Analphabetentum ist weiblich

C

cild1

Guest
AW: Analphabetentum ist weiblich

Meine Eltern sind beide analphabeten. Seine Schrift sah aus, wie die eines Erstklass-Schülers und das auch nach Jahren. Als ich jünger war, habe ich mich sehr dafür geschämt, dass die Unterschrift meiner Mutter aus einem waagerechten Strich bestand.


Liebe Aurora,

da gibt es nichts zu schämen!
Nichts schätz ich mehr als Menschen, die durch harte Arbeit ihr "Glück" finden und noch nebenher so zauberhafte Kinder erziehen!
Für Menschen wie Deine Eltern setzt ich mich bei meiner Arbit doppelt so viel ein!

viele liebe grüße
 
C

cild1

Guest
AW: Analphabetentum ist weiblich

meine oma war eine großartige frau, ihre menschliche größe hätte ihr auch nicht das analphabetentum genommen....
MAR


Ist das die Oma gewesen, die gesagt hat," in schlechten Zeiten waren es immer die Juden und die Radfahrer gewesen?"

der Satz ist mir so hängen geblieben und ich finde ihn einfach grandios und treffend, sie war bestimmt eine coole "Frau"!
Du hast recht, die menschliche Größe hat mit analphabetentum nichts zu tun!
Manchmal habe ich erlebt, dass sie andere Sinne kompensatorisch schärfen und eine besondere Sensibilität entwickeln.
 
A

Anouk

Guest
AW: Analphabetentum ist weiblich

Meine Eltern sind beide analphabeten. Meine Mutter ist jetzt 60 Jahre alt und damals, als sie noch jung war, sind Mädchen nicht in die Schule gegangen. Es war wichtiger, dass sie kochen lernen, für ihre Aussteuer irgendwelche Sachen stricken und einfach fromm sind und nichts hinterfragen. Mein Vater kam aus einer sehr armen Familie und erst als er in den 70er Jahren nach Deutschland kam, hat er sich mit größter Mühe das Lesen und das Schreiben beigebracht.

Da ziehe ich aber ganz tief den Hut vor Deinem Vater, Aurora. Tolle Leistung, dass er es sich selbst beigebracht hat, neben der Arbeit, nehme ich an - das stelle ich mir sehr hart vor. In den 70ern gab es bestimmt noch nicht viele Alphabetisierungskurse an Volkshochschulen..

Von einer gleichaltrigen türkischen Bekannten weiß ich seit schon seit einiger Zeit, dass sie nicht lesen und schreiben kann. Sie ist zwar zur Schule gegangen, aber nur drei oder vier Jahre und hat längst alles verlernt. Aber Alphabetisierungskurse für Migranten sind zumindest in kleineren Städten anscheinend Mangelware. :?
 

Inada

New Member
AW: Analphabetentum ist weiblich

Es ist erschreckend, dass in vielen Regionen der Welt die Frau einfach nach wie vor als Hausfrau und Mutter ausgebildet wird, d.h. die Eltern die Notwendigkeit der schulischen Bildung ihrer Töchter gar nicht sehen. Und oftmals spielt auch in die Überlegungen ein, dass die Schulen in best. Regionen teuer sind und man, wenn man viele Kinder hat, zunächst die Jungs einschult. Es wäre ein so wichtiger Schritt, die Schulen allen zugänglich zu machen, so dass zumindest das Lesen und Schreiben in jungen Jahren vermittelt werden kann und die Frauen eigenständiger sind und nicht nur auf die Männer angewiesen. Denn diese Frauen haben oft das Problem, dass sie, wenn sie alleine sind, durch Ableben des Ehemannes oder einer Trennung, sie es nicht schaffen, sich der Bürokratie, etc. selbst zu stellen. Wir werden diese Frauen zumindest in Deutschland unterstützen, insbesondere Frauen aus der Türkei, die hier herkamen und der Sprache und Schrift nicht mächtig sind. Dafür steht auch unser Verein der Migranten und deren Integration fördert. Falls ihr Betroffene kennt, können sie sich gerne an mich wenden. Liebe Grüße
 
