Bei aller Freude, ja Euphorie begleitete ich das Ereignis von Anfang an mit Skepsis.
Das ging nicht nur Dir so. So klasse es war, dass die Mauer weg war und man auch ohne Pass rüber konnte.
Gemischte Gefühle inmitten allen Jubels. Weswegen ich mir für dieses Jahr konsequent vorgenommen hatte, den ganzen Wendekitsch zu schwänzen. Leider hatte ich komplett übersehen, dass die Medien schon weit vor dem 3. Oktober loslegen und jetzt noch immer nicht fertig sein würden damit.
Nein, ich will die Mauer nicht wiederhaben. Aber ein bisschen mehr ost-westliche Normalität wäre schön.
Und dann fällt einem wieder so was in die Hände, so eine Geschichte, bei der man nach Luft schnappt:
Warum ich mich nicht über den Mauerfall freuen konnte
Bei Dirk Kampling, geboren am 9. November, weckte die Maueröffnung Ängste statt Freude. Denn sein Vater, seine Mutter, sein Bruder und er selbst waren politisch inhaftiert - in der BRD und in der DDR.
Was für ein Mist! Die Leute tun mir einfach nur leid.
Noch mehr leid tun mir die, die nichts daraus gelernt haben, aus gar nichts. Wahlergebnisse aus infantilem "Protest", als "Abrechnung". Weil "man" ja angeblich gar-nichts-mehr-sagen-darf: geht's noch?
Die dadurch befeuerte, auf dem Vormarsch befindliche Kulturrestauration drückt sich in vielem aus, zum Beispiel auch darin: dass Deutschland wieder eine internationale "Gestaltungsmacht" sein soll. Militärisch, versteht sich.
Man achte auf die Zwischentöne. Aber vielleicht gibt's auch gar keine.
Vielleicht ist das wirklich so plump, wie es daherkommt. Keine Ahnung.
Das Blödeste ist die Vermutung, dass wir uns in zwei Jahren nach 2019 zurücksehnen werden.