Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

turkish talk

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AW: Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

Hallo 44/23,

aufgrund von Beleidigungen ist Dein Account für zwei Wochen gesperrt.
 
S

SemanurYunus

Guest
AW: Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

Hallo ihr Lieben,

da ich ja in der Altenpflege arbeite kann ich da nun etwas mitreden
Ich habe mir diesen Thread bewusst nicht durchgelesen, nachdem ich den Post von Turkish-Talk bzgl. Beleidigungen durch gelesen hatte.

Also in unserem Beruf wird einiges von uns abverlangt...
Ich arbeite im 3 Schichtdienst und bekomme ein Ausbildungsgehalt von 450.-€. Ich liebe meinen Beruf wirklich sehr!
Wir leisten enorm viel. Wir arbeiten körperlich (gibt ja nun mittlerweile genügend Hilfsmittel, Aufstehhilfen etc. Hebelifter).
Wir leisten geistige Arbeiten (Medikamente, Organisationen von Festen und Alltagsstrukturen, Pflegeplanungen usw.)
Und vorallem, was für mich das entscheidenste ist, wir geben enorm viel Herz und somit leisten wir viel seelische Arbeit.

Wir sind im Frühdienst für 36 Personen (zu viert) zuständig. Da muss man äußerst gut als Team sturkturiert sein, damit dass gut läuft - dann darf aber nichts dazwischen kommen wie Arztbesuche, Notfälle - Neuzugänge usw.
Im Spätdienst natürlich ebenfalls 36 Personen zu betreuen, pflegen und umsorgen (zu dritt). Eine Kraft ist dann aber für den Ablauf in der Küche zuständig (Essensausgabe und danach wieder die Küche auf Fordermann bringen).
Da ist dann immer ganz schön was los.

Das Bild der Gesellschaft des "Alten" hat sich seit dem 18.Jahrhundert ja nun bedeutend verbessert.
Allerdings ist es doch so: Das es ja fast schon eine Schande ist zu seinem Alter zu stehen.
Alle wollen jung und dynamisch bleiben und sein. Schwäche zu zeigen ist ein Tabu.
Ich merke es so oft an meinen "Bewohnern" im Heim. Einige von Ihnen (überwiegend Männer) sagen erst wenns gar nicht mehr geht, wenn sie Schmerzen haben. "Schwester" ich bräuchte nun doch eine Schmerzmedikamentation....
Es ist oft sehr belastend mit anzusehen, wie wenig Besuch die Bewohner bekommen, wenn sie erst mal da sind.
Zu Beginn noch häufig, dann verliert sich das Ganze. Bew. resignieren und bauen stetig ab.
Dann liegt es aber wieder an uns, sie "auf zu päppeln". lt. Angehöriger und Chefs.
Aber: Wenn meine Familie mich im Stich lässt, sollen mich die "Fremden" doch gefälligst erst recht in Ruhe lassen (sagte einst eine Bewohnerin zu mir.
Ich konnte sie voll und ganz verstehen.
Dann liegt es wieder an uns, Vertrauen aufzubauen und die Menschen nicht alleine zu lassen.
Wir Azubis haben natürlich Beweggründe diesen Beruf zu erwählen.
Im Laufe der Ausbildung sind wir Ideenreich und haben den Drang etwas zu verändern - noch mehr für den Einzelnen da sein!
ABER: Die Realität sind dann ganz schnell anders aus!
Personalmangel und Zeitmangel. Gut man kann durch eigenes Arbeiten den "eigenen" Arbeitsablauf so sturkturieren dass du auch mal mit den Bew. Beschäftigungen durchführen kannst, oder auch mal 5 min. länger im Zimmer verweilen kannst - aber: Ist das denn schon alles??
 
L

Lalezar2006

Guest
AW: Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

Hallo Sema, Texte werden nicht aus anderen Foren kopiert, halt dich bitte an die Regeln.
 

