr seid nicht nötig." (oder so was)

Schade, die Tatsache, dass er keinen Name hat, tötet den Spass hier! Hätte er einen Name gehabt, haette sie so was gesagt? "[Name], Ihr seid nicht nötig."

Das Majestät-Ihr hatte ich übrigens vergessen bzw. verlernt. Somit habe ich wieder erinnert.

Edit: Oder vielleicht betrachtet sie den Namenloss als eine so hochwertige Person wie eine Majestät, daher "Ihr"? Hmm...
 

eruvaer

Well-Known Member
in heroischen Filmen werden auch Helden und Schurken gerne mit dem königlichen ihr beglückt das verleiht dem ganzen dann noch etwas mehr epischen Touch.
bei dem Musketieren findet man das bestimmt auch. Und die werden ja auch bei ihren Vornamen genannt :)
 
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