Bukalemun
Well-Known Member
Kapitel 1
Um Punkt 1 Uhr verließ sie die Hotellobby. Es war eine lauwarme Sommernacht und sie trug ihr neues Sommerkleid und gefakte Dior-Schühchen mit Glitzersteinen (was sich später als Fehler herausstellen sollte). Nach all den Verletzungen und dem Trauma, das sie durch ihren gewalttätigen Ex-Verlobten in den letzten Jahren durchmachen musste, erblühte sie in der Türkei zu neuem Leben. Ihre beste Freundin Johanna, auch eine alleinerziehende Mutter, führte intensive Gespräche mit ihr und so kam es, dass Mel langsam zu akzeptieren begann, dass es nicht ihre eigene Schuld war, was mit ihr passiert war. Und sie fasste neuen Mut, das Leben zu genießen und wo auch immer möglich, an sich selbst zu denken. „Nur eine glückliche Mutter kann ein glückliches Kind großziehen“ sagte Johanna. Und so nahm Mel sich vor, sich ab und zu mal das Glücklichsein zu erlauben. Dieses nächtliche Date war der erste Schritt dazu. Sie fühlte sich wunderbar aufgeregt, grüßte freundlich die Pförtner und wartete an der Ecke des Hotels. Wo genau wollte er warten? Sie wusste es nicht genau. In der Hoteldisco war es laut und er durfte ja nicht zu lange mit ihr sprechen, damit bei den anderen (Animateuren) kein Verdacht aufkommen könne.
Ein lauter Pfiff durchbrach ihre Gedanken. Serkan wartete an der Dolmushaltestelle und winkte Mel herbei. Als sie ihn zur Begrüßung umarmte, beschwerte sie sich lachend. „Ich bin doch kein Hund, warum pfeifst du nach mir?“ „Kameras“ sagte er trocken. „Look! Everywhere cameras from hotel!“ Es war ihm unangenehm, dass er Mel sagen musste, er wolle nicht, dass jeder im Hotel über jeden seiner Schritte Bescheid wisse. „Like in military“ erklärte er. „No freedom.“ Er nahm Mels Hand, als ob er sie durch den Dschungel von Hotels, Taxiständen und Läden führen und beschützen wolle. Auf dem Weg zur Promenade rauchten sie eine Zigarette. Mel war stolz, mit dem attraktivsten Mann des Hotels ein Date zu haben. Dass niemand davon wusste außer Johanna machte sie nichts. Sie tat es für sich, es war gut für ihr Selbstbewusstsein. Und es waren ja auch nur ein paar Stunden.
An jeder Ecke, alle paar Meter ging ein Pärchen. Meist waren es junge Mädchen mit ebenso jungen, sportlich aussehenden Jungs mit hochgegelten Haaren, seitlich rasiert, in schicken Jeans und lässigen Shirts. Irgendwie fand Mel es, wohl wegen ihrer Vorgeschichte, beruhigend, nicht alleine mit Serkan unterwegs zu sein. Immerhin war es ihr erstes Date nach langer Zeit. Und ihr erstes Date mit einem Türken überhaupt. Serkan war nicht besonders romantisch schien es und Mel war froh, dass er nicht gleich mit Sprüchen wie „Deine Augen sind so wunderschön“ aufwartete. Stattdessen sprachen sie über Schulausbildung, sein Studium, ihren Job. Ihrer beider Familien. Er blühte auf und erzählte wunderbare Anekdoten von seiner Oma, die wohl leichte Probleme mit dem Kurzzeit-Gedächtnis hat, was oft zu Verwechslungen führte.
Sie erreichten den kleinen Hafen, in dem die Wassersportstationen allerlei Vehikel über Nacht „parkten“. Serkan suchte einen Zugang zum Wasser. Riesige Steinen brachen die kleinen Wellen des Meers zu einem beruhigenden Gluckern und Rauschen. Mels kleine Riemensandalen waren nicht gerade Bergsteiger-Ausrüstung, so verletzte sie sich leicht an einer scharfen Kante. Serkan beeindruckte dieses Frauenproblem wenig und Mel wunderte sich über seine barsche Art, sie zu ihm zu ziehen. Der Stein war nicht gerade bequem, aber aus der Ferne wehte der leichte Sommerwind ihr Lieblingslied von einer Strandparty herüber. Wie sich herausstellte hatten sie nicht den gleichen Musikgeschmack, und als er sanft ihren Nacken zu küssen begann, schien es fast, als wolle er das unangenehme Schweigen zwischen ihnen unterbrechen. Er küsste sanft und sie fühlte sich verletzlich. Plötzlich kamen ihr Zweifel, ob diese Verabredung richtig war. Wie käme sie wieder aus der Sache raus, würde er sie mit nach Hause nehmen wollen?
