Identity - Who am I?

Filiz.

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In Anlehnung an einen ähnlichen Thread vor einiger Zeit wollte ich im Folgenden mal meine eigenen Gedanken dazu aufschreiben.

Abgesehen davon, dass der Eine oder Andere eventuell eine individuelle Definition von "Identität" für sich selbst gefunden hat, ist es doch alles in allem so, dass man darunter allgemein die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe versteht. Jedoch geht es hier ja in erster Linie nicht darum, welche Musik man hört oder welche Mode man bevorzugt, nein, man wird (gegen den eigenen Willen) mehr oder weniger mit einer Identität versehen, die sich durch die Nationalität und die entsprechende(n) Kultur, Werte und Normen ergibt.

Doch fühlt man sich wirklich zugehörig, nur weil man dieselbe Nationalität hat? Weil man dieselbe Kultur hat, oder sollte ich besser sagen haben sollte? Wie wir alle wissen, sind Kulturen bzw. kulturelle Sitten und Bräuche in der Regel teilweise umstritten und nicht von jedem (größtenteils) akzeptiert.

Als Türkin hier in Deutschland fühle ich mich irgendwie keiner der beiden Gruppen zugehörig - weder den Deutschen, noch den Türken.

Ich habe früher immer gesagt, dass ich doch eigentlich Deutsche sei, warum denn auch nicht, schließlich hätte ich doch die deutsche Staatsbürgerschaft. Mich hat nichts von meinen deutschen Freundinnen unterschieden, wir hatten dieselben Hobbys, sind denselben Freizeitaktivitäten nachgegangen, hatten denselben Freundeskreis. Doch irgendwie bin und war ich trotzdem immer anders. Und das nicht aus eigenem Empfinden, nein, mir wurde es ständig vor Augen gehalten, dass ich doch anders sei. Ich sei doch "die Türkin". Fragen wie "Du wirst aber nicht wie manche Türkinnen zwangsverheiratet oder" oder "Trägt deine Mutter eigentlich Kopftuch" standen an der Tagesordnung und sind nur einige wenige von vielen Beispielen. Teilweise benutzen Mitschüler, die mich ohnehin nicht mochten, "Türkin" als herabwürdigende Beleidigung, um mir zu zeigen, dass ich anders sei, dass ich nicht zu "ihnen" gehöre. Ich fühlte mich missverstanden und fragte mich immer wieder, was denn an mir anders sei, was mich denn von ihnen, beispielsweise meinen engsten Freundinnen, unterscheide. Wie erwähnt, gleiche Hobbys, gleiche Interessen, gleicher Tagesablauf, gleicher Humor. Was ist es denn dann?

Ich hatte nicht weniger Ahnung von türkischen Feiertagen als meine Freundinnen von deutschen Feiertagen. Auch davon, dass ich wir unterschiedlichen Religionen angehören, hat man auf den ersten Blick nichts gesehen. Besonders dunkelhäutig bin ich auch nicht, meine Haare sind hellbraun, meine Augen farbig. "Was ist es, was mich anders macht?", fragte ich mich ständig und ständig.

Schon früher nahmen mich Familienangehörige gelegentlich ungewollt zum "Dernek" mit. "Komm schon, das wird dir gut tun, besser als den ganzen Tag zu Hause zu verbringen, da sind viele nette Leute, auch in deinem Alter, nun komm schon", hieß es jedes Mal aufs Neue. Die Erinnerung an frühere Dernek-Treffen sind schon längst verschwunden, doch dafür sind mir die Erinnerungen an noch nicht allzu vergangene Veranstaltungen dort noch gut bekannt.

