Integration

Ottoman

Well-Known Member
Vielleicht sollte man die Praxis der Zwangsehen neu bewerten, dann würden solche Sachverhalte wie von magischer Hand umgehend zurückgehen. Gerade die Türkei hat doch die UN-Menschenrechtscharta unterschrieben und somit Pakt1 und Pakt2 voll zugestimmt. Über die Jahre bis zur Gegenwart wurde in vielen Bereichen der Ehe, Gleichstellung von Frau, Mindesheiratsalter usw. gesetzlich in der türkischen Verfassung verankert und nachgebessert.

Alleine die Argumentation, das Twitter bzw. YouTube eine Schuld an der Scheidungsrate der Türkei hätte, entbehrt jeglichem Sachverstand. Absolut lesenswerte Diplomarbeit, die die Rechte der Frau in der Türkei und die dort angewanten Gesetzgebungen beschreibt: Nach Konsultation dieser Diplomarbeit habe ich ein vollkommen anderes Bild der rechtlichen Lage der türkei erhalten.

Referenz: Die Rechte der Frau in der Türkei - Diplomarbeit

Danke für den Link und Dein Posting.

Interessant auch die (notwendige) Differenzierung:
Die Stellung der Frau in der türkischen ländlichen Familie
Die Stellung der Frau in der türkischen städtischen Familie

Wobei sich das ländliche und urbane Leben vermischt haben, mittlerweile.
Daher kommt die AKP auch auf hohe Werte in Istanbul.

Kürzlich sagte mir unser Abteilungsleiter: "...die ist ja nun wie eine Deutsche". Es ging um um eine gebürtige Türkin die offen, liberal und modern in Erscheinung trat (TV). Soll heißen, moderne Türken in Deutschland sind nur deshalb modern und aufgeschlossen, weil sie quasi Deutsche geworden sind. Zumindest habe ich das so verstanden. War klar, dass ich das so nicht stehen lassen hab können. Dieses Bild was viele Deutschen in den Köpfen haben wird in der ganzen Türkei langsam Status Quo. Ähnliche Fragen gab es von einem Arzt, der sich gestern mit mir über die Türkei unterhalten hat.
Sollen die Türken das bekommen was sie wollten. In ein paar Jahren kommt das große Erwachen, spätestens dann wenn die Wirtschaftszahlen nicht das sind was sie einem vermitteln wollten. Das Make-Up ist dann weg. Doch dann schiebt man es eben auf irgendwelche ausländischen Kräfte, Zinslobby, etc. Viele werden das wohl aber auch abnehmen. Vielleicht sollte man für ein paar Monate die Sharia einführen und dem Erdogan-Clan die entsprechende Strafen zukommen lassen, dem Hobby-Moslem.

Ja, war etwas OT. Ich rege mich jetzt auch nicht weiter auf. Werde mir jetzt ein Hotel in Istanbul suchen. Weit weg von Fatih.
 

Almancali

Well-Known Member
Soll heißen, moderne Türken in Deutschland sind nur deshalb modern und aufgeschlossen, weil sie quasi Deutsche geworden sind.


Diese Art der verbalen Stigmatisierung verfolgt mich nun seit 41 Jahre meines Lebens. Es ist wirklich erschreckend, welches Bild man über Türken in der BRD pflegt. Als wenn wir irgendwelche ungebildeten Ratten wären, die irgendwo aus Höhlen und Löchern hervorgekrochen sind. Sorry meine etwas polarisierende Ausdrucksweise. Allerdings nehme ich eine zunehmende Radikalisierung meiner eigenen Person wahr, wenn es um dieses Thema geht.

Mein gesamtes Lebenlang muss ich mir immer wieder solche oder ähnliche stigmatisierende Aussagen in der BRD anhören. Schule, Ausbildung, Beruf, Studium, ... Benachteiligungen, Sonderstellungen, Diskriminierungen, ... Allerdings muss man dem auch das Bild entgegensetzen, welches Teile der anatolischen Zuwanderer aus dern 60'ern und 70'ern hier in der BRD hinterlassen haben. Ehrenmorde, Zwangshochzeiten, Filmriss, Integrationsprobleme durch Sprach- und Bildungshemmnisse usw.. Es ist kein Wunder, dass die Mitmenschen der BRD eine verzerrte Wahrhnehmung von Türken pflegen.

In den vergangenen Monaten habe ich mir etliche Dokumentationen zum Thema T.C. angesehen und durchgelesen. Ich stelle fest, dass die Türkei sehrwohl ein modernes Land ist und eine lange Linie der treuen Zusammenarbeit mit den Deutschen pflegte. Der Autobiographie von Atatürk kann man sehr viel wissenswertes entnehmen.

Aus der Zeit Atatürks:
  • Bau der Eisenbahn durch Deutsche,
  • Zahlreiche Projektarbeiten mit Deutschen,
  • Planung und Bau Ankaras durch österreichische Ingineure,
  • Gräber von deutschen Adelsmännern in Istanbul (nicht Tarabya),
  • und vieles mehr.
So etwas sieht der Deutsche natürlich nicht. In der Schule wird deutsche Geschichte nur mit Adolf Hitler anbgehandelt und gut ist's. Es ist nicht verwunderlich, dass immense Wissensdefizite beider Seiten auf so ein Verhalten der Öffentlichkeit stößt.
 

