S
sdost
Guest
Eigentlich hatte ich ja vor, den Abend bei TT, dem weltbesten Internetforum, zu verbringen. Mustafa, ein Kollege aus der Firma in der ich in den Ferien jobbte, hatte da völlig andere Vorstellungen. Während der Arbeit nervte er den ganzen Tag mit Erzählungen über seine Freundschaft zu Ibrahim Tatlisses. Er würde ihn noch von früher kennen. Natürlich glaubte ihm niemand und er wurde dann auch gewaltig veralbert. Das schien ihm sehr nahe gegangen zu sein und nun stand er plötzlich vor der Tür und wedelte mit 4 Eintrittskarten für ein Ibo-Konzert. Mach dich fertig, ich warte auf dich. In zwei Stunden geht das Konzert los. Da ich ja grundsätzlich immer fast fertig bin, brauchte ich auch nur 5 Minuten um mich ins wartende Auto zu quetschen. Zwei weitere Kollegen saßen schon im Wagen und begrüßten mich überschwänglich. In forschem Tempo ging es dann nach Hamburg, wo Ibo ein Geheimkonzert gab. Nur ausgewählte Gäste durften dabei sein. Die Fahrt dauerte rund 90 Minuten. Der Saal war wie ein Casino zurecht gemacht. Zwischen Bühne und Zuschauersitzen war ein ca. 20 Meter breiter Streifen mit Tischen und je 4 Stühle möbliert worden, so dass der Eindruck einer intimen Atmosphäre aufkam. Wir setzten uns schon mal hin und bestellten Getränke. Mustafa war sehr angespannt und raunte uns zu, dass er noch eben für dicke Flusspferde müsse. Er verschwand im Dunkeln und ich hatte nun auch das Bedürfnis meinem Bedürfnis freien Lauf zu lassen und eilte hinterher. Natürlich fand ich die Schei..ä..Toiletten nicht und drohte mich hoffnungslos zu verlaufen. Ich sah schon die Schlagzeilen vor mir. „Beim Abriss der Musikhalle, wurde ein Skelett gefunden. Es handelt sich sehr wahrscheinlich um sdost, der vor 60 Jahren dort spurlos verschwand.“ Doch da hörte ich die Stimme von Mustafa und folgte ihr in der Hoffnung endlich Erleichterung zu finden. Was machte Mustafa aber im Künstlerbereich? Denn das waren die Räume für die Musiker. Vorsichtig schlich ich mich heran und äugte durch den Türspalt. Was war das? Mustafa kniete vor Ibrahim Tatlisses, der wie ein Sultan auf einem Stuhl saß.
„Bitte, Ibo-Bey ich bin dein größter Fan, habe alle deine CD’s, alle Filme gesehen. Nur dieser eine Gefallen, dann kannst du über mich verfügen wie du willst.“
„Was sollte ich mit dir schon anfangen können?“
Mustafa öffnete seine Brieftasche und förderte 50 Euro zutage.
„Hier, das ist für dich.“
„Willst du mich beleidigen?“
„100 Euro?“
„Na gut, das klingt schon besser. Was soll ich also sagen?“
„Einfach nur während des Konzerts an meinen Tisch kommen und mir die Hand geben und laut sagen: Hallo Mustafa, alter Freund schön dich zu sehen.“
„Oje, das kann ich mir nicht merken“.
„150 Euro und meine türkische Rolex“.
„Na gut. Also ich komm dann ca. 30 Minuten nach Konzertbeginn an deinen Tisch und nun lass mich in Ruh’.“
Mustafa küsste Ibos Füße und verließ den Raum. Ich drückte mich flach an die Wand und ließ ihn an mir vorbei gehen. Dann ging auch ich wieder zurück, fand unterwegs tatsächlich die Toiletten und kam befreit an unseren Tisch zurück. Als ich mich setzte erzählte Mustafa von seinem alten Kumpel Ibo.
„Im Grunde ist das ein dummer Schwachkopf. Wir haben ihn immer nur verachtet. Ein Parvenü, wenn ihr wisst was ich meine.“
Ich verstand nun gar nichts mehr. Die Show begann, Ibo tanzte wie üblich und seine Stimme war tatsächlich so schlecht wie auf den CD’s. Vorsichtig lugte ich auf die Uhr, es waren schon 40 Minuten vergangen und Ibo hatte wohl Mustafa vergessen. Ich amüsierte mich köstlich. 150 Euro und eine Rolex für drei Euro für nichts. Doch in diesem Moment kam Ibo tatsächlich. Er sang weiter während er an unseren Tisch kam. Alle waren wie vom Donner gerührt. Mustafa hatte also nicht gelogen. Nur ich wusste ja, wie es tatsächlich war. Ibo kam sehr nahe an Mustafa heran und umarmte mich.
„Hallo ä….mein alter Freund, schön dich zu sehen.“
Dann ging er wieder auf die Bühne zurück und sang weiter. Alle starrten mich an, Blicke voller Bewunderung lagen auf mir. Mustafa stand wütend auf und rief uns zu „kommt, wir gehen.“ Richtung Bühne brüllte er: „Blöder Kurde“.