Aber es kam anders. Sein „Kollege“ rief ihn an, sie diskutierten wild am Telefon. Anscheinend wollte er, dass Serkan noch mit in die bekannte Leuchtturm-Disco kam. Die Nacht war ja noch jung, und er willigte ein. Mel wurde mulmig. Sie mochte Serkans Kollegen nicht besonders, wenn die beiden zusammen waren tranken sie immer viel – und Alkohol war der Auslöser vielen Leids in ihrem bisherigen Leben. Sie fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, mit Fremden um die Häuser zu ziehen und so bat sie ihre Begleitung, sie ins Hotel zurück zu bringen. Auf dem Weg dorthin zeigte er ihr weitere Kameras, die sie geschickt umgingen. Er erklärte in seinem recht guten Englisch, dass er ihr Mistrauen verstehe. Er selbst hatte wohl noch an den Nachwirkungen seiner Militärzeit zu knabbern und schüttete dieser Frau, die er kaum kannte, sein Herz aus. Auch rückblickend gesehen sind seine Geschichten glaubwürdig, aber das Vertrauen, das in diesen kurzen Stunden entstand, sollte nicht von Dauer sein.
Die letzten 50m zum Hotel ging Mel wieder alleine. Serkan drehte sich lächelnd um, bevor er handy-telefonierten um die nächste Ecke bog, wo wohl die Kollegen warteten, um die Partynacht zu starten. Als Mel erschöpft ins Bett fiel musste sie Johanna versprechen, beim Frühstück auf der Terrasse am nächsten Morgen „jedes kleinste Detail“ zu berichten. „Ich schwöre“ flüsterte sie – und schlief zufrieden ein. Ob sie verliebt war? Vielleicht ein bisschen. Aber auf keinen Fall war sie so naiv zu glauben, Serkan könnte dieses Treffen unter seinen „erfolgreichen“ verbuchen. Einen schönen Mann hat man doch nie für sich alleine, warum sollte das mit Urlaubsgigolos anders sein?
Um Punkt 1 Uhr verließ sie die Hotellobby. Es war eine lauwarme Sommernacht und sie trug ihr neues Sommerkleid und gefakte Dior-Schühchen mit Glitzersteinen (was sich später als Fehler herausstellen sollte). Nach all den Verletzungen und dem Trauma, das sie durch ihren gewalttätigen Ex-Verlobten in den letzten Jahren durchmachen musste, erblühte sie in der Türkei zu neuem Leben. Ihre beste Freundin Johanna, auch eine alleinerziehende Mutter, führte intensive Gespräche mit ihr und so kam es, dass Mel langsam zu akzeptieren begann, dass es nicht ihre eigene Schuld war, was mit ihr passiert war. Und sie fasste neuen Mut, das Leben zu genießen und wo auch immer möglich, an sich selbst zu denken. „Nur eine glückliche Mutter kann ein glückliches Kind großziehen“ sagte Johanna. Und so nahm Mel sich vor, sich ab und zu mal das Glücklichsein zu erlauben. Dieses nächtliche Date war der erste Schritt dazu. Sie fühlte sich wunderbar aufgeregt, grüßte freundlich die Pförtner und wartete an der Ecke des Hotels. Wo genau wollte er warten? Sie wusste es nicht genau. In der Hoteldisco war es laut und er durfte ja nicht zu lange mit ihr sprechen, damit bei den anderen (Animateuren) kein Verdacht aufkommen könne.
Ein lauter Pfiff durchbrach ihre Gedanken. Serkan wartete an der Dolmushaltestelle und winkte Mel herbei. Als sie ihn zur Begrüßung umarmte, beschwerte sie sich lachend. „Ich bin doch kein Hund, warum pfeifst du nach mir?“ „Kameras“ sagte er trocken. „Look! Everywhere cameras from hotel!“ Es war ihm unangenehm, dass er Mel sagen musste, er wolle nicht, dass jeder im Hotel über jeden seiner Schritte Bescheid wisse. „Like in military“ erklärte er. „No freedom.“ Er nahm Mels Hand, als ob er sie durch den Dschungel von Hotels, Taxiständen und Läden führen und beschützen wolle. Auf dem Weg zur Promenade rauchten sie eine Zigarette. Mel war stolz, mit dem attraktivsten Mann des Hotels ein Date zu haben. Dass niemand davon wusste außer Johanna machte sie nichts. Sie tat es für sich, es war gut für ihr Selbstbewusstsein. Und es waren ja auch nur ein paar Stunden.
