Begegnungen

univers

Well-Known Member
Immer wieder Donnerstags finden sich ein Paar Erzeuger, ein Inder, Ein Grillhähnchen Imbiss, ein Fisch Räucher und ein Berliner-Currywurst Verkäufer inmitten der Stadt, auf der Fußgängerzone zu einem Markt zusammen.

Vor einer Woche wollte ich auf die schnelle, wieder eine Currywurst essen, weil mir die gegrillten Hähnchen nicht gut bekommen.
Der Stand ist auf einem dreirädrigem Fahrzeug montiert, schön rot gefärbt und er selbst, der Verkäufer ein geselliger Mann mittlerem Alters.
Ich hatte schon einige Male beim ihm gegessen und so kennt man sich flüchtig.
Ich lehnte mich an die Theke und rief eine Currywurst und hielt beim rufen inne, weil auf der Theke ein Schild von 15 x 10 cm. meine Aufmerksamkeit weckte.
Auf dieser war eine Schärfe Skala von A-G mit den dazugehörigen Scoville Zahl angebracht. War mir vorher nicht aufgefallen, es sei denn sie war neu.
Und Scoville sagte mir überhaupt nichts.
Von Neugier angetrieben, überlegte ich kurz und rief;
- Die D bitte..
Ein älterer Mann schob im Rollstuhl eine ziemlich alte Frau vor sich, beide waren angeheitert und sie machten an dem Stand genau mir gegenüber, seitlich vom Stand halt, es nieselte ein wenig. Der Mann geriet mit dem Wurst Verkäufer in ein Gespräch, der Rollstuhl mit der älteren Frau rollte von sich selbst angesichts der Neigung des Bodens, aus dem Schutzbereich der Plane des Standes in den Regen rein.
Der Verkäufer war während dessen mit der Zubereitung der Schärfe beschäftigt und versuchte gleichzeitig dem altem Mann zu antworten. Ich mischte mich ein und fragte den Mann, der den Rollstuhl geschoben hatte, ob sie keinen Regenschirm dabei hätten, denn die Frau stand nun im Regen.
Er drehte sich zu der Frau um und meinte, dass so viel Regen nicht ausmachte und knuddelte die ältere Frau, beide lachten.
Meine Currywurst stand vor mir.
"Hier, den Kakao kriegst du gratis" sagte der Verkäufer und stellte eine 250 ml. Tetra-Packung Kakao auf die Theke.
Ich solle es trinken, wenn bedarf ist, er mahnte mich noch, dass ich unbedingt Brot zu essen müßte.
Ich dachte bei mir, dass er mit den Warnungen seinen Schauspiel als der Scharfmacher krönen wollte.
Nun mit guten Ratschlägen gewappnet begann ich zu essen. Augenblicklich brannte mir die Zunge, der Gaumen und überhaupt war mein Mund ein Feuerinferno.
Das schlucken war ebenso peinigend und nachdem der Bissen geschluckt war, reagierte auch der Magen sogleich, es brannte.
Und die alten Leute lachten, standen im Regen und scherten sich nicht drum.
Noch ließ ich den Kakao unberührt, aß aber Brot zu. Wie, überlegte ich bei mir, wie konnte ich das ganze essen?
Ich war ratlos, sollte ich aufgeben oder doch weiter essen? Ich nahm den zweiten Happen , weil ich insgeheim hoffte, dass der Gaumen und die Zunge nun betäubt wären.
Dem war es nicht so, Regenwasser rinnte von der Plane ab, ich hielt die Hand davor, sammelte etwas davon in der Handfläche und benässte mir damit Nacken und Gesicht.
Ja, das tat gut.
Der Verkäufer hüpfte hinter der Theke, auf der Stelle und rief seinem Nachbar, dem Fisch Räucher irgendwas zu, ich verstand nicht, meine ganze Wahrnehmung war auf meinem Mund eingeschränkt, aber mir war klar, dass ich das Gesprächsthema war.
Ein neuer Kunde gesellte sich zu und auch er nahm die Schärfe Skala wahr, also mußte sie neu sein.
Er fragte den Verkäufer nach den Graden, dieser zeigte auf mich und erklärte,dass ich gerade die "D" versuchte.
Ich brauchte dringend menschliche Geselligkeit, also bot ich dem neuem Kunden an, dass er zur Probe ein stück haben kann, wenn er wollte.
Er mußte doch mit mir leiden, war er doch ein Mensch bzw. ich mußte meine Menschlichkeit durch seinen Leid bestätigt haben, wie sonst könnte ich mir selbst erklären, dass ich "D" versucht habe?
Er bedankte verneinend und begnügte sich mit "B".
Dann kam ein junges Pärchen und wieder die Frage an den Verkäufer, was die Buchstaben und Scoville zu bedeuten hätte und wieder wurde ich das lebendige Beispiel für "D".
Und ich bot den Fragenden von meiner Wurst an. Er nahm an und meinte, ja, das ist scharf, er nimmt dann die A.
