Es gibt seit ca. zwei Jahrzehnten die von Historikern gestützte These, daß der Isalm zu Europa gehöre, vertreten mit guten Gründen etwa von Borgolte.
http://www.taz.de/!5183668/
siehe auch:
http://www.bpb.de/apuz/33398/der-islam-als-geburtshelfer-europas?p=all
Das hat nichts mit neuer Mode zu tun.
In den letzten Jahren ist diese Diskussion verstärkt geführt worden, vor allem seit Christian Wulff sich entsprechend positionierte. Nicht zufällig ist er nun Präsident des "Euro-Mediterranen-Arabischen-Ländervereins".
Wie die Befürworter der These, dass der Islam zu Europa gehört, den Spagat hinbekommen, eine Ideologie, die alles was Europa ausmacht ablehnt, zu Europa gehörend zu sehen, ist mir ein Rätsel.
Auch amerikanische Historiker stellen schon seit langem die Frage, warum der Islam aus seiner wissenschaftlichen Vormachtstellung, die er in Europa erworben hat, nichts gemacht hat, warum er also mit dem Kapitalismus nicht kompatibel war im Unterschied zu seinen europäischen Erben.
Das liegt in der Natur der Sache. Eine Wissenschaft in unserem Sinne kann es im Islam gar nicht geben, weil alles, was es gibt, im Koran steht und was nicht im Koran steht, gibt es nicht. Die Muslime der Anfangszeit haben sich das Wissen der Antike angeeignet. Durch die zahlreichen Eroberungszüge sind ihnen alte Schriften in die Hände gefallen. Weiter entwickelt haben sie davon nichts. Vieles, was man dem Islam zuschreibt, stammt aus anderen Kulturen und das beste Beispiel sind hier die "Arabischen Zahlen", die aus Indien stammen.
Das alles ist aber nicht mein Punkt gewesen.
Mein Punkt war, daß Konstantinopel noch nicht islamisiert war, als die Araber schon wieder raus aus Spanien waren. Zu dem Zeitpunkt war Konstantinopel immer noch Hauptstadt des oströmischen Reichs, und zwar bis 1453.
Du suggerierst, dass das Byzantinische Reich in seiner ganzen Ausdehnung bis 1453 bestand. Das stimmt nicht. Als Konstantinopel fiel, war bereits das gesamte Umland verloren. Die Schlacht von Manzikert 1071 leitete den Niedergang von Byzanz ein und markiert den Beginn der türkischen Eroberung Anatoliens damals durch die Seldschuken. Deren Erbe waren dann die Osmanen.
Erst von diesem Zeitpunkt an wurde die europäische Kultur allmählich, aber so ganz nie, zurückgedrängt. Und wegen dieser Besonderheit, um nicht noch die Eroberung des Balkans zu bemühen, sind die Wurzeln und die Ausrichtung des osmanischen Reichs europäisch und nicht arabisch.
Eine europäische Wurzel gibt es nicht und eine Arabische schon gar nicht. Was liegt näher als anzunehmen, dass die Wurzel des Osmanischen Reichs türkischer Natur war? Schlagendes Indiz dafür ist die Sprache. Wo sind die Einflüsse der Europäer? Erst mit Atatürk verschwanden die Lehnswörter aus dem Arabischen und Persischen. Dafür bediente man sich nun bei den Briten und Franzosen. Die Türken aus der Türkei können sich problemlos mit den Turkmenen unterhalten, die Sprache hat sich also kaum grundlegend geändert. Die Turkvölker haben sich schon immer von anderen Kulturen abgegrenzt.
Das osmanische Reich war verwaltungstechnisch das modernste Großreich nach Zerfall des oströmischen Reichs. Das heilige römische Reich deutscher Nation war demgegenüber wüst. Kein Vorbild für den ersten Nationalstaat auf europäischem Boden.
Es ist immer schwierig mit einer politischen Ideologie im Hinterkopf einigermaßen objektiv zu sein. Das HRR als wüst zu bezeichnen, ist absurd. Erst nach 1618 begann die fast völlige Zerstörung des Deutschen Reiches. Dann hat die Bezeichnung Wüst seine Berechtigung. Aber Frankreich existiert seit dem Tod von Kaiser Karl und bestand bereits fast 500 Jahre, als Osman geboren wurde. Und als das Osmanische Reich dann das war, was wir heute vor Augen haben, wenn davon berichtet wird, dann gab es Frankreich seit 700 Jahren. Der Unterschied zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich liegt darin, dass Frankreich schon immer ein Zentralstaat war mit einer erblichen Monarchie. Das Deutsche Reich war bereits damals fast schon so föderalistisch aufgebaut wie die heutige Bundesrepublik. Darüber hinaus wurde der König gewählt, es gab keine erbliche Monarchie. Das hatte zur Folge, dass der deutsche König politisch geschwächt war und seinem Anspruch als Kaiser nie gerecht werden konnte. Die wahre Macht in deutschen Landen hatten die Fürsten. In Frankreich lief alles auf den König zu und da dieser "Posten" vererbt wurde, konnte auch niemand Anspruch darauf erheben, der nicht aus der Königsfamilie stammte.
Und hier liegt die Verbindung vom Zentralismus des osmanischen Reichs zum Zentralismus des Staats des Sonnenkönigs
Das sehe ich nicht so. Wie kann sich ein erheblich länger existierendes Land, dessen Strukturen schon lange bestanden, an einem erheblich jüngeren Staat orientieren? Tatsache ist, dass jedes zentralistische Land ähnlich aufgebaut war. Im Mittelpunkt stand immer der Herrscher. Wie problematisch die Position eines Königs sein konnte, wenn er die Macht mit anderen teilen musste, zeigt England. Im Osmanischen Reich gab es außerhalb der Familie Osman keinen nennenswerten Adel.