Also saß ich da, wusste nicht so wirklich mit dem ich reden sollte, mein Türkisch war ja ohnehin nicht mehr gerade das beste, ich würde mich doch eh nur blamieren. Einige Leute guckten mich etwas verwundert, wenn nicht seltsam an. Muss dazu sagen, dass ich aufgrund meines Aussehend schon desöfteren von Türken für eine Deutsche gehalten wurde. Ob es wohl damit zusammenhing? Ich versuchte erst einmal, dem Gespräch zwei sich unterhaltender Frauen in meiner Nähe zu folgen. Selbstverständlich sind mir einige Wörter noch durchaus geläuftig, sodass ich den einen oder anderen Bruchteil eines Gesprächen mitverfolgen konnte. Da wurde mal hier über ein Mädchen geredet, das sich nicht züchtig genug kleidet, weiter hinten redete jemand von der Tochter einer Bekannten, die ohne Verlobung eine Beziehung führen würde und betonte, dass man sich doch dafür als Mutter schämen sollte, wie könne man sowas denn auch nur zulassen. In einem Nebenraum versammelten sich die jüngeren Leute, so etwa meines Alters, da ich jedoch niemanden so wirklich kannte und einige Personen nur flüchtig vom Sehen kannte, konnte und wollte ich diesen Raum nicht betreten. Schließlich kam eine Tante und fragte mich, ob ich nicht lieber zu den jüngeren Leuten gehen wolle, schließlich hätte ich hier bei den "Erwachsenen" (ich war bereits 19) niemanden zum Reden und man würde mir meine Langeweile mehr als deutlich ansehen. So kam es, dass ich schließlich doch die Tür zu den jüngeren Leuten öffnete, ein leises "Hallo" aus mir herausquetschte und mich auf einen Sessel setzte. Mir war die Situation sichtlich unangenehm, und ich bin mir sicher, dass man mir dies angesehen hat. Wahrscheinlich dachte man sich "Oh Gott, was ist das denn für eine", ist die überhaupt Türkin? Die sieht doch gar nicht aus wie eine". Mich fragte noch eine, ich schätze Teenagerin, nach meinem Namen, doch danach folgten keine Unterhaltungen mehr. Nun hörte ich also, wie dort über andere Türkinnen gelästert wurde, die wie "Schlampen" mit Miniröcken durch die Gegend gelaufen seien. Ein Mädchen sagte: "Oh Gott, schämen sollten die sich, mein Vater hätte mich abgeknallt". Einige lachen. Ein junger Mann erzählt, dass seine deutsche "Schlampenfreundin" schon wieder Schluss gemacht hätte. "Naja, war ja eh nichts Ernstes", sagte er, "Als ob ich so eine Schlampe geheiratet hätte". Die meisten lachen. "Naja, für die meisten Europäerinnen ist es ja das normalste der Welt, ständig an einem anderen Kerl zu hängen. Voll die Minusweiber. Kopfschuss man", sagte eine etwa 18-Jährige.

