(....)Das Recht auf freie Schulwahl hingegen ist weitaus schwächer und leichter einschränkbar. Dieser Tage gibt es in z.B. Köln große Dramen, weil die Plätze an Gymnasien und Gesamtschulen knapp sind. Das Aufnahmeverfahren, in das allerlei mehr oder weniger transparente Kriterien - Geschwisterkinder, Schulweg, aber auch hochnotpeinliche Bewerbungsgespräche bis hin zu Vorspielen auf der Trompete, wie bei meinem Neffen, vorkommen - schränkt die Schulwahl de facto gewaltig ein und kann zu morgendlichem Pendeln quer durch die Stadt an 5 anderen Gymnasien vorbei führen. Dass ethnische Zugehörigkeit auch ein (heimliches) Kriterium ist, ist ein offenes Geheimnis (...)
Okay, das Argument überzeugt; das kenne ich auch von hiesigen Schulen. Wobei ich erlebt hab, dass die Aufnahmekriterien an weiterführenden Schulen oft dermaßen undurchschaubar waren, dass man für das Gegenteil regelrecht dankbar sein musste. Wie sich das inzwischen entwickelt hat, weil ich nicht (nicht selten liegt's nur an der Schulleitung), aber in zwei Fällen haben Migranteneltern aus meinem Umfeld sich nur getraut, ihr Kinder an anderen Schulen anzumelden und sich später über die Schulartenempfehlungen hinwegzusetzen, weil ich ihnen ordentlich Wind unter den Flügeln gemacht hab. Hat geklappt. Der mittlerweile erwachsene Knabe, der ursprünglich auf eine (schreckliche) Grund- und Hauptschule und später auf die Realschule sollte, hat anstandslos sein Abi gemacht und studiert BWL; und das musikalisch enorm begabte Mädchen, das wegen einer 4 zu viel an die Realschule verwiesen wurde, hat's trotzdem mühelos dank Vorspiel an den musischen Zweig eines Gymnasiums geschafft und inzwischen ebenfalls ihr Abi. Na bitte, geht doch! Aber da muss man echt hinterher sein und den Eltern Mut machen, wenn man den Eindruck hat, die Empfehlung passt nicht zum Kind, weil es deutlich plietscher ist und mehr erreichen könnte. Absolut blöd, dass der Sprung auf höhere Schulen teilweise nur von solchen individuellen Gegebenheiten abzuhängen scheint...
Allerdings (aber nur einmal) bekam ich mit, dass ein türkischer Junge von seiner Klassenlehrerin an der Realschule fürs Gymnasium empfohlen wurde. Sie vereinbarte eine Probewoche für ihn, alles lief gut; die Schule hätte ihn aufgenommen. Er wollte auch dahin. Wer leider nicht mitspielte, waren seine Eltern. Das fand ich ungewöhnlich und sehr schade für den Jungen, weil ich es sonst eigentlich immer nur anders mitbekommen hatte. Außer in der deutschen Familie eines früheren Liebsten, wo sich der Vater zwar traute, das Kind entgegen der Empfehlung für die Hauptschule an einer Realschule anzumelden - aber als dann die Abi-Frage im Raum stand, gab es richtig Knatsch. Dem Vater, gelerntem Handwerker, war's offenbar unheimlich, dass der Sohn ihn zu "überflügeln" drohte. Jedenfalls unglaubliches Hin und Her inklusive Rauswurf daheim usw., bis der Sohn sich endlich durchsetzen konnte, Abi machte, studierte - und ratet, wer heute stolz wie ein Sack Flöhe auf ihn durch die Stadt läuft. Der Vater!
Der eigentlich echt sympathisch ist, nur stur wie ein norddeutscher Backstein. Raue Schale, weicher Kern. ^^