hatayli23
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AW: Aleviten
Vier Tore Vierzig Pforten
folgt demnächst
Geschichte
Das Alevitentum entstand im 13. Jahrhundert aus der Verschmelzung der Schia in Gestalt der Verehrung von Ali mit dem alttürkischen Kam (entspricht grob dem sibirischen Schamanismus) sowie der mystischen Interpretation des Koran. Diese Entwicklung wird vor allem auf Haci Bektas-i Veli und weitere Geistliche zurückgeführt.
An manchen Stellen des Alevitischen Glaubensdienstes, dem Cem, kann man Elemente des christlichen Abendmahlss wiederentdecken. Aleviten entwickelten auch ein Modell der Trinität in Gestalt von Allah, Muhammed und Ali.
Unter den Osmanen wurden die Aleviten aus Unkenntnis über ihren Glauben als Häretiker verfolgt. Im 16. Jahrhundert führte der aus dem Yemen stammenden Dichter Pir Sultan Abdal alevitische Aufstände für Gerechtigkeit und Glaubensfreiheit gegen die brutale und machtgierige Unterdrückungs-Politik der Osmanen an. Diese schlugen die Aufstände blutig nieder. Pir Sultan Abdal wurde gehängt, doch sein Mut und seine Tapferkeit werden bis heute gerühmt und Aleviten eifern ihm darin nach.
Wegen der Unterdrückung und bedrohten Lage der Aleviten unter anderen Muslimen kam es im Laufe der Zeit immer wieder zu blutigen Aufständen. Erst seit der Gründung der modernen Türkei genießen sie eine teilweise Glaubensfreiheit. Doch auch vom türkischen Staat sind sie bis heute nicht als religiöse Minderheit anerkannt (da sie ja wie oben erwähnt als Muslime zählen, siehe "Aktuelle Lage"). Gegenwärtig haben sie sich aber in den Mittelschichten etabliert.
Kizilbas und Bektaschi Aleviten
folgt demnächst
Politische Haltung
Aleviten stehen grundsätzlich loyal zur türkischen Republik. Sie wählen größtenteils die Republikanische Volkspartei und keine islamischen Parteien. Diese Loyalität ist historisch darin begründet, dass Aleviten erst seit der Gründung der Türkei ihren Glauben relativ ungestört vom Staat ausüben durften. Bis dahin wurden sie stets verfolgt.
Überdurchschnittlich viele Aleviten sind jedoch auch dem politisch linken Spektrum zuzuordnen. Kurdische Aleviten neigen dazu, die Republikanische Volkspartei zu meiden, da diese direkten Einfluss auf das türkische Militär ausübt. Die aktuelle Lage der Aleviten in der Türkei
Die Situation der Aleviten ist auch gegenwärtig von starken Spannungen mit den viel konservativeren Sunniten bestimmt. Zwar dürfen die traditionellen alevitischen Feste inzwischen in der Türkei offen gefeiert werden, allerdings offiziell nicht als religiöse, sondern lediglich als Folkloreveranstaltungen. Dies ist in der recht speziellen Form der Trennung von Staat und Kirche in der kemalistischen Türkei begründet.
Diese Herabsetzung von Ritualen wie dem "Cem", die für den alevitischen Glauben zentral sind, wird von Aleviten als Diskriminierung empfunden. Denn trotz der staatlichen Religionsfreiheit in der Türkei gab und gibt es dort starken Druck auf ihre Anhänger, sich dem sunnitischen Islam zuzuwenden oder ihren Glauben zumindest nicht offen auszuleben. So kam es zum Beispiel 1978 in den Städten Çorum und Kahramanmaraş zu anti-alevitischen Pogromen. 1993 wurden während eines alevitischen Kulturfestivals in Sivas 37 Aleviten durch einen Brandanschlag auf ihr Hotel ermordet. Diese Massenmorde und Massaker an Aleviten geschahen mit Duldung der staatlichen Organe. Sie haben ein gewolltes Klima geschaffen, in dem Aleviten sich gezwungen sehen könnten, das Alevitentum zu verheimlichen oder dem sunnitischen Islam zu folgen.
Hinzu kommt eine erzwungene "Sunnitisierung" von traditionell alevitischen Siedlungsgebieten. Selbst in mehrheitlich alevitischen Dörfern wurden auf kosten der dortigen alevitischen Steuerzahler sunnitische Moscheen gebaut. Dies zeigt, dass die Aleviten bis heute von anderen Muslimen nicht als eigenständige und gleichberechtigte Religionsgemeinschaft anerkannt werden. Auch Sunniten in Deutschland versuchen zum Teil, auf alevitische Familien "sozialen Druck" auszuüben.
