Was hört Ihr gerade? - Die Vierte

Bintje

Well-Known Member
Nächster Flash gefällig? :) Anschnallen, Kopfhörer auf, Lautstärke höher drehen - und ab geht's!


Wirklich irre, was Nils Frahm da macht: Erst bearbeitet er die Klaviersaiten mit Klobürsten (interessante Klangeffekte), und dann, nach kurzem Intro, bespielt er Klavier, Synthesizer + Fender Rhodes teils gleichzeitig - unglaublicher Kraftakt, obwohl es so locker und improvisiert wirkt.
 

Alubehütet

Well-Known Member
was mich bei Jazz wundert ist, dass sie auch ohne Gesang auskommen kann, aber ihren Musikstücken trotzdem einen Namen geben, Das fällt mir schwer, da ich selber ein Instrument spiele und wenn es im Nachhinein mir gefallen hat, verbringe ich die nächste Zeit damit einen passenden Namen hierfür zu finden.,,äh, ne gelingt eher schlecht, weil Musik nicht mit Wörtern eingefangen werden kann, meine ich, es kann diese nur umschreiben.

Das Phänomen nennt sich "Programmmusik" - das Stück wird nach irgendeinem außermusikalischen Inhalt benannt, der sich in der Musik spiegelt. Komponisten wie Vivaldi (4 Jahreszeiten), Mozart (der ebenfalls komponierende Vater, nicht Wolfgang Amadeus), Sibelius (Finlandia), Mussorgsky (Bilder einer Ausstellung) oder Smetana (Die Moldau zum Beispiel) und viele andere haben das schon wesentlich früher gemacht.
Num ja. Hier geht es ja dann darum, außermusikalische Wirklichkeiten in Töne zufassen. Liebeskummer, Lebensfreude, Bilder einer Ausstellung.
Klassiker:
Der Gegensatz dazu nennt sich absolute Musik.
Das ist aber, was @univers meint? Welchen Titel gibt man Musik, die nur Musik ist? :oops:
"Ach, nenn es, wie Du willst."
 

Bintje

Well-Known Member
Das ist aber, was @univers meint? Welchen Titel gibt man Musik, die nur Musik ist? :oops:
Zum Beispiel Symphonie, Sonate oder Streichquartett, Trio, sonstwas. Die musikwissenschaftliche Definition fußt auf Eduard Hanslicks Standardwerk "Vom musikalisch Schönen, Ein Beitrag zur Revision der Ästhetik der Tonkunst" (Leipzig 1854 oder '56?), einem staubtrockenen Bändchen, das hier noch irgendwo herumfliegt und mich zu Studienzeiten unendlich gelangweilt hat. Nach Hanslick ist nur Instrumentalmusik wirklich "reine", absolute Tonkunst, die keine anderen Funktionen für Gottesdienst, Tanz und andere Anlässe besitzt und ohne Text und außermusikalische Schilderungen auskommt.
Jetzt wollt Ihr bestimmt Hörbeispiele.
Ok, mal kurz nach den bekanntesten Epochen sortiert in die Vollen (ich hab ein paar populäre Reißer rausgesucht, damit Ihr Euch nicht langweilt).





ps Der Titel der Schubert-Sinfonie 7 h-moll ("Unvollendete") weist auf Programmmusik, wurde m.W. aber erst nachträglich drangehängt, weil Schubert nur ein zweisätziges Fragment hinterließ, das er laut einer musikhistorischen These später offenbar als fertig betrachtete.
Aber einen dritten Satz gab es auch, und zum 4. ebenfalls geplanten kam es nie, weil ihm ein Auftrag dazwischenkam. Shit happens. ;)
 

Alubehütet

Well-Known Member
Sonntagabend reingezappt, werde es mir in Ruhe noch mal anhören.
 

Alubehütet

Well-Known Member
Aber wie könnte dieses Stück von Miles Davis deiner Meinung nach heissen?
Hm. Das brodelt ja förmlich alles, und blubbert. Und sehr unruhig. Hexenküche? Vielleicht noch heftiger. "Hurengebräu" oder so.
Ach, muß ich noch auflösen. Ich weiß gar nicht, ob "Bitches Brew" damals schon veröffentlicht war, aber sie spielen ja ohnehin keine Stücke daraus, sondern spielen sich durch verschiedene Motive hindurch. Ein Tontechniker fragt Miles nacher, wie denn das Stück hieße, was sie gerade gespielt hätten, und Miles sagt: "Nenn es, wie Du willst". Aha. Seltsamer Titel, aber wenn es so heißt, dann heißt es so. (Wird im Abspann erklärt.)



Das krasseste mir bewußte Auseinanderklaffen einer Musik-Titel-Schere habe ich ja bei diesem wunderschönen Stück von Frank Zappa, eines meiner absoluten Lieblingstracks von ihm: Wunderschöne Harmonien über die Bläser verteilt, reduzieren sich dann zu getragenen Unisono-Bögen. Das Arrangement dimmt herunter auf ein sehr reduziertes Gitarrenspiel, begleitet von E-Piano-Geklimper/Anmerkungen, nur um die Bühne zu bieten, daß anschließend die Keyboards um so breiter aufgefahren werden. Bis alle wieder zurückfinden, die Unisono-Bögen jetzt breit ausfahrend. Keine vier Minuten, eine wunderhübsche Miniatur, dabei durchaus zappaesk vertrackt; man muß es schon öfter hören, bis man es eingängig in einem Guß wahrnimmt.

Aber der Titel? :oops:


Ich kriege Titel und Musik nicht einmal abends in meinem unkeuschen Kopfkino zusammen – Dabei ist ja gerade Zappa nicht unbegabt darin, auch und gerade zu diesem Thema, wie nennt Bintje das? "Programmusik" zu schreiben. o_O


Ja klar Programmusik. Was denn sonst.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bintje

Well-Known Member
Ich kriege Titel und Musik nicht einmal abends in meinem unkeuschen Kopfkino zusammen – Dabei ist ja gerade Zappa nicht unbegabt darin, auch und gerade zu diesem Thema, wie nennt Bintje das? "Programmusik" zu schreiben. o_O
Vergiss diese Begriffe mal ganz schnell, absolute Musik und Programmmusik sind (zumindest nach meiner Auffassung) eigentlich genau so unzeitgemäß wie die penible Unterscheidung zwischen E- und U-Musik, die in grauer Urzeit mal ihren Sinn hatte, aber inzwischen völlig überholt ist. ;)
Das Thema eignet sich nach meiner ketzerischen Auffassung höchstens für gehobenen Party-Smalltalk unter, wie nannte ein früherer Studienkumpel es noch so schön?, "kuchenfressenden Pelztieren", die aus Distinktionsgründen Eindruck schinden wollen ... :D Wer braucht das eigentlich? Keine Socke. Eben! ;- )

 
Top