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AylinDeniz
Guest
Gedanken über die letzten 10 Jahre
Noch eine gute Stunde, dann haben wir morgen. Morgen, eigentlich ein besonderer Tag für mich, der Tag wo ich mich früher drauf gefreut habe, geplant habe, aufgeregt war ob auch alles so klappt wie ich es mir vorstelle.
Heute ein Tag an dem ich nichts von allem mehr übrig geblieben ist.
Das morgen, ein Tag wie jeder andere.
Und so sitze ich nun hier und halte Rückblick. Rückblick auf die letzten 10 Jahre. Erinnere mich daran was ich genau heute Abend vor 10 Jahren gemacht habe. Da habe ich bei meinem damaligen Schwager gekellnert, eine große Hochzeit, viele Bekannte von mir die dort gefeiert haben, die Band gute Freunde von mir, es war ein schöner Abend gewesen.
Ja damals war ich ungebunden und frei, hatte einen großen Freundes- und Bekanntenkreis und habe mein Leben gelebt.
Bis ich zu dem Punkt kam wo ich mich gefragt habe ob das alles gewesen ist. Die Antwort lautete Nein und so machte ich mich auf zu neuen Ufern. Kündigte meinen sichern Job, und plante einen beruflichen Neuanfang. Der Zufall, obwohl ich nicht an Zufälle glaube, wollte es das ich für einen Sommer in der Türkei landete. Dort traf ich dann Ihn, den Mann wo ich nicht geglaubt habe das er existiert.
Wir liebten uns, wollten den Rest unseres Leben zusammen bleiben. In Deutschland, bei meinen Freunden bin ich auf sehr viel Unverständnis und Intoleranz gestoßen. Aber ich habe an mich geglaubt und habe mit der Hochzeit einen meiner schönsten Tage im Leben erlebt.
Jedes Jahr wenn dieser Tag näher rückte habe ich mir Gedanken gemacht ohne Ende. Sein besonderer Tag ist 2 Tage vor meinem. An seinem Tag habe ich mich teilweise selbst übertroffen, und an meinem gab es die Reste.
Aber ich wollte ja Rückblick halten und nicht von Gaumenfreuden erzählen.
Der Tag der Hochzeit wurde dann durch die Geburt unseres Sohnes noch übertroffen. Es war eine herrliche Zeit. Der eine Mann ließ mich seine Liebe jeden Tag fühlen und der andere lächelte mich immer selig an.
Was dann folgte wurde die schlimmste Zeit in diesen 10 Jahren.
Trauer, Wut, Unverständnis, Zweifel, Tränen und schließlich das Allein sein.
In dieser Zeit, die sehr lange angedauert hat, habe ich versucht mich wieder hier anzupassen. Jemand zu sein der ich eigentlich nicht wahr, meine Träume, Sehnsüchte habe ich versucht zu verstecken, und wurde krank davon.
Als dann die schreckliche Zeit vor 5 Jahren erklärbar und teilweise nachvollziehbar wurde, wusste ich das meine Zeit, die ich bis dahin hier verbracht hatte, eine Lüge war. Eine Lüge vor mir selber.
Ich versuchte aus dieser Lüge auszubrechen, aber es hat lange Zeit gedauert. Ich befand mich zwischen 2 Welten, die eine war die Realität, das Heute und Hier, die andere die Zeit vor 5 Jahren. Eine Welt der Erinnerung und Freude.
Ich wusste was ich zu tun hatte, ich wusste das ich nicht noch einen besonderen Tag verbringen will ohne zu wissen was und wer ich bin.
Also tat ich was ich tun musste. Und heute, heute sitze ich wieder alleine hier, aber ich weiß wer ich bin und ich bin nicht einsam. Es gibt einen besondern Menschen der an mich denkt, der mir Nahe ist, der einfach immer bei mir ist.
Wir wollten diesen Abend heute, zusammen verbringen, es hat leider nicht sein sollen.
Und so sitze ich hier, rufe mir Bilder aus den letzten 10 Jahren hervor, wie ich mit Freunden getanzt habe, den ersten gemeinsamen Sonnenuntergang, der Abschied aus Deutschland, die Angst vor meiner OP, der Abschied aus meiner Heimat- ja die Türkei ist meine Heimat geworden, der Streit und damit verbundene Abschied von meiner Mutter, schöne und weniger schöne Momente und Gefühle meines Lebens und frage mich: Was werden die nächsten 10 Jahre bringen??