Spaßfreier Hype um Lisa Eckhart: Kabarett & Cancel Culture

Bintje

Well-Known Member
Bei den Studienfächern darf man aber wohl auch unterstellen, daß es ihm nie um Geld gegangen sein wird.

Und: Das Geld ist ihm auch nicht zu mißgönnen, das hat er sich redlich verdient. Sehr fleißiger Mann, liest viel, schreibt viel und ist viel unterwegs.
Ja, das ist so, das stimmt. Anfang der 2000'er habe ich in Seminaren in Berlin mit ihm zusammen gesessen; blitzgescheit wirkte er, auch in persönlichen Gesprächen hellwach, lustig und unterhaltsam. Fleißig ist er auf jeden Fall. Und was er daraus gemacht hat: Respekt!, er hat sich echt durchgebissen, erkannt, wo die Marktnische war und beherzt zugegriffen. Aus einem älteren Interview:

"Ist Philosophie wichtiger geworden?

Precht: Philosophie wird wieder wichtiger, und das Potenzial ist riesengroß. Wenn man mit populärwissenschaftlichen Büchern solche Erfolge hat wie ich, zeigt das, dass Philosophie viele Menschen interessiert. Das Fach Philosophie an den Universitäten ist allerdings stark rückwärtsgewandt. Viele Lehrstuhlinhaber sind keine Philosophen, sondern Philologen oder Historiker. Die Philosophie wird aber zunehmend gegenwartsbezogener. In der jüngeren Generation gibt es viele, die sich einen anderen Umgang mit Philosophie wünschen.

Muss man schon im Philosophie-Studium an den Arbeitsmarkt denken?

Precht: Man muss während des Studiums immer schon an einem Plan B arbeiten. Ich habe mit 29 promoviert und bis dahin außer Uni nichts gemacht. Als meine Assistenzstelle endete, stand ich vor dem Nichts und war arbeitslos. Eine Zeit lang musste ich mit 900 Mark Arbeitslosengeld auskommen. Es hilft auf jeden Fall, schon im Studium Erfahrungen mit der Berufswelt zu sammeln und Kontakte zu knüpfen."


Für Missgunst besteht kein Anlass, er hat sein Ding durchgezogen. Anders, als es z.B. den Eindruck bei Jürgen Kaube erweckt, mächtiger Feuilletonchef bei der FAZ und einer ihrer Herausgeber, der Precht regelmäßig ziemlich übel zerpflückt - wobei ich vermute: wohl auch aus kleingeistigem Neid.
Weil er selbst sein geisteswissenschaftliches Studium abgebrochen und sich den Wirtschaftswissenschaften zugewendet hat.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Mit diesem Rummäkeln an der Universitätsphilosophie habe ich schon immer gehadert. Das hat er damals oft gemacht. Gerade, weil ich weiß, daß an der Uni Köln herausragende Philosophen waren, nicht nur Philosophie-Professoren. (Vielleicht war er bei denen nicht, die Uni ist groß.) Die philosophischen Fakultäten Wuppertal und Bochum sind unter der Hand Ausgründungen aus Köln.

Einem Schopenhauer, Kierkegaard, Nietzsche gestehe ich das zu. Ihm, der noch nicht einmal ein Philosoph ist, nicht.
 

Bintje

Well-Known Member
Meinst du Precht, @Alubehütet? Sein geisteswissenschaftliches Studium, darunter Philosophie, hat er ordnungsgemäß abgeschlossen - und obendrein einen Doktortitel in Germanistik. Sonderlich simpel ist das nicht, auch keineswegs lektürearm, wie du sicherlich weißt. Und ihm wegen seiner germanistischen Promotion philosophische Bildung abzusprechen, weil es möglicherweise "nur" ein aufwendiges, aber obligates Neben- und nicht sein Hauptfach war, finde ich in Kenntnis auch damals m.W. straffer Prüfungsordnungen in der Phil. Fak. unangebracht.
Erst recht mit genauerem Blick auf feuilletonistische Scharfrichter wie Kaube.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Und ihm wegen seiner germanistischen Promotion philosophische Bildung abzusprechen
Das mache ich nicht. Philosophisch gebildet ist er, zweifellos. Was ich ihm abspreche, das ist, Philosoph zu sein. Niemand würde ernsthaft behaupten, Ranga Yogeshwar wäre Physiker. Der ist Wissenschaftsjournalist. Mai Thi ist vermutlich auch schon zu lange raus. Und Precht ist Philosophiejournalist. Und ein mit Recht erfolgreicher. Als solcher ist er gut.

