Was denkt Ihr gerade? (38)

Berfin1980

Well-Known Member
Das der Sultan von Brunei nicht mehr alle Latten am Zaun hat :mad: Todesstrafe (steinigen) für Homosexuelle per Gesetz anordnen und dann Toleranz, Respekt und Verständnis von der EU fordern.

Liebe ist Liebe, egal welches Geschlecht sie haben.

Und das Bundesverdienstkreuz kann man dem Sultan auch wieder aberkennen.

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sommersonne

Well-Known Member

Zerd

Well-Known Member
Wir können nicht unbetreut hier einfach herummarodieren. Und das ist auch gut so, wie sich wieder einmal gezeigt hat.

Das andere Erfreuliche finde ich, daß Interventionen so oft nun auch nicht mehr nötig sind. ;)

Ich halte es nicht unbedingt für einen Vorteil, dass kontroverse hitzige Diskussionen aus lauter Freundlichkeit und Gleichgültigkeit kaum noch stattfinden.
 

Zerd

Well-Known Member
Eine Definition von Wahnsinn soll es ja sein, immer wieder dasselbe zu tun und dabei unterschiedliche Resultate zu erwarten (ich habe den Spruch zuletzt in GoT aufgeschnappt, aber die Herkunft soll wohl nicht eindeutig sein!)

Der Spruch ist nicht ganz unproblematisch, denn schließlich verändern sich die Welt und die Gesellschaften ebenso wie der einzelne Mensch permanent und somit kann ein und dieselbe Aussage und Handlungsweise in einer anderen Zeit und einem anderen Umfeld ganz unterschiedliche Bedeutung haben und unterschiedliche Folgen hervorrufen.

Aber als fehlbare vernunftbegabte Menschen sind wir nun einmal darauf angewiesen, unsere Wahrnehmung der Welt in immer wiederkehrenden Mustern, Begriffen und Kausalzusammenhängen zu ordnen und zu strukturieren, um überhaupt ein Bild von der Welt zu haben, auf dessen Grundlage wir Begebenheiten und Vorkommnisse beurteilen, begreifen, verstehen können.

Und in diesem Zusammenhang macht der Spruch dann doch wieder Sinn, wenn Menschen an liebgewonnenen traditionellen Mustern, Begriffen und Kausalzusammenhängen selbst dann noch zwanghaft festhalten, wenn diese sich schon etliche Male selbst widerlegt und als untauglich erwiesen haben.

Im Mittelalter gab es unter den anatolischen Derwischen eine Meditationsform in drei aufeinander folgenden Phasen der Entsagung, die am Ende dazu führen sollte, in vollkommenen Einklang und Harmonie sowohl mit der sie umgebenden Welt als auch dem darüber hinausgehenden Glauben zu gelangen.

Die erste dieser Phasen war terk-i-cihan, die Entsagung von der Welt, den weltlichen Genüssen. In dieser Phase mussten sie jahrelang nur mit dem, was sie am Leibe trugen und einer kleinen Schale, mit der sie Wasser schöpfen und die Menschen um eine kleine Mahlzeit bitten konnten, als Bettlermönche durch die Lande ziehen und sich dabei allein der Natur (den Menschen inbegriffen) und ihrem Glauben überlassen und widmen.

In der zweiten Phase terk-i-ahiret, der Entsagung vom Glauben, mussten sie nun auch von ihren Glaubenssätzen lassen und denselben Weg nur auf ihre eigene innere Stimme, ihre Bedürfnisse und Wünsche hörend begehen, bis dies ebenfalls zu einer Selbstverständlichkeit wurde und keine weiteren Anstrengungen mehr erforderte.

So gelangte man dann zur dritten Phase terk-i-terk, der Entsagung von der Entsagung, in der der Derwisch sein ganz persönliches und individuelles Gleichgewicht gefunden hatte, um in perfekter Harmonie mit sich selbst, der ihn umgebenden Welt und seinem Glauben zu leben und zu lehren.

Ich neige dazu, auch die Menschheitsgeschichte als eine Entwicklung in solchen Phasen zu betrachten. Da es sich um eine große Gemeinschaft von vielen unterschiedlichen Menschen handelt, gibt es natürlich viele Überlappungen, die hin und wieder für einen Zickzackkurs sorgen, aber grundsätzlich könnte die Vertreibung aus dem Paradies, der Übergang zum Leben in größeren Gemeinschaften als eine Entsagung von unserer urtümlichen Welt angesehen werden, dem Abschied von den unmittelbaren Trieben und Instinkten, die unser Leben bis dahin bestimmt haben. Jahrtausendelang wurde dieses Zusammenleben in immer größeren Gemeinschaften dann mit Hilfe von Kultur und Religionen gewährleistet, die gewissermaßen den Kitt bildeten.

Dann kam die Neuzeit zunächst mit der Abkehr vom Glauben mit Hilfe der Vernunft und zuletzt auch noch der gerade noch laufenden Abkehr von der Vernunft. Vor diesem Hintergrund könnte man die großen Veränderungen mit der immer größeren Geschwindigkeit in den vergangenen Jahrhunderten, die uns schon auf so manche Irrwege geführt haben und immer noch führen, als ein großes Straucheln begreifen hervorgerufen durch den Verlust des orientierenden Glaubens.

Gewissermaßen besteht unser Leben heutzutage fast ausschließlich aus Kompensationen, sei es der technische Fortschritt, der materielle Wohlstand, der Konsum, die vermeintliche Sicherheit, ein Leben in den Tag hinein ohne eine Vision für morgen oder nachfolgende Generationen, ohne einen Plan, wohin das Ganze führen könnte.

Ohne Zweifel wird diese Phase noch länger andauern und mE umso länger andauern und umso verheerendere Folgen zeitigen, je mehr Menschen noch an althergebrachten Mustern von Religionen, Kulturen, Nationen oder sonstigen Kompensationen festhalten, statt sich mit den neuen Umständen vertraut zu machen und damit umgehen zu lernen, ohne sich dabei auf einen Horizont bis zu eigenen Nasenspitze zu beschränken.
 
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