Ich fühlte mich schon lange nicht mehr wohl in dem Raum. In einem wahrscheinlich katastrophalen Türkisch sagte ich noch schnell, dass ich mal kurz zu meiner Tante müsse, um ihr etwas zu sagen und verzog mich dann aus dem Raum. Schließlich setzte ich mich wieder an den Tisch, an dem ich schon zu Beginn saß. Die zwei Frauen, die in meiner Nähe saßen, waren nicht mehr da. Nachher sah ich, dass sie drüben in der Küche waren und Tee zubereiteten. Ich dachte über die Gespräche nach, die mir eben zu Ohren kamen. "Mein Vater würde mich abknallen", "Als ob ich so eine Schlampe (bezogen auf die deutsche Ex) geheiratet hätte" - NEIN, das ist definitiv nicht meine Welt. Wie kann man darüber lachen, dass einem der eigene Vater unter Umständen für ein freizügigeres Outfit Gewalt antun würde? Wie kann man eine Deutsche, nur weil sie Deutsche ist und mit anderen Werten aufgewachsen ist, als Schlampe bezeichnen? Nicht nur diese Fragen stelle ich mir, ebenso ging mir jegliches Gerede über die sogenannte "Ehre" schon immer auf die Nerven. Ehre? Was soll das sein? Eine Türkin, die sich ihr ganzes Leben vorschreiben lässt und nichts als ihre eigenen vier Wände kennt? Eine Türkin, die (gegen ihren Willen) nach den Regeln der Gesellschaft lebt? Wer bestimmt denn, was Ehre überhaupt ist? Wie jetzt, die Gesellschaft? Was macht diese Leute so besonders, dass sie meinen, das Recht zu haben, sich in das Leben anderer Familien bzw. Menschen einmischen zu dürfen? Was macht das Wort der Gesellschaft so wertvoll, warum sollte der Maßstab der Gesellschaft als allgemeingültig gelten? Mein Kopf platzte fast vor lauter Fragen. Aber bei einer Sache war ich mir ganz sicher: NEIN, das ist nicht meine Welt! NEIN! Mich interessiert weder, was irgendwelche anderen Menschen über mich sagen, etwas vorschreiben lasse ich mir schon mal gar nicht von anderen. Ich finde es auch alles andere als komisch, dass Eltern ihren Kindern unter Umständen Gewalt androhen, wenn die Kinder nicht den Wille der Gesellschaft befolgen wollen. Ich finde es ebenso falsch, dass sich die türkischen Mädchen in traditionelle Rollen drängen lassen, während die Jungs wie kleine Paschas ihr Leben nach eigenen Regeln führen dürfen. NEIN, dachte ich wiederholt. NEIN, das passt nicht zu mir. Sowas kann ich weder begrüßen, noch möchte ich es ehrlich gesagt tolerieren!

Nun stehe ich also da - zwischen zwei Kulturen. Zwischen zwei Gesellschaften. Während mich die eine zwar akzeptiert, doch mich immer noch als "die Türkin" sieht, verhält es sich mit der anderen Gesellschaft so, dass ich diese aus mehreren Gründen nicht so wirklich akzeptieren kann.

Doch woher kommt dieser Drang vieler Leute, unbedingt einer Gemeinschaft oder einer Kultur angehören zu wollen? Reicht es nicht, sich selbst treu zu sein, seine eigenen Regeln und Prinzipien zu haben? Fragen über Fragen, und die Antwort? Ich habe schon von vielen Türken gehört, wie sie andere Türken/Türkinnen, welche es mit bestimmten Normen nicht so genau nehmen, als "kulturlos" bezeichnet haben.

Doch woher kommt es, dass sich so viele Menschen auf eine Kultur beschränken? Wissen diese Menschen eigentlich über die Ursprünge ihrer Kultur Bescheid, über die Geschichte ihres Landes? In den seltensten Fällen hat ma doch das Gefühl, dass dem so sei. Vielmehr beschränkt sich das, was heutzutage von den meisten als "Kultur" bezeichnet wird, doch auf die heutigen Werte und Normen, welche man auch von anderen Menschen vorbildgemäß beachtet haben will.

Na wenn es das ist, dann verzichte ich gerne... Lieber informiere ich mich in meiner freien Zeit über geschichtliche Hintergründe und eigne mir somit Wissen über Kulturen, Sitten und Bräuche an, als mich von der Masse mitreißen zu lassen und nach Regeln zu leben, die die Gesellschaft teilweise selbst aufgestellt hat und dennoch als heilig betrachtet. Man bedenke bei dieser Gelegenheit, dass auch die kulturellen Regeln, welche heutzutage gelebt werden, nur noch bedingt etwas mit dem Islam zu tun haben. Wie kommt es sonst, dass sich der Mann heutzutage fast alles erlauben darf und die Gesellschaft dies toleriert? Wie kommt es, dass der junge Türke von seinen Eltern aus eine Freundin nach der anderen haben darf, während das Schwesterchen zu Hause sitzen und brav im Haushalt helfen muss? Nein, das hat gewiss nicht annähernd etwas mit dem Islam zu tun. Weshalb bestehen dann so viele Menschen auf diese gesellschaftsgemachtern kulturellen Regeln, die teilweise völlig inhaltsleer sind und nur dazu dienen, Familien gegeneinander aufzuhetzen?