Aber er hat nie etwas geschrieben, was Du in einem philosophischen Seminar zum Thema machen würdest. Dabei geht es nicht um philosophische Bildung, Ausbildung, die haben ganz andere nicht. Schopenhauer. Hat nichts drauf als Platon und Kant. Ansonsten von Philosophie keine Ahnung. Nietzsche. Herausragender Philologe, insofern unglaublicher Platon-Kenner, aber mit Philosophie nix am Hut ausser ein paar Ideen von Schopenhauer, und selbst die hat er von Richard Wagner. Sein Schulkamerad Paul Deussen, fachphilosophisch unendlich viel mehr drauf als Nietzsche, hat die erste Weltgeschichte der Philosophie geschrieben, die ihren Namen verdient – weil er sie hat schreiben können. Weil erst zu seiner Zeit die ersten wichtigsten Texte der indischen Philosophie übersetzt und der Öffentlichkeit zugänglich waren; vorher war alles Hörensagen jesuitischer Missionare. Kennt aber kein Mensch, und mit Recht. Er war kein Philosoph, sondern treuer orthodoxer Schopenhauerianer. Kierkegaard. Nichts drauf ausser Platon und Hegel. Und letzteren nur, um ihn zu widerlegen.

Albert Camus, Der Mensch in der Revolte. Was der sich da zu Husserl zusammenschreibt, das hätte ich ja zur Not auch noch hingekriegt. Wenn Sartre Karl Jaspers einen christlichen und Martin Heidegger einen atheistischen Existenzialisten nennt, dann kann er das Anliegen von Sein und Zeit nicht im Ansatz verstanden haben (nämlich, Katholische Philosophie radikal zu erneuern; von Grund auf, und das ist vor Aristoteles, neu aufzubauen). Aber beide originelle Philosophen, die gute Beiträge abgeliefert haben; das Sympathische an den Franzosen: Man kann sie sogar lesen. Von Precht ist da nichts, was einer in 100 Jahren mal entdecken und an der Uni vorstellen könnte. Das ist gute Sekundärliteratur, nicht die schlechteste Einstiegsliteratur für Erstsemester; seine originellen An- und Einsichten aber sind die eines public intellectual, nicht die eines Philosophen. Ist ja kein Manko, nur geht mir auf den Keks, daß er selber als Berufsbezeichnung „Philosoph“ angibt, und nicht etwa „Publizist“.


Wobei, zugegeben. Precht ist da für mich ein Stück weit auch ein Blitzableiter, ich bin sauer auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der heute keinen Bildungsauftrag mehr wahrnimmt, sondern nur noch Entertainment. Und „Bildung“ läuft dann bei ihnen unter edutainment. Mal ehrlich: Was Precht, da kann er nichts für, qualifiziert als Fernseh-Philosophen, das ist doch nicht, was er zu sagen hat. Sondern daß er so lustige Haare hat. Wie schon sein Vorgänger, Peter Sloterdijk. Der allerdings ist wirklich ein Schwergewicht in der Philosophie. Überschätzt sich vielleicht – kann auch Medien-Attitüde sein –, aber der ist auch als Philosoph wirklich gut. Aber für's Fernsehen war wichtig seine Frisur.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bintje

Well-Known Member
Das mache ich nicht. Philosophisch gebildet ist er, zweifellos. Was ich ihm abspreche, das ist, Philosoph zu sein. Niemand würde ernsthaft behaupten, Ranga Yogeshwar wäre Physiker. Der ist Wissenschaftsjournalist. Mai Thi ist vermutlich auch schon zu lange raus. Und Precht ist Philosophiejournalist. Und ein mit Recht erfolgreicher. Als solcher ist er gut.

Aber er hat nie etwas geschrieben, was Du in einem philosophischen Seminar zum Thema machen würdest. Dabei geht es nicht um philosophische Bildung, Ausbildung, die haben ganz andere nicht. Schopenhauer. Hat nichts drauf als Platon und Kant. Ansonsten von Philosophie keine Ahnung. Nietzsche. Herausragender Philologe, insofern unglaublicher Platon-Kenner, aber mit Philosophie nix am Hut ausser ein paar Ideen von Schopenhauer, und selbst die hat er von Richard Wagner. Sein Schulkamerad Paul Deussen, fachphilosophisch unendlich viel mehr drauf als Nietzsche, hat die erste Weltgeschichte der Philosophie geschrieben, die ihren Namen verdient – weil er sie hat schreiben können. Weil erst zu seiner Zeit die ersten wichtigsten Texte der indischen Philosophie übersetzt und der Öffentlichkeit zugänglich waren; vorher war alles Hörensagen jesuitischer Missionare. Kennt aber kein Mensch, und mit Recht. Er war kein Philosoph, sondern treuer orthodoxer Schopenhauerianer. Kierkegaard. Nichts drauf ausser Platon und Hegel. Und letzteren nur, um ihn zu widerlegen.