Lillifee

Member
AW: Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

Wenn ich es irgendwie verhindern kann, kommt meine Mutter nie ins Altenheim! Viele Altenheime sind wie ein Wartezimmer zum Tot. Da sitzen die alten Leutchen den Flur entlang, warten auf's Essen, warten auf den Kaffee, warten bis der Aufenthaltsraum geöffnet wird, warten bis sie fernsehen dürfen. Das ist so entwürdigend! Hat man sie entmündigt? Sie können kaum mehr etwas selbst entscheiden. Meine Mutter ist jetzt 85 und noch topfit. Sie wohnt bei mir im Haus, allerdings in ihrer eigenen Wohnung, und die Vorteile dadurch sind nicht nur einseitig zu sehen. Sie bekocht uns mit Leidenschaft und hilft wo sie kann. "Ein schönes Gefühl gebraucht zu werden", sagt sie. Das hält jung! Aber sie sagt auch selbst: "Wenn es schlimm kommt, steckt mich in ein Heim, ich will euch nicht so sehr belasten und ich will nicht, dass ihr mir beim Verfall zusehen müsst!" Ich weiß nicht ob ich das jemals übers Herz bringen könnte, aber es gibt sicher Situationen die keine Wahl lassen. Hoffentlich muss ich mich dieser Frage niemals wirklich stellen.
 

alterali

Well-Known Member
AW: Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

Wenn ich es irgendwie verhindern kann, kommt meine Mutter nie ins Altenheim! Viele Altenheime sind wie ein Wartezimmer zum Tot. Da sitzen die alten Leutchen den Flur entlang, warten auf's Essen, warten auf den Kaffee, warten bis der Aufenthaltsraum geöffnet wird, warten bis sie fernsehen dürfen. Das ist so entwürdigend! Hat man sie entmündigt? Sie können kaum mehr etwas selbst entscheiden. Meine Mutter ist jetzt 85 und noch topfit. Sie wohnt bei mir im Haus, allerdings in ihrer eigenen Wohnung, und die Vorteile dadurch sind nicht nur einseitig zu sehen. Sie bekocht uns mit Leidenschaft und hilft wo sie kann. "Ein schönes Gefühl gebraucht zu werden", sagt sie. Das hält jung! Aber sie sagt auch selbst: "Wenn es schlimm kommt, steckt mich in ein Heim, ich will euch nicht so sehr belasten und ich will nicht, dass ihr mir beim Verfall zusehen müsst!" Ich weiß nicht ob ich das jemals übers Herz bringen könnte, aber es gibt sicher Situationen die keine Wahl lassen. Hoffentlich muss ich mich dieser Frage niemals wirklich stellen.

Wenn es so klappt, ist das natürlich sehr schön.
Es gibt aber unendlich viele Facetten:
Ich will mal nur einen Bruchteil aufzählen:
Wohnt man seniorengerecht?
Wie hat die Familie vorher getickt? Neben Liebe und gesgenseitigem Verständnis gibt es auch Missverständnisse, Bevorzugungen, Mobbing, Gewalt, sexuellen Missbrauch in Familien!
Wichtig ist auch eine gewisse Professionalität, im Umgang mit Medikamenten, Kasse, Arzt und Pflege, wenn sie notwendig wird, Notsituationen.
Familienangehörige dürfen sich nicht physich oder phsyschich überfordern. Hilfe annehmen!
Viele ältere wollen eben auch nicht der Familie zur Last fallen und können sich auch nicht vorstellen, dass sie die Kinder einmal aus der Scheiße ziehen müssen.
Es gibt auch Altenheime, in denen die Bewohner alles selbst gestalten können, sofern sie dazu Willens und in der Lage sind. Es gibt auch nicht unbedingt feste Zeiten, wenn man es gerne anders hätte oder mal nachts später 'nach hause' kommt.
Es gibt wohl auch Altenheime in denen man als Angehöriger einen Teil der Betreung übernehmen kann, was dann wohl auch die Kosten mindert.

