Meine afghanische Nacht

S

sdost

Guest
Oma und Eltern verabschiedeten sich in ein sdost freies Wochenende mit, zumindest mir, unbekanntem Ziel. Ich bin zwar ein wenig irritiert, dass diese Wochenenden inzwischen zum festen Ritual mit immer geringer werdenden Abständen geworden sind, nehme es aber als gegeben hin. Auf diese Weise kann ich wenigsten meinem Hobby frönen und bestimmte Filme ansehen, die ansonsten innerhalb des Familienkreises kaum zu vermitteln sind. Schon der Gang in die Videothek war für mich eine Mutprobe und jeder schiefe Blick der anderen Kunden trieb meinen Blutdruck in die Höhe. Verschämt ging ich an die Kasse und ertrug schweißgebadet den prüfenden Blick des Mitarbeiters, auch das Getuschel mit seinen Kollegen bekam ich mit als ich die Videothek verließ. Ihr schallendes Gelächter im Ohr schlich ich mich mit hochrotem Kopf durch die Dunkelheit nach Hause. Die vertraute Umgebung der Wohnung gab mir Sicherheit und ich breitete meine Schätze auf dem Wohnzimmertisch aus. Schon die Cover der DVDs waren viel versprechend. Die Vorfreude war kaum zu ertragen und so legte ich die erste von insgesamt 25 DVDs ein. Eine Tasse heißen Kakao in der Hand lag ich im Fernsehsessel und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Schon die Titelmelodie trieb mir die Tränen in die Augen und ich sang leise mit……Shaun das Schaf…damdadam…Shaun das Schaf…….tramtadam….Ach ja, wie herrlich. Shaun das Schaf, Teil 1 bis 199 sollte mir das Wochenende retten. Sollte. Leider klingelte das Telefon und ich hatte nicht die Kraft es zu ignorieren. Es hätte ja wichtig sein können und Präsident Obama oder Frau Merkel wollten meinen Rat. Leider war es nur Thomas Schulze, ein ehemals guter Freund der die Seiten Richtung Feinde gewechselt hatte. Es war wohl gute 2 Jahre her, als ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Damals lud er mich auf einen Burger bei Mc Kentucky-King ein und ich wunderte mich nicht schlecht, wie groß sein Hunger war. Er stopfte regelrecht beidhändig die Burger und Pommes in sich rein und spülte immer wieder mit Cola nach. Später habe ich nachgerechnet und kam auf die erstaunliche Menge von 4,5 Litern. Das Gelage dauerte rund drei Stunden und er entschuldigte sich auf einen Toilettengang. Der schien mir auch dringend nötig, denn die Masse an Nahrung verdrängte die im Verdauungstrakt lagernden Reste des Vortages. Ich wartete geschlagene 2 Stunden auf seine Rückkehr. Als die Rechnung abkassiert werden sollte, sah ich nach ihm und stellte fest, dass der alte Trick mit dem Toilettenfenster immer noch funktioniert. Da stand ich also mit einer Rechnung in Höhe von 87,25 Euro und konnte den Geschäftsführer überzeugen, dass ich das mit 4 Wochen ausfegen abarbeiten würde. Das war also das letzte Erlebnis mit Thomas und nun hatte er die Stirn mich anzurufen. In böser Ahnung zog ich einen Trumpf aus dem Ärmel und imitierte einen Anrufbeantworter. Bedauerlicherweise durchschaute er das sofort und bat mich um Hilfe. Ich log im vor eine Party mit 50 Gästen auszurichten und keine Zeit zu haben und als es dann an der Tür klingelte, war das eine echte Erlösung für mich. Mit den Worten „tut mir leid aber ich bekomme Besuch“ legte ich den Hörer auf und eilte an die Tür. Ich hätte mich ohrfeigen können, denn als ich öffnete, stand da besagter Thomas mit einem Handy am Ohr. Breit grinsend drängte er sich in die Wohnung und hatte sogar eine Begleitung dabei. Was sollte ich machen, ich ließ sie rein und atmete tief durch. Nur kurz kam mir die Option in den Sinn zu flüchten und bei Nachbarin Oma Pachulke um Asyl zu bitten. Dann doch lieber Thomas Schulze. Dieser hatte es sich schon auf dem Sofa bequem gemacht und seine Begleitung saß neben ihm. Ohne Umschweife kam er zum Thema.