Mann solle nicht glaube, dass ich stolz auf mich wäre. Denn ich fühlte mich diesem Geschmack gegenüber ohnmächtig.
Aber der dritte Bissen war an der Reihe und mir wurden die Knien weich. Aß den dritten Bissen zu Ende und gab auf, verabschiedete mich jaulend, ließ den Rest, in der Hoffnung, dass ich damit noch jemanden mitfühlen könnte einpacken, ging davon. Der Verkäufer bestand drauf, dass ich den Kakao mitnehmen sollte.
Ich nahm es nicht an und ging zu einem Cafe.
Dort kannte man sich und ab und an bot ich der Bedienung auch was essbares an, wenn ich gerade von der Bäckerei dahin ging.
Eigentlich war sie ein liebes und mir klar, dass ich ihre Freundlichkeit ausnützen würde, wenn ich ihr von meiner Currywurst anbot, so als ob ich sagen würde, da hast du es, du die sonst von meinen Essen Mitbringsel immer Gebrauch machst.
Ich bestellte mir einen Tee, von dem ich mir Linderung erhoffte und bot ihr halbherzig von der Wurst an, aber sagte offen heraus, das es scharf wäre.
Zum Glück nahm sie es nicht an, vor ihr auf der Theke stand noch eine Pizza Schachtel.
Während ich so da saß und wartete, dass der Tee zog, kam ein junger Grieche uns setzte sich an meiner Seite auf den Hocker.
Er war ein wenig Geistesgestört, redete gern und bedenkenlos, aber was er redete, spaltete einem die Logik.
Ich dachte bei mir, dass dies meine Chance wäre, um meine Unbarmherzigkeit an der Menschheit auszuüben.
Ich wußte nicht mal seinen Namen, aber bot ihn von der Wurst an und die Bedienung unterstütze mich dabei. Ah, die Liebe.
Er sagte, das er noch rauche, gleich würde er es essen. Ich mußte aufmerksam sein, damit er nicht davon ging, noch bevor er die wurst geschmeckt hat, denn sein Verhalten war nicht gerade zurechnungsfähig.
Und tatsächlich, nach dem er zu ende geraucht hatte, wollte er gleich noch eine Zigarette anmachen, ich sprang ein und erinnerte ihn an die Wurst, mit dem Versprechen, dass er danach von mir eine Zigarette kriegen würde und zeigte auf die Zigarettenpackung vor mir.
Das beflügelte ihn, denn während er nach seiner Packung Zigaretten griff, um eine zweite Zigarette anzumachen, war zu sehen, dass darin keine mehr waren.
Ich schob die Currywurstschale zu ihm rüber und er begann zu essen. Schon nach dem erstem reinbeißen befand er die Wurst für scharf und hörte ganz unspektakulär auf zu essen.
Aber nach dem er aufgehört hatte zu essen, rief er wie eine hängenden Schallplatte andauernd scharf..oh, scharf.
Ich hielt Wort, gab ihm eine Zigarette und bestellte zum abkühlen eine Kola.
Die Wurst war immer noch noch aufgegessen.
Neben dem Griechin sass eine ca. 50 jährige Frau und las in einem Buch. Ich konnte sehen wie sie sich beinah in die Lippen biß, um ihr lachen zu verbergen.
Aber sei konnte nicht umhin und mischte sich in das Gespräch ein und meinte, vor allem muß man die Schärfe zweimal ausbaden, mit essen wäre es nicht getan.
Erst ein Tag später bewahrheitete sich ihre Aussage und ich war arg verärgert darüber, wie man das Treiben diesen Verkäufers vom Mensch mit Gesetzen in Einklang bringen könnte.
Er gehörte eingesperrt zu sein.
Jedoch wollte ich diesen Experiment nicht auf eine elende Weise benenden und nahm es mit nach Hause.
Nachdem sowohl ich und auch die Currywurst abgekühlt war, starte ich einen neuen Versuch.
Mit viel und noch mehr Wasser aß ich es zu Ende.
Jawohl, aber beim nächsten Besuch des Currystands, will ich mit A anfangen.
Große Sprünge bringen nicht voran.
Aber lasst euch gesagt sein bitte, solltet ihr neugierig auf Scoville sein, dann nimmt es abgekühlt zu euch, denn damit wär euch solch ein ellenlanger Bericht zu verfassen erspart bleiben.
 

Yildiz2008

Well-Known Member
AW: Begegnungen

mich würd ja mal interessieren, wie es dem Darm danach erging :biggrin: köstlich uni köstlich :biggrin:
 

Lisua

New Member
AW: Begegnungen

...................:biggrin: Viel zu geil.

Ich hab auch schon extra scharft Curry-Wurst (angefangen) gegessen. 3 Stücke haben mir gereicht und ich hab aufgegeben 8)
 

Yildiz2008

Well-Known Member
AW: Begegnungen

Bei RTL läuft grad eine Reportage über currywurst in köln (scharf) da musst ich sofort an dich denken UNI :tongue:
 
Top