"Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

Leben wir über unsere Verhältnisse?

  • Ja, ich fühle mich da angesprochen

    Votes: 2 12,5%
  • Nein, ich lebe auf bescheidenem Niveau

    Votes: 13 81,3%
  • Die Anderen sind Schuld

    Votes: 0 0,0%
  • Die Politiker glauben, jeder lebt so wie sie

    Votes: 2 12,5%

  • Total voters
    16
  • Poll closed .
S

sdost

Guest
...so umschrieb es erst kürzlich der Bundespräsident bei seiner Rede anlässlich der Finanzkrise. Fühlt ihr euch da angesprochen? Lebt der Normalbürger in Saus und Braus, oder weiß der Bundespräsident gar nicht, wie es an der Basis des Staates zugeht?
 
C

Cindy07

Guest
AW: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

ich habe zumindest nicht über meine verhältnisse gelebt. wer weiß, von wem er spricht.selst etwas auf die hohe kante legen ist unmöglich, weil alles teurer geworden ist und die löhne nicht im gleichen maße gestiegen sind.
 
P

Pit63

Guest
AW: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

Ist schon interessant; in der Geschichte haben systembedingt fast ausnahmslos wenige sehr viel und viele sehr wenig besessen. Nun läuft es in der sogenannten ersten Welt für die breite Bevölkerung gerade mal 50 Jahre lang etwas besser (in der zweiten und dritten Welt eher nicht, zum Teil sogar schlechter). Schon wird seitens eines Staatsoberhaupts so ein Schwachsinn verzapft, ganz so, als könnte es gar nicht anders sein, als sei eine stabile, nachhaltige Wirtschaft mit einem ausgeglichenen Geldwesen und kontinuierlicher technischer Entwicklung tatsächlich gar nicht möglich, als wäre ein breiter wohlhabender Mittelstand ein vorübergehender Glücksfall, der den "Naturgesetzen" widerspreche.
Von den Ressourcen her könnte es allen Menschen relativ gut gehen.
Das setzt drei Dinge voraus:
Bildung, Verteilungsgerechtigkeit sowie ein Geld- und Wirtschaftssystem, das Anreize für arbeitsteiliges Zusammenwirken schafft, ohne der sozialdarwinistischen Gier Spielraum zu lassen.
Um diese Voraussetzungen zu verwirklichen, müssten allerdings Dinge gesagt und getan werden, die im Programm der Oberschicht nicht vorkommen, nicht vorkommen dürfen.
 

wild boy

Member
AW: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

also, wir leben definitiv nicht über unser Verhältniss.
Es fällt uns schon schwer, regelmässig Geld auf die hohe Kante zu legen.
Im Gegensatz zu unseren Ausgaben sind unsere Löhne nämlich nicht/ kaum gestiegen.
Und wir arbeiten beide sehr viel und hart.
Die Herren Politiker haben keine Ahnung wie es bei den Normalbürgern zugeht.
Die würden mit unseren Gehältern und Ausgaben auch keine 3 Monate überleben!
 

TheCore

Moderator
AW: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

Über meine Verhältnisse lebe ich nicht, aber so hat Köhler es vermutlich auch nicht gemeint.

Von den Ressourcen her könnte es allen Menschen relativ gut gehen.

Von den Ressourcen her könnte es allen Menschen relativ gut gehen.

Soweit ich mich mit den Lebensstandards anderer Länder beschäftigt habe, erscheint mir sehr zweifelhaft, dass das, was von den Ressourcen her für wirklich alle möglich ist, auch nur annähernd an den unteren Rand der deutschen Skala heranreicht. In diesen Zusammenhang muss man auch die Verhältnisse setzen, die man vorfindet, egal ob als armer Deutscher oder als reicher Deutscher.
Das immer wieder von links aufgerollte Umverteilungskonzept ist nicht im mindesten sozial sondern nur ein an Egoismus ebenbürtiger Gegenentwurf zum "Neoliberalismus", der sich naturgemäß einer anderen Logik bedienen muss. Wer willkürlich eine Gruppe definiert, an deren unterem ökonomischen Ende er steht, und behauptet, das Gefälle innerhalb der Gruppe wäre schreiendes Unrecht, kann nur gewinnen. So ähnlich wird gegebenenfalls auch der am schlechtesten vergütete DAX-Vorstand in die Gehaltsverhandlung schreiten. Wer das als sozial verkaufen möchte, der muss seine Referenzgruppe schon global wählen. Das wäre eine aber eine politisch unverkäufliche Position, zumindest in Deutschland.
 