„Du hast dich zwar ein paar Jahre nicht mehr gemeldet aber als guter Freund verzeihe ich dir das. Ich würde dich auch nicht belästigen aber du bist der einzige dem ich vertraue.“
Nun ja, das ging dann doch wie Öl runter und ich war bereit ihm behilflich zu sein.
„Es geht um sie“. Er deutete auf seine Begleitung. „Ich muss dringend nach Dänemark und kann sie nicht mitnehmen. Da dachte ich, dass du dich bis morgen um sie kümmern könntest. Es ist nur diese eine Nacht. Morgen früh hole ich sie dann wieder ab“.
„Sie kommt aus Afghanistan?“
„Stimmt, dass du das sofort erkennst?“
Ich versuchte ein paar nette Worte Farsi an sie zu richten, doch Thomas schüttelte den Kopf.
„Das versteht sie nicht. Sie kommt aus dem paschtunischen Teil des Landes und ist auch noch traumatisiert. Am besten, du lässt sie in Ruhe“.
Das war mir recht und Thomas hatte es plötzlich sehr eilig wegzukommen. Mit den Worten, „sie heißt übrigens Layla“ war er auch schon verschwunden.
Da saß sie nun also auf dem Sofa und verzog keine Mine. Hatte sie verstanden, was eigentlich los war? Ich trank meinen Kakao aus und stellte für Layla Wasser hin. Sie war eigentlich sehr hübsch, hatte langes Haar und fast schon schwarze Augen. Etwas unbeholfen holte ich eine Decke und bedeutete Layla, dass ich angesichts der fortgeschrittenen Zeit daran dachte ins Bett zu gehen. Sie konnte es sich auf dem Sofa bequem machen. Wenn das meine Leute sehen würden. Meine Mutter würde sicher hysterisch reagieren. Hoffentlich kam Thomas rechtzeitig um seine Layla abzuholen. Langsam dämmerte es mir, dass ich mich schon wieder auf etwas eingelassen hatte, was ich schwer bereuen könnte. Ich murmelte eine „gute Nacht“ und zog die Tür hinter mich zu. Allerdings ließ ich sie einen Spalt weit auf. Nachdem ich mich Bettfertig gemacht hatte, lauschte ich was Layla wohl machen würde und schlich mich dann in mein Zimmer. Auch hier ließ ich die Tür einen Spalt weit auf. Man weiß ja nie. Obwohl ich müde war, wollte sich der Schlaf nicht einstellen. Die Situation war schon Filmreif. Dann döste ich doch kurz ein um sofort durch ein Geräusch wieder wach zu werden. Was war das? Ich hielt den Atem an. Die Wohnzimmertür knarrte und anschließend die Tür zu meinem Zimmer. Noch bevor ich richtig kapierte was los war, befand sich Layla plötzlich in meinem Bett. Sie lag regelrecht auf mir drauf und ihr heißer Atem streifte mein Gesicht. Das durfte doch wohl nicht wahr sein. Mundgeruch hatte sie auch noch. So sehr ich mich bemühte seitlich wegzukommen, so schwer lag sie auf mir und machte es unmöglich. Gefangen ergab ich mich meinem Schicksal. Ihre Zunge war rau und der Speichelfluss unkontrolliert. Tiefe und gleichmäßige Atemzüge signalisierten eine halbe Stunde später, dass sie endlich eingeschlafen war. Irgendwie hatte auch ich es geschafft einzudösen. Am nächsten Morgen klingelte es und ich schoss wie eine Rakete aus dem Bett. Das musste Thomas sein. Ich eilte zur Tür, nahm die Sicherungskette ab und vor mir standen Oma und Eltern. Ich hatte nur ein knappes Höschen an und wollte Richtung meines Zimmers verschwinden als meine Mutter brüllte: „wer ist das. So etwas dulde ich nicht.“
Vater lachte: „na so ein Windhund“ und Oma schüttelte den Kopf. Layla stand im Flur und sah meine Familie erstaunt an. Dann erschien Thomas und Layla rannte auf ihn zu um mit ihm zu verschwinden.
„Und was war das, bitteschön?“ fragte meine Mutter als sie sich vom ersten Schreck erholt hatte. Na was wohl, ein Afghanischer Windhund namens Layla
 
C

Cindy07

Guest
AW: Meine afghanische Nacht

danke sdosti, wie immer klasse geschrieben:lol::lol::lol::lol:
 
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SemanurYunus

Guest
AW: Meine afghanische Nacht

:lol: ja das wär ja mal was :)
Dann wäre ich jedenfalls net so gelangweilt auf meinem Stuhl gesessen :lol:
 
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