Die Europäische Kommission hat die Diskriminierung der Aleviten in der Türkei im Rahmen von deren Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union mehrfach kritisiert: zuletzt in der „Empfehlung zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt“ vom 4. Oktober 2004. Ein Beitritt der Türkei zur EU ohne Anerkennung der Aleviten als muslimische Minderheit oder zumindest eigenständige Religion ist aufgrund der alle EU-Staaten verpflichtenden Religionsfreiheit daher undenkbar.
Aleviten in Deutschland
Der prozentuale Anteil der Aleviten an den aus der Türkei stammenden Menschen in Deutschland ist höher als der Anteil der Aleviten an der türkischen Bevölkerung. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass türkische Einwanderer zu einem großen Anteil aus Gebieten in der Türkei kamen, die hauptsächlich von Aleviten bewohnt waren. Andererseits erfolgte in den 80er Jahren eine verstärkte Einwanderung als Asylsuchende, da die meisten Aleviten vor dem Militärputsch auf der Seite der Opposition standen.
Obwohl die Aleviten in Deutschland eine recht homogene Gruppe bilden kann man doch zumindest drei "Richtungen" erkennen. Die Gruppe der "modernen Aleviten" (die größte Gruppe) sieht das Alevitentum als eigenständige Religion. Dieser Gruppe ist bewußt, dass das Alevitentum nicht so wie vor mehreren Jahrzehnten in türkischen Dörfern praktiziert werden kann. Statt einer Isolierung vertreten diese Aleviten die Öffnung hin zur Gesellschaft, z.B. durch die Forderung, die alevitische Religion gesetzlich anzuerkennen und eigenen Religionsunterricht erteilen zu dürfen. Nach dieser Ansicht ist das Alevitentum eine Religion unter vielen in einer multireligiösen Gesellschaft und es deswegen auch selbstverständlich, dass Menschen dem Alevitentum beitreten können.
Eine kleinere Gruppe von Aleviten sieht sich in erster Linie als Moslem und nicht als Alevit. Sie versuchen deswegen auch eine Annäherung an die Sunniten zu erreichen, z.B. in dem sie neben dem Cem-Gottesdienst auch das sunnitische Gebet in einer Moschee verrichten. Gleichzeitig will diese Gruppe aber das ursprüngliche Alevitentum bewahren und lehnt jede "Modernisierung" ab.
Vier Tore Vierzig Pforten
folgt demnächst
Geschichte
Das Alevitentum entstand im 13. Jahrhundert aus der Verschmelzung der Schia in Gestalt der Verehrung von Ali mit dem alttürkischen Kam (entspricht grob dem sibirischen Schamanismus) sowie der mystischen Interpretation des Koran. Diese Entwicklung wird vor allem auf Haci Bektas-i Veli und weitere Geistliche zurückgeführt.
An manchen Stellen des Alevitischen Glaubensdienstes, dem Cem, kann man Elemente des christlichen Abendmahlss wiederentdecken. Aleviten entwickelten auch ein Modell der Trinität in Gestalt von Allah, Muhammed und Ali.
Unter den Osmanen wurden die Aleviten aus Unkenntnis über ihren Glauben als Häretiker verfolgt. Im 16. Jahrhundert führte der aus dem Yemen stammenden Dichter Pir Sultan Abdal alevitische Aufstände für Gerechtigkeit und Glaubensfreiheit gegen die brutale und machtgierige Unterdrückungs-Politik der Osmanen an. Diese schlugen die Aufstände blutig nieder. Pir Sultan Abdal wurde gehängt, doch sein Mut und seine Tapferkeit werden bis heute gerühmt und Aleviten eifern ihm darin nach.
Wegen der Unterdrückung und bedrohten Lage der Aleviten unter anderen Muslimen kam es im Laufe der Zeit immer wieder zu blutigen Aufständen. Erst seit der Gründung der modernen Türkei genießen sie eine teilweise Glaubensfreiheit. Doch auch vom türkischen Staat sind sie bis heute nicht als religiöse Minderheit anerkannt (da sie ja wie oben erwähnt als Muslime zählen, siehe "Aktuelle Lage"). Gegenwärtig haben sie sich aber in den Mittelschichten etabliert.
Kizilbas und Bektaschi Aleviten
folgt demnächst
Politische Haltung
Aleviten stehen grundsätzlich loyal zur türkischen Republik. Sie wählen größtenteils die Republikanische Volkspartei und keine islamischen Parteien. Diese Loyalität ist historisch darin begründet, dass Aleviten erst seit der Gründung der Türkei ihren Glauben relativ ungestört vom Staat ausüben durften. Bis dahin wurden sie stets verfolgt.
