Hatun Sürücü

sommersonne

Well-Known Member
Der Täter hat gestanden und bereut. Auch tritt er sein gesamtes Hab und Gut (einschließlich des Tatwerkzeugs Auto) an das Opfer ab. Es soll sich um mehr als 100 000 Euro handeln (Radiobericht gestern).

Das soll das milde Urteil begründen? Tut mir leid, Geld ersetzt nicht die getötete Person. Mütter sind nicht käuflich zu erwerben, auch nicht mit mehreren 100.00 € und einem Auto. Das da auch Schöffen dabei sind, beunruhigt mich ja eher.
Die nicht juristisch gebildete Person (ich) kann da nicht folgen.
 

Mendelssohn

Well-Known Member
Das soll das milde Urteil begründen? Tut mir leid, Geld ersetzt nicht die getötete Person. Mütter sind nicht käuflich zu erwerben, auch nicht mit mehreren 100.00 € und einem Auto. Das da auch Schöffen dabei sind, beunruhigt mich ja eher.
Die nicht juristisch gebildete Person (ich) kann da nicht folgen.
Die Frau aus Hameln hat überlebt und ist Nebeklägerin (14 Jahre für den Täter). Die Strafe verhängte ein deutsches Gericht
Sürüc ist tot und seitens der älteren Brüder gab es kein Geständnis, diesen Mord angestiftet zu haben, für den der jüngere Bruder in Deutschland bereits verurteilt war, und der Nachweis gelang nicht (Freispruch für die Angeklagten). Das Urteil sprach ein türkisches Gericht über eine in Deutschland begangene Straftat.

14 Jahre für versuchten Mord ist in Deutschland kein unübliches Urteil.
Freispruch für eine nicht lückelos nachzuweisende Anstiftung zum Mord im Ausland (Sürüc) wäre in Deutschland auch kein unübliches Urteil.
 

sommersonne

Well-Known Member
14 Jahre für versuchten Mord ist in Deutschland kein unübliches Urteil.
Freispruch für eine nicht lückelos nachzuweisende Anstiftung zum Mord im Ausland (Sürüc) wäre in Deutschland auch kein unübliches Urteil.
Da habe ich wohl etwas verwechselt. Ich war der Meinung die Frau sei tot. Danke das du ich aufgeklärt hast. Dann sieht es schon anders aus.
 

Bintje

Well-Known Member
Gestern lief der von Sandra Maischberger produzierte Spielfilm im Ersten.

"Nur eine Frau" ist die Geschichte von Hatun Aynur Sürücü, deren Ermordung vor 15 Jahren, am 7. Februar 2005, für einen Aufschrei sorgte. Regisseurin Sherry Hormann lässt Aynur in ihrem Film selbst zu Wort kommen und die Geschichte ihres eigenen Lebens erzählen. Der dokumentarische Spielfilm basiert auf Recherchen in ihrem persönlichen Umfeld, Gerichtsakten, bislang unveröffentlichten Gesprächen mit der Familie, den Tätern, Freundinnen und Freunden Aynurs und der bis heute im Zeugenschutzprogramm befindlichen Kronzeugin. So entwirft "Nur eine Frau" das authentische Bild einer lebenshungrigen, freiheitsliebenden und mutigen jungen Frau, die darum kämpft, selbstbestimmt leben zu können. Doch als Deutsche mit türkisch-kurdischen Wurzeln befindet sie sich im ständigen Konflikt zwischen den Werten ihrer Familie und ihrer eigenen Lebenseinstellung."

https://www.daserste.de/unterhaltung/film/filmmittwoch-im-ersten/sendung/nur-eine-frau-102.html

ARD-Mediathek (bis 25. Februar): https://www.ardmediathek.de/daserst...C00YmE1LWJjOWUtOWI0YzM4OTA0ODI0/nur-eine-frau

Hat jemand von Euch ihn gesehen? Wenn ja, wie fandet Ihr ihn?
 

Bintje

Well-Known Member
Nicht gesehen.
Schlimm genug das das Thema immer noch aktuell ist. Es hat sich kaum etwas verändert.

Ich hab den Film nicht von Beginn an gesehen, fand ihn aber beeindruckend. Ganz starke Leistung der Schauspieler, insbesondere der Hauptdarstellerin. Natürlich werden jetzt wieder etliche sagen, allein die Tatsache, dass er zur Primetime im Ersten lief, sei ein Beleg für die Islamfeindlichkeit dieses Landes - in völliger Verkennung, dass es um patriarchale, archaische Familienstrukturen ging und geht.
Die werden keinen Blick dafür haben, dass die Moschee, in die der Vater zum Beten geht, nichts gemein hat mit der salafistischen Zelle, in der sich zwei Söhne von ihm radikalisiert hatten.