Ich wollte nur meine Gedanken in Hinblick auf dieses Thema aufschreiben. Man darf dies selbstverständlich kommentieren, man darf es aber auch lassen. Auf Beleidigungen würde ich jedoch gerne verzichten wollen, da man an dem Erhalt eines angemessenen Klimas hier im Forum interessiert sein sollte.

Liebe Grüße
 

Zerd

Well-Known Member
Soweit ich mich erinnere, wurde dieses Unterforum seinerzeit genau für dieses Thema eingerichtet (siehe die damalige Diskussion dazu) und zumindest was mich betrifft, halte ich diesen Eingangsbeitrag für einen der interessantesten, die ich hier bisher gelesen habe. Herzlichen Dank und Glückwunsch dazu!

Ich hoffe sehr, dass sich weitere Erfahrungsberichte und Gedanken dazu anschließen werden und sich eine fruchtbare Diskussion daraus entwickeln kann, aus der Betroffene ggf. Inspiration für ihr eigenes Verständnis und Selbstverständnis schöpfen können.

Ich habe aufgrund meiner Zugehörigkeit zur frühen zweiten Generation und meines Geschlechts vermutlich eine etwas anders gelagerte Perspektive zu dieser Angelegenheit, aber nichtsdestotrotz habe auch ich mich wie jeder andere, der in einem türkischen Haushalt hier in Deutschland groß geworden ist, mit ähnlichen Fragen beschäftigt, mein ganzes Leben über mal mehr, mal weniger.

Ich war immer geneigt, diese Konstellation als einen Glücksfall zu betrachten, weil sie eben das Potential für ganz neue Sichtweisen und (Lebens-)Wege bietet, die sowohl von den deutschen wie türkischen Prägungen profitieren, aber eben auch darüber hinaus gehen können. Allerdings müssen dafür aber auch zusätzliche Aufwände betrieben werden und Konflikte bewältigt oder aufgelöst werden.

Im Großen und Ganzen ist es eigentlich eine ganz spannende Phase und Entwicklung, die wir gerade erleben: da sind vor einem halben Jahrhundert Millionen Menschen mit einem ganz anderen kulturellen Hintergrund nach Deutschland geströmt und über mehrere Generationen hier geblieben. Ein ziemlich kleiner Anteil von denen und ihren Nachkommen hat vollständig die neue Kultur übernommen, ein etwas größerer, aber immer noch nicht wesentlicher Anteil ist über kurz oder lang wieder in die Heimat zurückgekehrt und der große Rest versucht auf irgendeine Weise zwischen diesen Polen seinen Weg zu finden, der bislang in den meisten Fällen immer noch sehr holprig verläuft.

Es ist auf jeden Fall ein Thema, über das bislang entweder zu wenig oder aber auch unangemessen geredet wurde. Soziologische Studien mögen zwar ein interessantes Arbeitsfeld sein, aber den Einzelnen helfen sie wohl kaum dabei weiter, ihren ganz individuellen Weg zu finden. Verschiedene Sichtweisen, Standpunkte und Konzepte zusammenzutragen und vielleicht auch einfach nur nebeneinander stehen zu lassen, scheint mir da eher ein fruchtbarer Ansatz zu sein. Filiz hat einen wunderbaren Anfang gemacht, hoffentlich greifen den Faden möglichst viele Leute hier auf.
 

Majnomon

Well-Known Member
Identitätskrisen betreffen übrigens nicht nur Migranten, sie sind ein urmenschliches Phänomen.

Ich als "Biodeutscher" habe natürlich in der Regel nicht das Problem, dass ich nicht als solcher erkannt werde. Obwohl ich je nach Art meiner Kleidung (und meines Körperschmucks) auch schon mal für einen Türken gehalten wurde, wenn ich mein rudimentäres Türkisch zur Begrüßung auspacke. Aber auch als "Biodeutscher" kann man sich fragen, was das eigentlich ist, Identität. "Wer bin ich?" oder besser "Was bin ich?"