Aber ich will hier nicht für Altenheime plädieren.
Mir würde es sicher auch nicht unbedingt gefallen.
Es gibt noch viele andere Ansätze. SOS-Ruf, betreutes Wohnen usw.
meist machen sich die Betroffenen viel zu spät Gedanken über alles.
man sollte sich auch nicht scheuen, das Heim zu wechseln, oder neue Lösungen zu finden. Das Altenheim muss ja nicht die letzte Station sein.
 

ege35

Well-Known Member
AW: Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

Wenn ich es irgendwie verhindern kann, kommt meine Mutter nie ins Altenheim! Viele Altenheime sind wie ein Wartezimmer zum Tot. Da sitzen die alten Leutchen den Flur entlang, warten auf's Essen, warten auf den Kaffee, warten bis der Aufenthaltsraum geöffnet wird, warten bis sie fernsehen dürfen. Das ist so entwürdigend! Hat man sie entmündigt? Sie können kaum mehr etwas selbst entscheiden. Meine Mutter ist jetzt 85 und noch topfit. Sie wohnt bei mir im Haus, allerdings in ihrer eigenen Wohnung, und die Vorteile dadurch sind nicht nur einseitig zu sehen. Sie bekocht uns mit Leidenschaft und hilft wo sie kann. "Ein schönes Gefühl gebraucht zu werden", sagt sie. Das hält jung! Aber sie sagt auch selbst: "Wenn es schlimm kommt, steckt mich in ein Heim, ich will euch nicht so sehr belasten und ich will nicht, dass ihr mir beim Verfall zusehen müsst!" Ich weiß nicht ob ich das jemals übers Herz bringen könnte, aber es gibt sicher Situationen die keine Wahl lassen. Hoffentlich muss ich mich dieser Frage niemals wirklich stellen.

Deine Mutter ist super! Maşallah!
Aber was würdest du tun, wenn deine Mutter hochgradig dement wäre. weder richtig hören noch sehen könnte, sich selbst nicht mal bewegen und dich nicht mal mehr kennen würde.....?
Wenn du zeitlebens nur der Sündenbock für sie und alles gewesen wärst, sie, außer dich ungefragt zur Welt zu bringen, so gut wie nichts (eher gegen dich) getan aber nur gefordert hätte - würdest du es dann übers Herz bringen, sie in einem Heim zu lassen?
 
S

SemanurYunus

Guest
AW: Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

Auch für Ege´s genanntes Beispiel habe ich schon mehrere Beobachtungen gemacht.

Eine Bewohner lag im sterben. Eine Kollegin hat mich gebeten, den Sohn zu verständigen (der bis dato NIE zu Besuch war).
Wisst ihr wie er reagiert hat?
"Was bilden sie sich eigentlich ein? Mich anzurufen ist eine Frechheit! Nein, ich werde ganz bestimmt nicht kommen. Soll sie doch verrecken, ALLEIN!"

Ich war total schockiert!

Bin zur Kollegin und habe ihr dies mitgeteilt. Sie meinte, naja sie dachte wenigstens kommt er jetzt - aber da habe sie sich wohl getäuscht.

Der Sohn hatte in seiner Kindheit irgendetwas mit den Beinen, seine Mutter musste mit ihm immer Übungen machen die ihm große Schmerzen bereiteten und zudem gab es immer wieder Problem mit dem Vater der sie schlug und sie ihn dennoch niemals verlassen hat. Der Sohn ist bis heute dbzgl. in Therapie.

Nun ja, ich habe dennoch nochmals angerufen, da die Bew. einfach nicht "sterben wollte".

Die ganze Familie kam nur er nicht. Erst einige Stunden bevor sie starb, kam er und dann ist sie erst gegangen.


Auch solche Dinge gibt es.
 

ege35

Well-Known Member
AW: Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

Auch für Ege´s genanntes Beispiel habe ich schon mehrere Beobachtungen gemacht.

Deine Beobachtung hat mit meinem Beispiel absolut nichts zu tun. Ich hatte nichts an den Beinen, aber es hätte leicht dazu kommen können, hätte ich nicht beizeiten das Weite gesucht. :icon_eyecrazy::icon_eyecrazy::icon_eyecrazy:
 

alterali

Well-Known Member
AW: Deutschland und die Altenheime, unangenehmes Thema?

Die ganze Familie kam nur er nicht. Erst einige Stunden bevor sie starb, kam er und dann ist sie erst gegangen.


Auch solche Dinge gibt es.

So etwas gibt es auch außerhalb des Altenheims. Familie ist nicht (nur) Friede, Freude, Eierkuchen! Insofern sind Altenheime auch Asyl oder auch eine Fluchtburg!
 
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