Was ich nicht wusste und erst in Zusammenhang mit dem Film las: dass die frühere Kronzeugin im Prozess gegen die Brüder nach wie vor im Zeugenschutz lebt. Gemeinsam mit ihrer Mutter, die sogar ihren Betrieb aufgeben musste, um abzutauchen. Über den Schutz hinaus erhielten sie wie Kronzeugen in anderen Fällen auch keinerlei Entschädigung vom Staat, mussten sich, so gibt Sandra Maischberger die Angaben einer Anwältin der Frauen wieder, zwischenzeitlich sogar mit dem Sammeln von Pfandflaschen über Wasser halten.
Nicht das erste Mal, dass ich über solche eklatanten Konsequenzen für Kronzeugen stolpere - aber bitter finde ich das, ganz bitter. Und Maischberger sagt auch:

"(...)Die Mehrheit der ermordeten Frauen in Deutschland werden von Männern ohne Migrationshintergrund umgebracht. Nur ist unsere Gesellschaft so weit, dieses Verbrechen klar zu verurteilen und inzwischen auch zum Beispiel die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe zu stellen. Unser Film thematisiert diese Art Verbrechen in einem Kulturkreis, in dem sie teilweise noch legitimiert werden, mit Bezug auf Traditionen. Ich glaube, dass wir es hier mit einem archaischen Muster zu tun haben, dass Sie in vielen Ländern mit unterschiedlichen Religionen auch in der Gegenwart sehen können.

Aber Sie können doch einen Ehrenmord, der religiös begründet wird, nicht auf eine Stufe mit einem Mord stellen, der im Zweifelsfall im Affekt begangen wird.

Das habe ich nicht getan. Ich habe nur gesagt, dass auch die Religion diesen Mord nicht begründet. Sie wird nur zur Legitimierung herangezogen. Das ist nochmal ein Unterschied. Wenn wir sagen, es sei nur das Problem der islamischen Religion, kriegen wir ein Problem. Dann nehmen wir alle die in Mithaftung, die sich nicht so verhalten und die genau wissen, dass es falsch ist. "

https://www.cicero.de/innenpolitik/sandra-maischberger-nur-eine-frau-hatan-sueruecue-ehrenmord-islam

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sommersonne

Well-Known Member
Ich finde das solche Ehrenmorde reine Tradition sind und nichts mit dem Islam zu tun haben. Jedenfalls steht es nirgendwo in deren Schriften (oder ich habe es überlesen oder kenne nicht alles - das wahrscheinlich sowieso).

Es wird nur immer mit dem Islam in Zusammenhang gebracht, weil in den meisten islamischen Ländern die Jahrhunderte alten Traditionen auch heute noch gepflegt werden und auch manchmal von den Muslimen selbst mit dem Glauben vermischt werden.
 

Bintje

Well-Known Member
Ich finde das solche Ehrenmorde reine Tradition sind und nichts mit dem Islam zu tun haben. Jedenfalls steht es nirgendwo in deren Schriften (oder ich habe es überlesen oder kenne nicht alles - das wahrscheinlich sowieso).

Es wird nur immer mit dem Islam in Zusammenhang gebracht, weil in den meisten islamischen Ländern die Jahrhunderte alten Traditionen auch heute noch gepflegt werden und auch manchmal von den Muslimen selbst mit dem Glauben vermischt werden.

Das geschieht auch in anderen Ländern - die nicht zwangsläufig islamisch geprägt sind.
Denk nur an die hohe Zahl von Femiziden u.a. in Lateinamerika.
https://de.wikipedia.org/wiki/Femizid

Erschreckende Liste, vermutlich nicht vollständig und teils überholt.
Der Psychologie-Prof. Jan İlhan Kızılhan differenziert zwischen Beziehungstaten, sog. Familiendramen, wie sich das häufig nennt, wenn hierzulande unter Herkunftsdeutschen mal wieder eine Frau oder ganze Familie von einem ihrer Väter/Söhne/Ehemänner etc.pp. ermordet wird und sog. "Ehren"morden, bei denen auch das Ansehen in der Gruppe eine Rolle spielt. Vordergründig klingt das einleuchtend, macht nur nichts davon erträglicher.

Und: das gesunkene Ansehen im Umfeld dürfte vermutlich auch bei dem insolventen Arztehepaar in Südhessen, das zuvor auf großem Fuß lebte und den bevorstehenden sozialen Abstieg so wenig ertrug, dass der Vater seine schlafenden Kinder auf bestialische Art umbrachte und das Haus anzündete, eine Rolle gespielt haben.
Ganz widerlicher Fall. Der Vater wurde zu lebenslänglich mit besonderer Schuldschwere und die Mutter zu zwölf Jahren verurteilt.
Freilich hat das nichts mit Femizid zu tun, wohl aber mit dem von Kızılhan vertretenen Gruppen-Konzept zur Unterscheidung: Ich weiß nicht, ob das im Endeffekt wirklich so ein Unterschied ist. Klar: dass Gruppendruck teils eine immense Rolle spielt, wenn beispielsweise ein muslimisches Mädchen oder eine junge Frau sich entschließt, das Kopftuch entweder nicht oder nicht mehr zu tragen, bekomme ich manchmal in Reallife mit. Das ist so, leider. Und natürlich ist das absolut shice! Nur darf man eben auch nicht ausblenden, dass verquere Ansprüche an "weiblichem Anstand" auch in anderen Versionen und Religionen verbreitet sind.
Sonst gäb's ja nicht so viele Morde an Frauen überall auf der Welt.
 
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