Hier im Forum kommt ja manchmal die Frage, ob ich Moslem sei, weil ich mich vor dem Hintergrund meiner Erfahrungen mit dem Sufismus recht gut mit dem Islam auskenne. Wenn ich dann sage, dass ich mich sowohl als Christ, Moslem, Jude, Hindu, Buddhist, Taoist und Schamane bezeichnen könnte, eigentlich aber keines von allem zutrifft und ich vornehmlich Mensch bin, der eben an Gott glaubt und außerdem Künstler ist, kommt dann schon mal ein leicht mitleidiges "Na, dann hoffen wir mal, dass Du auch noch den richtigen Weg für dich findest..." Amen! Für mich könnte diese Reaktion kaum blödsinniger sein. :rolleyes:

Zudem bin ich mit der Erfahrung einer tiefgreifenden psychischen Krise gesegnet, die sich um die Jahrtausendwende Bahn gebrochen hat. "Wer bin ich und wenn ja, wie viele?" ;)

Die einzige Konstante, die es in dieser Zeit gab und die mir zu meiner weitestgehenden Genesung verholfen hat, war am ehesten das Undefinierbare, Unbenennbare, was man auch Gott nennt, und was jenseits aller nationalen, religiösen oder kulturellen Identität wie ein roter Faden die Orientierung im Labyrinth meiner zertrümmerten Seele war.


So komme ich eigentlich immer wieder zu dem Ergebnis, dass Identität unergründlich ist und zum Großteil von kulturellen Konstrukten überlagert wird, die von ihrem Wesen eher ablenken:

Ich bin und weiß nicht wer.
Ich komm' und weiß nicht woher.
Ich geh', ich weiß nicht wohin.
Mich wundert, dass ich so fröhlich bin!

Wenn ich wüsste, wer ich bin.
Wenn ich ging und wüsste wohin.
Wenn ich käm und wüsste woher.
Ob ich dann wohl traurig wär?

(Angelius Silesius, Dichter des Barock)
 
S

schneidersitz

Guest
Naja, in erster Linie ist man ein Individuum.
Zwangsläufig gehört man aber auch diversen Gruppen an.... in meinem Falle der Gruppe der Frauen, der Ausländer (speziell der Kroaten), der Mütter, der Verheirateten etc.
Aber nur, weil ich den gleichen Gruppen zugehöre wie viele andere auch, habe ich auch das Recht atypisch zu verhalten, und das macht aus einem Menschen ein Individuum, ein Ich.
Leider haben viele Menschen nicht den Mut sich atypisch zu verhalten, hatte ich auch lange nicht.... aus Sorge meine Eltern nicht zu enttäuschen oder zu blamieren.
Es war aber dann doch einfacher als ich dachte... erst haben sie sich gewundert, dann waren sie verärgert, dann haben sie es akzeptiert (was blieb ihnen auch Anderes übrig).
Ich schweife aber ab.... oder ne, doch nicht..... es führt doch alles darauf hin, dass man für sich selber entscheiden sollte, Was und Wer man ist.
Nur dann ist man glücklich.
 

HEYDUDA

Member
Mir geht's genauso wie dir, selbst wenn man sich selbst als deutschen sieht, sehen die anderen immer nur die schwarzen haare und schieben einen gleich in eine bestimmte schublade mit tausend vorurteilen. Man muss einfach versuchen jedem Menschen offen zu begegnen und ihnen einfach die Person zeigen die man wirklich ist, damit sie nicht das Cliche sehen welches sie sehen wollen. Ich bin auch oft genervt wenn ich im Alltag auf Leute treffe die schon ein vorgefertigtes Bild von dem "Türken" haben, andererseits freue ich mich jedes mal wenn ich eben mit diesem Bild brechen kann und die Leute (die ja oft vorher gar keinen Kontakt zu Personen mit Migrationshintergrund hatten) sagen: "Der war ja gar nicht so wie ich mir einen "Türken" vorstelle.". Jede einzelne solcher kleinen Erkenntnisse kann dann dazu beitragen die vorurteile zu verkleinern. Obwohl manche leute auch da etwas resistent sind...
 