Ottoman

Well-Known Member
Diese Art der verbalen Stigmatisierung verfolgt mich nun seit 41 Jahre meines Lebens...

Du schreibst mir von der Seele - Danke!
Das von Dir angesprochgene Thema ist der Grund weshalb ich mich hier in diesem Forum vor fast 10 Jahren angemeldet habe. Themen von mir wie: Schwarze u. Weiße Türken sollte kein Standesdünkel sein, sondern ein Hinweis, dass es auch andere Türken gibt.

Gestern erzählte mir meine Frau, wie man damals ihre Mutter gefragt hat, ob sie wüßte wie man Bananen ißt. Einige waren verwundert, dass sie Netzstrumpfhosen trug. Die Liste ist lang... Es hat sich gebessert. Aber trotz Türkei-Tourismus muss ich mich immer wieder an den Kopf fassen, selbst hier in diesem Forum.

Und so etwas läuft als Kinderbuch:

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Almancali

Well-Known Member

Erkläre, was Steffi mit dem markierten Satz meint:
Sie meint bestimmt, das die Frauen in der Türkei wie der letzte Dreck behandelt werden. Beim Aufstehen bis zum Schlafengehen jede Sekunde in die Schnauze bekommen und sich sonstwie erniedrigen lassen müssen. Das Ganze gut verpackt gleich der gesamten Türkei an die Stirn getackert.

Den Kindern wird damit ein vollkommen verzerrtes Bild der Türkei und den Türken vermittelt. Fakt ist, dass die Türkei eines von vielen Ländern ist, welches die UN-Menschenrechtscharta mitgezeichnet hat. Selbst Atatürk hat die Gleichstellung von Frau und Mann explizit hevorgehoben. Jedenfalls kann man das in seiner Autobiographie nachlesen oder hören.

Allerdings ist hier schon der Knackpunkt.

Die in diesem Kinderbuch geschilderten Sachverhalte sind mir nicht unbekannt. Es ist in vielen Bereichen der Türkei auf Grund von Traditionen immer noch der Fall, dass Mädchen verschachert werden, Männer zuerst das Essen bekommen, Frauen verkloppt werden usw.. Allerdings ist das kein Problem der Menschenrechte und Gleichstellung - die Gesetze sind ja da. Es ist ein Problem der mangelnden Kennntisse und alter verwurzelter Traditionen.

Wie soll man seine Rechte kennen, wenn man kaum schreiben und lesen kann ? Wie soll man moderne Werte annehmen, wenn einem Tradition gelehrt wird ?

Die Deutschen maßen sich an, eine solche Bewertung (Meinungsmache) über die Türkei abzugeben. Dabei sollte man seine eigenen Bildungsdefizite überprüfen. In keinem kindgerechten Geschichtsbuch lese ich über die Zusammenarbeit von Deutschen und Türken. Deutsche und Türken als gemeinschaftliche Partner usw.. Es wird stattdessen der Türke als Fremdkörper und Andersartigkeit degradiert.

Allerdings wandern wir momentan ins OT ab. Daher sollten wir uns wieder auf das Hauptmerkmal von Twitter und Co. gesinnen.

Update: Nachgereicht die Referenz zu Atatürks Autobiographie.
 

Pitane

Gesperrt
glaubst du wirklich das die Deutschen ein solches Bild von den Türken und der Türkei haben!
Ich hoffe nicht das ein Großteil der hier lebenden Türken stigmatisiert ist.
 
S

sommersonne

Guest
Ihr Beiden habt nicht gemerkt, das es nicht um die Türkei geht in dem Kinderbuch?
Im Libanon wohnt der Rest der Familie und in vielen arabischen Familien wird die Essensreihenfolge noch so durchgeführt. Allerdings glaube ich nicht, daß die Frauen nicht in der Lage sind, sich noch in der Küche einen gerechten Anteil am Essen zu sichern.
 

Almancali

Well-Known Member

Basierend auf meiner persönlichen Lebenserfahrung und -situation, kann ich diese Frage nur mit einem klaren Ja beantworten.

Ihr Beiden habt nicht gemerkt, das es nicht um die Türkei geht in dem Kinderbuch?

Natürlich stammt der überwiegende Teil der Moselms in der BRD aus Jemen (Achtung: Sarkasmus). Die größte Bevölkerungsschickt mit 3 mio Ausländern in der BRD bildet nunmal die türkische Bevölkerung. Ich unterstelle daher einen Zusammenhang. Andernfalls würde ich unterstellen, dass man auf Grund der expliziten Nichtbenennung der Türkei, alle Moslems damit meint. Auch die Moslems (die muslimischen Länder), die eine implizite Verfassung der Gleichstellung gemäß der UN-Menschenrechtscharta unterzeichneten. Länder wie Arabien und Ägypten gehören nicht dazu, so dass sie aus der Betrachtung herausfallen. Davon abgesehen, dass Kinder den Unterschied zwischen Islam, Christ, Ägypten, Türkei vermutlich nicht verstehen und das somit allgemein als gültig empfinden. Es ist daher befremdlich, dass man den Kindern ein menschenrechtsfeindliches Bild der Andersartigkeit (hier vermutlich die Türkei und dem Islam) vermittelt.
 