S

sdost

Guest
AW: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

@TheCore, so wie ich das sehe, stammst du aus einer wohlhabeneren Familie, bist vielleicht sogar Sohn eines Unternehmers. Damit stellt sich für dich die Lebenssituation völlig anders dar, als für den überwiegenden Teil der Gesellschaft
 

Kedi08

Active Member
AW: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

Wie definiert der Bundespräsident in diesem Zusammenhang "Wir"? Meint er damit jeden einzelnen Bürger mit dem ihm persönlich zur Verfügung stehenden Budget? Oder unseren Staat als Ganzes mit seinen Einrichtungen?

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass unser Land im Vergleich mit anderen ein gut ausgeprägtes Sozialsystem hat. Viel zu lange haben wir uns den Luxus gegönnt, auch Unwillige und Ausbeuter von diesem System mit satt werden zu lassen. Ein wohlwollendes Wegschauen, dass sich rächt. Zumal der demografische Wandel und seine immer weniger werdenden Finanzierer dieses Systems lange bekannt waren.

Der gemeine Bürger, insbesondere die untere Mittelschicht, die so eben grade mit ihrem Einkommen an den Voraussetzungen für staatliche Zuschüsse vorbeischrammt, kann jedoch hier wohl kaum gemeint sein. Diese Schicht lebt gezwungenermaßen ständig über ihre persönlichen Verhältnisse, nur dass man es ihr nicht vorwerfen kann.
Herr Köhler, wann waren sie das letzte Mal Kinderschuhe kaufen?
 
P

Pit63

Guest
AW: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

Über meine Verhältnisse lebe ich nicht, aber so hat Köhler es vermutlich auch nicht gemeint.





Soweit ich mich mit den Lebensstandards anderer Länder beschäftigt habe, erscheint mir sehr zweifelhaft, dass das, was von den Ressourcen her für wirklich alle möglich ist, auch nur annähernd an den unteren Rand der deutschen Skala heranreicht. In diesen Zusammenhang muss man auch die Verhältnisse setzen, die man vorfindet, egal ob als armer Deutscher oder als reicher Deutscher.
Das immer wieder von links aufgerollte Umverteilungskonzept ist nicht im mindesten sozial sondern nur ein an Egoismus ebenbürtiger Gegenentwurf zum "Neoliberalismus", der sich naturgemäß einer anderen Logik bedienen muss. Wer willkürlich eine Gruppe definiert, an deren unterem ökonomischen Ende er steht, und behauptet, das Gefälle innerhalb der Gruppe wäre schreiendes Unrecht, kann nur gewinnen. So ähnlich wird gegebenenfalls auch der am schlechtesten vergütete DAX-Vorstand in die Gehaltsverhandlung schreiten. Wer das als sozial verkaufen möchte, der muss seine Referenzgruppe schon global wählen. Das wäre eine aber eine politisch unverkäufliche Position, zumindest in Deutschland.

Der status quo ist immer ein historisch gewachsener. Wenn die dahinter stehenden Gründe für die jeweiligen Entwicklungen nicht hinterfragt würden, stünde die Gesellschaft still.
Mir geht es um die jeweilige Identifikation mit "falschen" Motiven und Zielen sowie den daraus erwachsenden Verhaltensweisen, die darauf beruhen, dass man unter bestimmten Verhältnissen auf- bzw. in sie hineingewachsen ist.
Daraus folgt letztlich die "Wiederkehr des ewig Gleichen".
Ein alternativer Gesellschaftsentwurf sollte stets ein persönlicher, weitestgehend unabhängiger, mithin auch kein "reaktiver Gegenentwurf" sein, der strukturell denselben alten Wertevorstellungen folgt.
Dass die Armen an sich keine besseren Menschen sind, ist doch klar. Insofern sie leidgeprüfter sind, haben sie allenfalls ein in bestimmter Hinsicht ausgeprägteres Problembewusstsein, das den materiell behütetet aufgewachsenen und in diesen Verhältnissen verbleibenden Menschen im Zweifel fehlt.