grünesblau

Well-Known Member
Identitätskrisen betreffen übrigens nicht nur Migranten

Wie wahr..., denn wie Schneidersitz so richtig sagt:

Aber nur, weil ich den gleichen Gruppen zugehöre wie viele andere auch, habe ich auch das Recht atypisch zu verhalten, und das macht aus einem Menschen ein Individuum, ein Ich.

Parallel zur Selbtreflektion und dem Abgleich eigener Überzeugungen kommt die Fremdwahrnehmung hinzu, die mich auch ohne "Migrationshintergrund" betrifft. Allerdings nicht in dem starken Ausmaße, wie es auf das eigene Wesen Einfluss nimmt, wenn man sich ständig "beweisen" muss.

(...) sehen die anderen immer nur die schwarzen haare und schieben einen gleich in eine bestimmte schublade mit tausend vorurteilen. Man muss einfach versuchen jedem Menschen offen zu begegnen und ihnen einfach die Person zeigen die man wirklich ist, damit sie nicht das Cliche sehen welches sie sehen wollen. Ich bin auch oft genervt wenn ich im Alltag auf Leute treffe die schon ein vorgefertigtes Bild von dem "Türken" haben, andererseits freue ich mich jedes mal wenn ich eben mit diesem Bild brechen kann und die Leute (die ja oft vorher gar keinen Kontakt zu Personen mit Migrationshintergrund hatten) sagen: "Der war ja gar nicht so wie ich mir einen "Türken" vorstelle. (...) "

Genau das erlebt/e mein Exfreund immer wieder und war mitunter einfach genervt/erschöpft, dass er sich doppelt so viel Mühe geben muss, sein Gegenüber davon zu überzeugen, ein denkender und vertrauenswürdiger Mensch zu sein. In Istanbul hatte er seine ganzen Freunde und Bekannte, alle schätzten ihn für sein Wesen und Verstand - nun, hier fing er nicht nur bei Null an, er musste auch noch obendrein Überzeugungsarbeit leisten, "weil er ja schließlich ein Türke ist". Und wenn dann auch noch Bemerkungen kamen, wie HEYDUDA sie anspricht ("Wow und DU bist Türkei? Bist ja richtig nett!"), empfand er das manchmal wie eine Ohrfeige. Diese Erfahrungen haben es ihm phasenweise wirklich schwer gemacht, sich selbst noch greifen zu können, obwohl er sich dessen vorher bewusst war, als Türke hier nicht mit Luftschlangen und Tröten begeistert empfangen zu werden. Wie viel Einfluss diese Abneigung und etliche Beschränkungen tatsächlich auf die Wahrnehmung der eigenen Identität nehmen können, hat selbst ihn überrascht, obwohl er annahm, damit schon zurecht zu kommen.
 

HEYDUDA

Member
Genau das erlebt/e mein Exfreund immer wieder und war mitunter einfach genervt/erschöpft, dass er sich doppelt so viel Mühe geben muss, sein Gegenüber davon zu überzeugen, ein denkender und vertrauenswürdiger Mensch zu sein. In Istanbul hatte er seine ganzen Freunde und Bekannte, alle schätzten ihn für sein Wesen und Verstand - nun, hier fing er nicht nur bei Null an, er musste auch noch obendrein Überzeugungsarbeit leisten, "weil er ja schließlich ein Türke ist". Und wenn dann auch noch Bemerkungen kamen, wie HEYDUDA sie anspricht ("Wow und DU bist Türkei? Bist ja richtig nett!"), empfand er das manchmal wie eine Ohrfeige. Diese Erfahrungen haben es ihm phasenweise wirklich schwer gemacht, sich selbst noch greifen zu können, obwohl er sich dessen vorher bewusst war, als Türke hier nicht mit Luftschlangen und Tröten begeistert empfangen zu werden. Wie viel Einfluss diese Abneigung und etliche Beschränkungen tatsächlich auf die Wahrnehmung der eigenen Identität nehmen können, hat selbst ihn überrascht, obwohl er annahm, damit schon zurecht zu kommen.