Albert Camus, Der Mensch in der Revolte. Was der sich da zu Husserl zusammenschreibt, das hätte ich ja zur Not auch noch hingekriegt. Wenn Sartre Karl Jaspers einen christlichen und Martin Heidegger einen atheistischen Existenzialisten nennt, dann kann er das Anliegen von Sein und Zeit nicht im Ansatz verstanden haben (nämlich, Katholische Philosophie radikal zu erneuern; von Grund auf, und das ist vor Aristoteles, neu aufzubauen). Aber beide originelle Philosophen, die gute Beiträge abgeliefert haben; das Sympathische an den Franzosen: Man kann sie sogar lesen. Von Precht ist da nichts, was einer in 100 Jahren mal entdecken und an der Uni vorstellen könnte. Das ist gute Sekundärliteratur, nicht die schlechteste Einstiegsliteratur für Erstsemester; seine originellen An- und Einsichten aber sind die eines public intellectual, nicht die eines Philosophen. Ist ja kein Manko, nur geht mir auf den Keks, daß er selber als Berufsbezeichnung „Philosoph“ angibt, und nicht etwa „Publizist“.


Wobei, zugegeben. Precht ist da für mich ein Stück weit auch ein Blitzableiter, ich bin sauer auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der heute keinen Bildungsauftrag mehr wahrnimmt, sondern nur noch Entertainment. Und „Bildung“ läuft dann bei ihnen unter edutainment. Mal ehrlich: Was Precht, da kann er nichts für, qualifiziert als Fernseh-Philosophen, das ist doch nicht, was er zu sagen hat. Sondern daß er so lustige Haare hat. Wie schon sein Vorgänger, Peter Sloterdijk. Der allerdings ist wirklich ein Schwergewicht in der Philosophie. Überschätzt sich vielleicht – kann auch Medien-Attitüde sein –, aber der ist auch als Philosoph wirklich gut. Aber für's Fernsehen war wichtig seine Frisur.
Jetzt kriege ich Angst. :eek::D Scherz beiseite, ich hab keine Ahnung davon (geschweige denn Leidenschaft dafür) und gehe entschieden lieber mit Asterix als mit Hegel & Co. zu Bett. Mein Sohn studiert zwar im Zweitfach Philosophie, aber das verleiht mir keine höheren Weihen ("lassen-Sie-mich-durch-ich-bin-die Mutter-eines-bedeutenden Denkers-in-spe!" :p) ; )) @Mendelssohn fehlt hier, eindeutig.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Dann reicht mein erster Absatz. :)

Philosophisch gebildet ist er, zweifellos. Was ich ihm abspreche, das ist, Philosoph zu sein. Niemand würde ernsthaft behaupten, Ranga Yogeshwar wäre Physiker. Der ist Wissenschaftsjournalist. Mai Thi ist vermutlich auch schon zu lange raus. Und Precht ist Philosophiejournalist. Und ein mit Recht erfolgreicher. Als solcher ist er gut.
 
Zuletzt bearbeitet:

Alubehütet

Well-Known Member
ich hab keine Ahnung davon (geschweige denn Leidenschaft dafür) und gehe entschieden lieber mit Asterix als mit Hegel & Co. zu Bett
Dem Philosoph ist nix zu doof ;)
Der Zeitgeist bahnt sich seinen Weg und macht auch vor dem kleinen Dorf in Gallien nicht halt. Im neuen Heft von Asterix und Obelix werden alte Gewohnheiten auf den Kopf gestellt, sogar Wildschweinbraten ist verpönt. So wie den Galliern im Comic geht es uns auch als Gesellschaft. Manchen ist das Tempo der Veränderung zu hoch. Wie reagieren sie auf den Veränderungsdruck und was bedeutet das für die Gesellschaft? Darüber sprechen Markus Lanz und Richard David Precht in dieser Folge. Precht meint: „Rückschritt kommt, wenn der Fortschritt zu schnell geht.“ Aber der Rückschritt ist nicht das, was wir heute brauchen.
 
Top