An jeder Ecke, alle paar Meter ging ein Pärchen. Meist waren es junge Mädchen mit ebenso jungen, sportlich aussehenden Jungs mit hochgegelten Haaren, seitlich rasiert, in schicken Jeans und lässigen Shirts. Irgendwie fand Mel es, wohl wegen ihrer Vorgeschichte, beruhigend, nicht alleine mit Serkan unterwegs zu sein. Immerhin war es ihr erstes Date nach langer Zeit. Und ihr erstes Date mit einem Türken überhaupt. Serkan war nicht besonders romantisch schien es und Mel war froh, dass er nicht gleich mit Sprüchen wie „Deine Augen sind so wunderschön“ aufwartete. Stattdessen sprachen sie über Schulausbildung, sein Studium, ihren Job. Ihrer beider Familien. Er blühte auf und erzählte wunderbare Anekdoten von seiner Oma, die wohl leichte Probleme mit dem Kurzzeit-Gedächtnis hat, was oft zu Verwechslungen führte.
Sie erreichten den kleinen Hafen, in dem die Wassersportstationen allerlei Vehikel über Nacht „parkten“. Serkan suchte einen Zugang zum Wasser. Riesige Steinen brachen die kleinen Wellen des Meers zu einem beruhigenden Gluckern und Rauschen. Mels kleine Riemensandalen waren nicht gerade Bergsteiger-Ausrüstung, so verletzte sie sich leicht an einer scharfen Kante. Serkan beeindruckte dieses Frauenproblem wenig und Mel wunderte sich über seine barsche Art, sie zu ihm zu ziehen. Der Stein war nicht gerade bequem, aber aus der Ferne wehte der leichte Sommerwind ihr Lieblingslied von einer Strandparty herüber. Wie sich herausstellte hatten sie nicht den gleichen Musikgeschmack, und als er sanft ihren Nacken zu küssen begann, schien es fast, als wolle er das unangenehme Schweigen zwischen ihnen unterbrechen. Er küsste sanft und sie fühlte sich verletzlich. Plötzlich kamen ihr Zweifel, ob diese Verabredung richtig war. Wie käme sie wieder aus der Sache raus, würde er sie mit nach Hause nehmen wollen?
Aber es kam anders. Sein „Kollege“ rief ihn an, sie diskutierten wild am Telefon. Anscheinend wollte er, dass Serkan noch mit in die bekannte Leuchtturm-Disco kam. Die Nacht war ja noch jung, und er willigte ein. Mel wurde mulmig. Sie mochte Serkans Kollegen nicht besonders, wenn die beiden zusammen waren tranken sie immer viel – und Alkohol war der Auslöser vielen Leids in ihrem bisherigen Leben. Sie fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, mit Fremden um die Häuser zu ziehen und so bat sie ihre Begleitung, sie ins Hotel zurück zu bringen. Auf dem Weg dorthin zeigte er ihr weitere Kameras, die sie geschickt umgingen. Er erklärte in seinem recht guten Englisch, dass er ihr Mistrauen verstehe. Er selbst hatte wohl noch an den Nachwirkungen seiner Militärzeit zu knabbern und schüttete dieser Frau, die er kaum kannte, sein Herz aus. Auch rückblickend gesehen sind seine Geschichten glaubwürdig, aber das Vertrauen, das in diesen kurzen Stunden entstand, sollte nicht von Dauer sein.
Die letzten 50m zum Hotel ging Mel wieder alleine. Serkan drehte sich lächelnd um, bevor er handy-telefonierten um die nächste Ecke bog, wo wohl die Kollegen warteten, um die Partynacht zu starten. Als Mel erschöpft ins Bett fiel musste sie Johanna versprechen, beim Frühstück auf der Terrasse am nächsten Morgen „jedes kleinste Detail“ zu berichten. „Ich schwöre“ flüsterte sie – und schlief zufrieden ein. Ob sie verliebt war? Vielleicht ein bisschen. Aber auf keinen Fall war sie so naiv zu glauben, Serkan könnte dieses Treffen unter seinen „erfolgreichen“ verbuchen. Einen schönen Mann hat man doch nie für sich alleine, warum sollte das mit Urlaubsgigolos anders sein?