Ja, manchmal kostet es verdammt viel Kraft. Das können viele Deutsche gar nicht verstehen wie schwer ist immer gegen den Strom schwimmen zu müssen, sich immer zu rechtfertigen, weil sie eben nicht diese täglichen (zugegebenermaßen häufig nur subtilen) Vorurteilen begegnen.
Wir müssen einfach mit gutem Beispiel voran gehen und diese Vorurteile Stück für Stück abbauen.
 

therengarenk

Gesperrt


ich gehe jetzt einfach mal davon aus und kann dir sagen, dass ich diese Phase im Leben auch hatte....sehr große Identitätsprobleme sogar im Laufe meines bisherigen Lebens.

-ich fühlte mich deutsch und wollte mich auf Teufel komm raus von allem türkischen entfernen
-ich fühlte mich türkisch und fing an, mich für türkische Geschichte zu interessieren, habe versucht, die Kultur verkrampft auszuleben, einen türkischen Freundeskreis zu haben und schlecht über deutsche Menschen zu denken
-ich fühlte mich beides. Bei den Deutschen türkisch und bei den Türken deutsch
-ich fühlte mich wieder beides. Als Mensch mit Migrationshintergrund.

Mittlerweile habe ich mich mit der ganzen Situation abgefunden und mir ist die Meinung der anderen egal. Das beeinflusst mich nicht mehr in meinem denken und fühlen und schon gar nicht mehr in meiner Identität.

Ich bin Deutsche, weil....
-ich die deutsche Staatsbürgerschaft haben
-ich hier aufgewachsen bin
-ich kaum türkisch spreche
-ich deutsch denke und träume
-ich keine türkischen Feste bewusst feiere oder mich mit denen identifizieren kann
-ich Deutschland liebe und nirgendswo anders leben will
-ich Deutschanland als mein Zu Hause sehe und es vermisse, sobald ich länger weg bin
-ich das deutsche Grundgesetze respektiere und mich darauf stütze
-ich die deutsche Zukunft, schon allein beruflich, mit erziehe und somit beeinflusse
-die Türkei für mich ausschließlich Urlaubsland ist
-ich liebe die Türkei natürlich auch, aber es ist eben mein Zweitlieblingsland

Natürlich wird es immer Menschen geben, für die ich die Türkin bin. Menschen, die einen nicht kennen oder doch kennen. Wie oder als was andere Menschen mich sehen, liegt aber nicht in meiner Verantwortung. Ich bin auch nicht verpflichtet anderen Leuten zu zeigen was ich bin. Ich kann denen also eh nicht helfen, weil sie nur von ihrer Bewusstseinsebene aus denken und die Welt wahrnehmen. Ich kann nämlich niemals die Tönung der Brillen dieser Menschen beeinflussen, durch die sie die Welt sehen. Ich nehme solche Leute auch überhaupt nicht mehr für voll, weil sie anscheinend die Entwicklung der deutschen Gesellschaft zumindest in den letzten 60 Jahren verpasst haben. Das leben ist nämlich dynamisch. Integration gescheitert.

Zu deiner Geschichte mit dem Dernek....

was ist das überhaupt? Ich war noch nie an so einem Ort!
Diese Menschen verkörpern doch nicht die Türken in Deutschland. Wenn du in einem Raum bist, in dem andere über Kopftuchfrauen lästern und andere Menschen aufgrund ihres Aussehens, ihrer Kleidung, dem Glauben etc. schlecht machen, dann verkörpern diese Menschen auch nicht den Prototyp des Deutschen.
Es gibt halt überall komische Leute.
Beweg dich einfach in anderen Kreisen und such dir aus beiden Ländern das beste raus.