M

mar

Guest
AW: Analphabetentum ist weiblich

Ist das die Oma gewesen, die gesagt hat," in schlechten Zeiten waren es immer die Juden und die Radfahrer gewesen?"

der Satz ist mir so hängen geblieben und ich finde ihn einfach grandios und treffend, sie war bestimmt eine coole "Frau"!
Du hast recht, die menschliche Größe hat mit analphabetentum nichts zu tun!
Manchmal habe ich erlebt, dass sie andere Sinne kompensatorisch schärfen und eine besondere Sensibilität entwickeln.

nein, das hatte eine ältere freundin gesagt, als der kindergarten in berlin geschändet wurde... aber solche sprüche hätte meine oma auch drauf gehabt off topic

on topic, ich finde das auch nicht zum schämen, aurora, und wirklich , es ist so schwer im erwachsenen alter damit anzufangen, mit familie im hintergrund, kindern und ehefrau und alltagssorgen.
hut ab.

MAR

 
A

Anouk

Guest
AW: Analphabetentum ist weiblich

und je mehr sie vor dem fernseher hängen oder passive computerspiele "in sich reinziehen" anstatt mal ein buch zu lesen, wird der trend nicht besser...

Wenn man Lesen und Schreiben als Maß aller Dinge nimmt. Natürlich ist es aus unserer jetzigen Sicht eine Grundfertigkeit, keine Frage - andererseits verändert sich die Kommunikation dermaßen schnell, dass ich mich frage, ob es in 30 oder 50 Jahren abgesehen von bestimmten Berufen (die sich ja möglicherweise auch wandeln, aussterben oder durch andere ersetzt werden) überhaupt noch erforderlich sein wird, im althergebrachten Sinne ein Buch lesen zu können. Wesentliche Inhalte werden doch schon jetzt zunehmend interaktiv aufbereitet und nutzbar gemacht - das ist es dann. Und viele, viele Menschen setzen in ihrem Erwachsenenleben eh' auf völlig andere Kommunikationsformen - siehe Handy, TV..

Okay, auch eine Bedienungsanleitung will gelesen und verstanden sein. Aber theoretisch reicht ja einer, der das kann, und zehn Leute nutzen es dann. Oder die Benutzeroberflächen werden dermaßen intuitiv verständlich, dass man irgendwann keine Bedienungsanleitung mehr braucht, sondern nur noch lustigen Smilies und Piktogrammen folgt. Oder so ähnlich. Am Ende siegt vermutlich die Bequemlichkeit. Das, was funktional nützlich ist und Zeit spart. Bücher und Zeitungen sind was Tolles, keine Frage, aber im Grunde Medien von vorgestern.
Sorry für off topic - aber ich wollte mal ein bißchen ketzerisch sein.. :)

;)
anouk
 
A

aurora

Guest
AW: Analphabetentum ist weiblich

Ich schäme mich auch nicht mehr dafür, nur als ich noch in der Grundschule war, hat der Lehrer gesagt, dass ist doch keine Unterschrift. Ich habe mich als Kind geschämt, weil ich es nicht verstehen konnte. Es gibt viel, was ich an meiner Mutter bewundere, z.B. dass sie alle Gebete auswendig kann und seit ihrem fünften Lebensjahr täglich fünfmal betet und das ohne jede Ausnahme.
 

Saadet1988

New Member
AW: Analphabetentum ist weiblich

Meine Mutter ist auch nahezu Analphabetin, die einzigen Worte die sie bis vor einem halben Jahre lesen konnte waren: Zutaten, Schweinefleisch und Alkohol. Sie spricht dafür ein sehr gutes Deutsch. Seit einem halben Jahr lernt sie Deutsch zu schreiben und lesen, was ich sehr schön finde, da es mit Sicherheit mit 42 Jahren nicht mehr ganz so einfach ist wie im Kindesalter. Ich versuch ihr dabei zu helfen, indem ich ihr ihre selbst geschriebenen Texte nach bestem Wissen versuche zu korrigieren und mit ihr lesen übe. Zu meiner Schande muss ich aber sagen, dass wir das auch nur einmal in der Woche machen.:oops:
 
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