AW: Analphabetentum ist weiblich
ich kenne das noch von meiner oma.... sie waren zu hause 14 kinder und nur die jungs sind zur schule gegangen. wenn ich mal in den ferien mehrere wochen bei den großeltern war, ist mir das erst bewusst geworden, das sie nicht richtig schreiben konnte. mein großvater hat jeden abend mit ihr gemeinsam die zeitung gelesen und versucht, das auszugleichen. später dann, im versteck nach 1933 hat sie von anderen leuten weiter schreiben und lesen gelernt und konnte briefe schreiben. als mein großvater starb, wurde mir noch einmal bewusst, wie isoliert , und eigentlich bevormundet frauen in jener zeit waren, wenn sie nicht schreiben und lesen lernen durften.. meine oma war eine großartige frau, ihre menschliche größe hätte ihr auch nicht das analphabetentum genommen.... aber das sie unter solchen umständen zum lernen bereit war, hat uns alle im nachherein fasziniert.
es war später ein ritual, das sie morgens ganz bedächtig die zeitung aufschlug und wirklich 2 stunden in der küche sass und las. das war für sie das größte.
deshalb bin ich heute auch immer sehr erschüttert, das eine nahezu kostenlose schulbildung durch schwänzen und gleichgültigkeit mit den füßen getreten wird.
MAR