univers

Well-Known Member
Ihr Beiden habt nicht gemerkt, das es nicht um die Türkei geht in dem Kinderbuch?
Im Libanon wohnt der Rest der Familie und in vielen arabischen Familien wird die Essensreihenfolge noch so durchgeführt. Allerdings glaube ich nicht, daß die Frauen nicht in der Lage sind, sich noch in der Küche einen gerechten Anteil am Essen zu sichern.
:)
Jetzt müssen die beiden Marathon-Writer ihre Überlegungen überdenken:)
 
S

sommersonne

Guest
Davon abgesehen, dass Kinder den Unterschied zwischen Islam, Christ, Ägypten, Türkei vermutlich nicht verstehen und das somit allgemein als gültig empfinden. Es ist daher befremdlich, dass man den Kindern ein menschenrechtsfeindliches Bild der Andersartigkeit (hier vermutlich die Türkei und dem Islam) vermittelt.

Ich verstehe Deinen Ärger.
Aber trotzdem interpretierst Du jetzt in das Kinderbuch etwas hinein, was da nicht steht. Du vermutest Türkei. Dem Buchstaben nach geht es um eine arabische Familie. Um den Islam ging es auf der Seite nicht, den Rest des Buches kennen wir nicht. Es ging um unterschiedliche Eßgewohnheiten und um die unterschiedliche Stellung von Frauen und Mädchen in den Familien.

Du überträgst Deine schlechten Erfahrungen auf das Buch. Wie soll man Kindern den Unterschied zwischen den Kulturen erklären? Man soll doch den Unterschied erklären? Sie sehen ja jeden Tag Menschen einer anderen Kultur.
 

Almancali

Well-Known Member
Wie soll man Kindern den Unterschied zwischen den Kulturen erklären? Man soll doch den Unterschied erklären? Sie sehen ja jeden Tag Menschen einer anderen Kultur.


Zugegeben, das Buch stellt die Gesellschaft einer libanesischen Familie dar. Ich habe mal danach im Internet gesucht. Allerdings finde ich die Fragestellung: "Das mit den Männern und Frauen bei euch finde ich sowieso doof ..." extrem polarisierend. Was sagt uns dieser Satz ? Dem Kind, also Steffi, wurde bereits im Vorfeld durch ihre Umgebung von einer Andersartigkeit innerhalb einer kulturell andersartigen Famlie gebrieft. Was wurde ihr mitgeteilt ? Das mit den Männern und Frauen ... Ja was ist damit ? Man zielt auf eine explizite Frage- und Antwortkonstellation ab. Diese kann nur die Antwort "Diskriminierung" beinhalten. Kinder wissen aber nicht, was innerhalb kulturell andersartiger Familien abgeht.

Wenn ich Kindern eine fremde Kultur beigringen täte, dann würde ich das erst auf das äußere beschränken. Sie sehen vieleicht dunkler, heller, roter, brauner aus als wir. Sie tragen andere Kleidung als wir usw.. Natürlich interpretiere ich gewisse Sachverhalte in solche Szenarien hinein. Allerdings hat sich der Autor doch irgendetwas mit dieser Fragestellung gedacht. Bzw. beabsichtigt.

Ich erinnere mich, als ich selbst noch Kind war. Da gab es diese Fragestellung der Andersartigkeit garnicht. Ich wuchs mit deutschen Kindern auf und spielte mit denen. Da gab es absolut keine Trennung oder Barriere zwischen einem Andreas und einem Murat, einem Elif und einer Kerstin.

Die Andersartigkeit und die kulturelle Differenz wurde einem erst im Schulaltag unter die Nase gerieben. Die anschließende Diskussionsrunden resultierten in diese stigamtisierten Bilder, die einem täglich vorgehalten werden. Kopftuch, Ehrenmorde, Integrationsdefizite usw.. Ich musste mir auch jahrelang "Ihr habt ein Integrationsproblem" anhöen. "Ihr diskriminiert die Frauen", "Ihr seit noch nicht soweit wie die Deutschen", "Ihr habt keine Gesetze". Damit wurde nicht ich explizit gemeint, jedoch wurde damit eine Gruppe, ein Volk - vornehmlich die Türken. mit gemeint. Ihr ihr ihr ... ob ich ein Integrationsproblem hatte oder vollkommen integriert war, war leider nicht das Thema.

Vor einiger Zeit habe ich auf dem KiKa (Kinderkanal) beim zufälligen Reinzappen auch etwas in Richtung Islam anhören dürfen, wo eine vollkommen verzerrte Darstellung des Sachverhaltes wiedergegeben wurde. Was ich damit zum Ausdruck bringen möchte ist, dass es hier nicht nur ein Lehrbuch über Andersartigkeit geht, sondern um eine politisch gewollte Meinungsmache und (indirekte) Hetze gegen fremde Kulturen.
 
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