Überdurchschnittlich viele Aleviten sind jedoch auch dem politisch linken Spektrum zuzuordnen. Kurdische Aleviten neigen dazu, die Republikanische Volkspartei zu meiden, da diese direkten Einfluss auf das türkische Militär ausübt. Die aktuelle Lage der Aleviten in der Türkei
Die Situation der Aleviten ist auch gegenwärtig von starken Spannungen mit den viel konservativeren Sunniten bestimmt. Zwar dürfen die traditionellen alevitischen Feste inzwischen in der Türkei offen gefeiert werden, allerdings offiziell nicht als religiöse, sondern lediglich als Folkloreveranstaltungen. Dies ist in der recht speziellen Form der Trennung von Staat und Kirche in der kemalistischen Türkei begründet.
Diese Herabsetzung von Ritualen wie dem "Cem", die für den alevitischen Glauben zentral sind, wird von Aleviten als Diskriminierung empfunden. Denn trotz der staatlichen Religionsfreiheit in der Türkei gab und gibt es dort starken Druck auf ihre Anhänger, sich dem sunnitischen Islam zuzuwenden oder ihren Glauben zumindest nicht offen auszuleben. So kam es zum Beispiel 1978 in den Städten Çorum und Kahramanmaraş zu anti-alevitischen Pogromen. 1993 wurden während eines alevitischen Kulturfestivals in Sivas 37 Aleviten durch einen Brandanschlag auf ihr Hotel ermordet. Diese Massenmorde und Massaker an Aleviten geschahen mit Duldung der staatlichen Organe. Sie haben ein gewolltes Klima geschaffen, in dem Aleviten sich gezwungen sehen könnten, das Alevitentum zu verheimlichen oder dem sunnitischen Islam zu folgen.
Hinzu kommt eine erzwungene "Sunnitisierung" von traditionell alevitischen Siedlungsgebieten. Selbst in mehrheitlich alevitischen Dörfern wurden auf kosten der dortigen alevitischen Steuerzahler sunnitische Moscheen gebaut. Dies zeigt, dass die Aleviten bis heute von anderen Muslimen nicht als eigenständige und gleichberechtigte Religionsgemeinschaft anerkannt werden. Auch Sunniten in Deutschland versuchen zum Teil, auf alevitische Familien "sozialen Druck" auszuüben.
Die Europäische Kommission hat die Diskriminierung der Aleviten in der Türkei im Rahmen von deren Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union mehrfach kritisiert: zuletzt in der „Empfehlung zu den Fortschritten der Türkei auf dem Weg zum Beitritt“ vom 4. Oktober 2004. Ein Beitritt der Türkei zur EU ohne Anerkennung der Aleviten als muslimische Minderheit oder zumindest eigenständige Religion ist aufgrund der alle EU-Staaten verpflichtenden Religionsfreiheit daher undenkbar.
Aleviten in Deutschland
Der prozentuale Anteil der Aleviten an den aus der Türkei stammenden Menschen in Deutschland ist höher als der Anteil der Aleviten an der türkischen Bevölkerung. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass türkische Einwanderer zu einem großen Anteil aus Gebieten in der Türkei kamen, die hauptsächlich von Aleviten bewohnt waren. Andererseits erfolgte in den 80er Jahren eine verstärkte Einwanderung als Asylsuchende, da die meisten Aleviten vor dem Militärputsch auf der Seite der Opposition standen.
Obwohl die Aleviten in Deutschland eine recht homogene Gruppe bilden kann man doch zumindest drei "Richtungen" erkennen. Die Gruppe der "modernen Aleviten" (die größte Gruppe) sieht das Alevitentum als eigenständige Religion. Dieser Gruppe ist bewußt, dass das Alevitentum nicht so wie vor mehreren Jahrzehnten in türkischen Dörfern praktiziert werden kann. Statt einer Isolierung vertreten diese Aleviten die Öffnung hin zur Gesellschaft, z.B. durch die Forderung, die alevitische Religion gesetzlich anzuerkennen und eigenen Religionsunterricht erteilen zu dürfen. Nach dieser Ansicht ist das Alevitentum eine Religion unter vielen in einer multireligiösen Gesellschaft und es deswegen auch selbstverständlich, dass Menschen dem Alevitentum beitreten können.
Eine kleinere Gruppe von Aleviten sieht sich in erster Linie als Moslem und nicht als Alevit. Sie versuchen deswegen auch eine Annäherung an die Sunniten zu erreichen, z.B. in dem sie neben dem Cem-Gottesdienst auch das sunnitische Gebet in einer Moschee verrichten. Gleichzeitig will diese Gruppe aber das ursprüngliche Alevitentum bewahren und lehnt jede "Modernisierung" ab.