P.S.: Ich war lange Zeit in der Versicherungsbranche tätig. Ich kann sagen, dass es mir materiell ziehmlich gut ging. Aus persönlicher Überzeugung habe ich einen anderen Weg gewählt. Ich beklage mich nicht. Ich habe nun zwar geringere Einkünfte, bin jedoch sehr zufrieden. Gleichwohl stelle ich fest, die Gesellschaft ist auf der Grundlage des mittlerweile allgegenwärtigen auf Verzinsung ausgerichteten Finanzsystems meiner Ansicht nach auf dem Holzweg. Das privatautonome Gewinnstreben unterläuft in diesem Rahmen unweigerlich den sozialen Zusammenhang, der für ein gedeihliches Zusammenleben unerlässlich ist. Die mediale Massenprogrammierung verdummt und hält die Menschen auf Linie, während sie an Tiefe und Wahrnehmungsfähigkeit verlieren.
 
P

Pit63

Guest
AW: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

Soweit ich mich mit den Lebensstandards anderer Länder beschäftigt habe, erscheint mir sehr zweifelhaft, dass das, was von den Ressourcen her für wirklich alle möglich ist, auch nur annähernd an den unteren Rand der deutschen Skala heranreicht. In diesen Zusammenhang muss man auch die Verhältnisse setzen, die man vorfindet, egal ob als armer Deutscher oder als reicher Deutscher.

Diese Annahme halte ich für einen fundamentalen Trugschluss, der auf der mehr oder weniger bewusst stets mit gestellten Frage basiert: Wer soll das bezahlen?
 

TheCore

Moderator
AW: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt"

Diese Annahme halte ich für einen fundamentalen Trugschluss, der auf der mehr oder weniger bewusst stets mit gestellten Frage basiert: Wer soll das bezahlen?

Nein, das basierte auf wiederum auf meiner Annahme, dass man, wenn man über Verteilungsgerechtigkeit im Sinne von Verteilungsgleichheit diskutiert, sich erstmal darüber klar werden müsste, wie ernst einem das aus der Gewohnheit eines Mitteleuropäers sein kann. Davon ausgehend, dass jemand, der über mehr Kapital verfügt als andere, von der Ausbeutung der anderen lebe, müsste doch zu berücksichtigen sein, dass das BIP pro Kopf in Deutschland mehr als fünfmal so hoch ist wie im globalen Durchschnitt. Obwohl der Wohlstand in reichen Ländern konzentriert ist, die damit hocheffizient wirtschaften können, ergibt sich weltweit lediglich eine Wertschöpfung von 7.500 Dollar pro Jahr und Nase. Betrachtet man die Länder auf diesem Niveau, würde es damit vielleicht allen "relativ gut" gehen, aber hierzulande würde es nahezu jedem erheblich schlechter gehen. Dass die absoluten Verhältnisse ganz ausgeblendet werden, veranschaulicht nur, dass die Begeisterung für relative Gleichheit mit der Erwartung steht und fällt, auf Seiten der Empfänger der Umverteilung zu sein. Entsprechend unglaubwürdig und wenig instruktiv ist die Forderung eines sozialen Ausgleichs, dessen national abgesteckter Wirkungskreis gerade zum eigenen Vorteil dimensioniert ist, der aber gleichzeitig begründet wird mit einer Moral, welche erst in einer (nie erzielbaren) global-allgemeinen Gleichverteilung des Wohlstandes verwirklicht wäre.
Das "Problembewusstsein" Armer wie Reicher erstreckt sich jeweils ziemlich genau auf die eigene Besserstellung.
 
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