Manchmal ist es sogar ein Vorteil, wenn andere in einem die Türkin sehen. Dann kannst du dich einfach mal so richtig asi benehmen ( wie die es wahrscheinlich von dir erwarten) oder die Leute mit einem ganz anderen Bild überraschen.

Wobei ich definitiv niemals das negative Bild, was andere von Türken haben, dafür nutze, um zu beweisen, dass es auch anders geht. Ist nicht meine Aufgabe.
 
Also ich sehe mich in erster linie als Türke,weil durch meine adern türkisches blut fließt.Ich beherrsche die türkische sprache,kann folglich türkisch reden,lesen und schreiben alles flüssig.Klar nicht ganz perfekt wie jemand der in der Türkei geboren und in besseren kreisen aufgewachsen ist,vom bildungsstand gesehen.Aber dennoch habe ich keinerlei schwierigkeiten mich mit Türkei-Türken zu unterhalten oder sie zu verstehen.

Ich sehe ebenfalls nicht so aus wie der "standart" Türke,weil ich braune haare habe mit paar blonden stränchen(echte) und grüne augen habe.Zudem eine relativ helle haut habe,weshalb die meisten leute denken ich wäre Deutscher:)

Früher hat man mich ebenfalls versucht auf teufel komm raus,nur als Türken anzusehen.Dass hat mir dann nichts ausgemacht,weil ich mich voll und ganz mit der Türkei identifizieren kann.Ich habe kein problem damit wenn jemand mich Deutscher nennt,nur ich versuche den leuten zu vermitteln dass ich halt Türke bin,auf einer respektvollen art.Man hat des öfteren mich damals in der schule aufgrund meiner großen verbundenheit zur Türkei oftmals sehr provoziert und beleidigt.Was mir natürlich nicht gefallen hat,und weshalb ich dann noch stärker mich der türkischen seite zugewannd habe.Was ich aber auch gut finde,mittlerweile.

Ich liebe und lebe aber auch die tükrische kultur und sitten.Ich esse fast rein türkisch,und gucke mir auch türkisches tv an.
Der einzige fußballclub für den mein herz schlägt ist ein türkischer,mit den geflogenheiten bin ich vertraut,ich mag auch den umgang türkischer leute miteinander.Ebenso bin ich mit der türkischen geschichte und politik vertraut,interessiere mich auch sehr generell in vielerlei hinsicht für die Türkei.Also ich bin stolz darauf ein Türke zu sein!

Denn ich finde man sollte sich als dass fühlen was die eltern sind,denn diese herkunft kann niemand einfach leugnen.Meine eltern sind beides Türken,weshalb ich mich als Türke fühle.Wären sie Deutsche oder Italiener so würde ich mich auch wohl als dass betrachten.

Klar spielt es auch eine rolle als was man sich selbst fühlt,aber ich würde es persönlich schwierig finden mich als etwas zu betrachten,was biologisch nicht der wahrheit entspricht.Egal wo man lebt,man sollte niemals vergessen wo man,damit meine ich die familie herkommt.Auch wenn man vielleicht selbst nie dort war,oder sich nicht dorthin begeben hat.

Also ich sage immer jedem das seine,wenn sich jemand als deutscher oder türke fühlt obwohl er andere wurzeln hat,dann ist es für mich okay.Genauso wie wenn jemand sagt er ist zwar türkischer abstammung und seht sich selbst als was anderes.Nur ich für meinen teil finde,dass man sich stets vor augen halten sollte,wo der ursprung von einem selbst liegt.Denn das kann einem niemand,wirklich niemand aberkennen,was auch dass gute daran ist.Egal als was die leute einen sehen,man weiß selbst immer am besten wie es wirklich ist.Von daher sollte man stets zu dem stehen was man ist,denn ein jedes volk hat dass recht stolz über seine herkunft zu sein.
 
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