Eine interessante Anekdote von Ekrem Senol, es geht um Assimilation, Integration und Doppelmoral:
Vor etwa 4,5 Jahren hatte ich in einem meiner Artikel – nicht nur – den türkischen Premier einem Test unterzogen. Auf einem Festakt des türkischen Beauftragten für Türken in der Diaspora hatte Erdogan eine Gruppe von Auslandstürken auf ihre kulturelle Identität eingeschworen. Es sei „ein ureigenes und auch ein ganz natürliches Bedürfnis, […] die eigene Sprache zu sprechen und die eigenen Traditionen, Sitten und Bräuche zu leben und zu beleben. Genau das soll auch in der Zukunft weitergeführt werden“, hatte er gesagt, selbst dann, wenn diese Politik einigen Ländern nicht schmecke. „Wir haben immer versucht, dieses Misstrauen abzubauen, allerdings mit einem klaren Kompass, nämlich dass es unser Recht und unsere Pflicht ist, diese Minderheiten auch außerhalb der Türkei zu unterstützen“, so Erdogan weiter.
Kurz, nachdem ich diesen Artikel veröffentlicht hatte, klingelte mein Telefon Sturm. Journalisten, Politiker und Nachrichtenagenturen wollten von mir wissen, ob Erdogan diese Worte tatsächlich so gesagt hatte. „Ein Skandal“, sei das. Ob man die Rede irgendwo hören oder lesen könne, wurde ich gefragt. Das sei ja eine klare Kampfansage an die deutsche Integrationspolitik in typischer Erdogan-Manier. Damit der Artikel noch vor Mittag veröffentlicht werden könne, sollte ich doch bitte schnell die Quelle mailen. Das tat ich. Ich schickte den Anrufern den Link zur Internetseite des „Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa“.
Verwirrung!?
Ich hatte in meinem Artikel nicht erwähnt, dass ich Merkel durch Erdogan und Deutsche durch Türken ersetzt hatte. Die Rede hielt nämlich nicht der türkische Premier, sondern Bundeskanzlerin Angela Merkel während einer Tagung im September 2008 – knapp sieben Monate nach der skandalösen Assimilation-ist-ein-Verbrechen-gegen-die-Menschlichkeit-Rede von Erdogan in der ausverkauften Köln-Arena. Veranstalter war der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.
Enttäuschung!?
Bis heute jedenfalls hat kein einziger Journalist die Rede von Merkel aufgegriffen oder je thematisiert.
Quelle