§ 103 StGB

Dogan 1

Well-Known Member
Ganz einfach:
Wir leben in einem Rechtsstaat und Herr Böhmermann oder wer auch immer wird an der Rechtsordnung dieses Rechtsstaates gemessen.
Jeder hat das Recht, sofern er sich durch die Handlung eines anderen beleidigt oder verunglimpft fühlt rechtlich dagegen vorzugehen. Darin ist nichts verwerfliches zu sehen. Das Gericht entscheidet dann, ob es eine juristische Berechtigung gibt oder nicht.
Herr Erdogan kann auf die Äußerungen verweisen, die ihn als Sodomisten oder Kinderschänder bezeichnen, und fragen, warum sollte ich mich nicht dagegen wehren dürfen?
Was sollte man dagegen halten? Meinungsfreiheit? Nun er würde antworten: Lasst das doch die Gerichte entscheiden.
Und für sich genommen ist daran auch nichts auszusetzen.

Nur das alles ist in meinen Augen ein Nebenkriegsschauplatz. Die Meinungsfreiheit in der Türkei, und um die geht es mir (und ich denke letztendlich auch allen Kritikern), wird eben nicht durch seine Anzeige-Wut in Frage gestellt, sondern durch die Bedrohung der Unabhängigkeit der Justiz.
Gäbe es eine solch unabhängige Justiz in der Türkei wie in Deutschland, so könnten alle Gegner Erdogans sich gelassen zurücklehnen und auf den nächsten Freispruch warten. Und Erdogan könnte bis an sein Lebensende eine Anzeige nach der anderen schalten. Wen sollte es jucken?
Aber genau das ist eben nicht der Fall. Meinungsfreiheit wird erst dann durch Anzeigen bedroht, wenn der Anzeiger die Justiz in seiner Hand hat.

Und das ist ja hier in Deutschland wohl nicht ernsthaft so zu sehen. Oder?
 
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Dogan 1

Well-Known Member
§ 103 StGB

Der § 103 StGB stellt eine Straf-Verschärfung des § 185 StGB dar. Wenn ich mich einer Beleidigung iSd § 185 schuldig gemacht habe, dann drohen mir bis 1 Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.
Der § 103 droht bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe an. Zudem wird im Falle einer verleumderischen Beleidigung sogar reine Haftstrafe von 3 Monaten bis 5 Jahre angedroht. Verleumderisch könnte eine Beleidigung sein, wenn vorsätzlich Tatsachen behauptet werden, die falsch (& ehrverletzend) sind.


Es mag gute Gründe geben, die für einen Erhalt des § 103 sprechen: deutsche außenpolitische Interessen; Allerdings:
Das ist eine sehr harte Bestrafung. Meines Erachtens sollte es nicht einfach so eine Streichung , sondern eine Reform
dieses §§ geben. Es ist doch fraglich, ob die Beleidigung eines anderen Staates tatsächlich so hoch geahndet werden sollte.
Man könnte den § 185 ergänzen und dafür § 103 streichen; somit wären weiterhin die bundesdeutschen Außeninteressen gewahrt, doch das Strafmaß auf ein erträgliches Maß reduziert.

p.s.
Ob es systematische Gründe gibt, die gegen ein Zusammenlegen des § 103 mit dem § 185 sprechen? Da müssen dann die Volljuristen sprechen!;)
 

Almancali

Well-Known Member
dieses §§ geben. Es ist doch fraglich, ob die Beleidigung eines anderen Staates tatsächlich so hoch geahndet werden sollte.
Die TR hat ihren äquivalenten Paragraphen doch auch abgeändert und entsprechend verschärft. Galt vorher ein explizites Höchstmaß, kann dieses Höchstmaß nun entsprechend der Judikative (Erdogan) angepasst werden. Dabei unterschied man, ob die Beleidigung (synonym für Weiteres) innerhalb der TR die ausgesprochen wurde bzw. außerhalb. Innerhalb war das Strafmaß deutlich niedriger als außerhalb. Sprich: Würde ein Türke den Präsidenten außerhalb der TR beleidigen, würde er bis max. 2 Jahre länger weggesperrt werden, als wenn er die gleiche Beleidigung innerhalb der TR ausgesprochen hätte.
 

Dogan 1

Well-Known Member
Die TR hat ihren äquivalenten Paragraphen doch auch abgeändert und entsprechend verschärft. Galt vorher ein explizites Höchstmaß, kann dieses Höchstmaß nun entsprechend der Judikative (Erdogan) angepasst werden. Dabei unterschied man, ob die Beleidigung (synonym für Weiteres) innerhalb der TR die ausgesprochen wurde bzw. außerhalb. Innerhalb war das Strafmaß deutlich niedriger als außerhalb. Sprich: Würde ein Türke den Präsidenten außerhalb der TR beleidigen, würde er bis max. 2 Jahre länger weggesperrt werden, als wenn er die gleiche Beleidigung innerhalb der TR ausgesprochen hätte.

Juristisch gesehen entwickelt sich die Türkei leider zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten (und es treibt mir Tränen in die Augen).
Es gibt z.B. den Fall, dass zwei 13 Jährige Schüler ein Plakat mit Erdogan`s Konterfei (wahrscheinlich ein Wahlkampfplakat) von einer Wand heruntergerissen haben. Dies wurde vor Gericht als Beleidigung des Präsidenten gewertet und die Knirpse erhielten eine mehrmonatige Haftstrafe. (Ob die Betroffenen in Revision gegangen sind, weiß ich jetzt nicht.) Hierzulande wäre so etwas nur Sachbeschädigung und mit ein paar Euro erledigt.
 
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