Alubehütet
Well-Known Member
Yücel: Bis zu meiner Inhaftierung war ich Journalist, Beobachter dieses Verhältnisses. Plötzlich wurde ich selbst zu dessen Gegenstand. Darum möchte ich die Türkei-Politik der Bundesregierung von Angela Merkel nicht im Lichte meiner Geschichte bewerten. Das eine ist das, was ich aus dem Gefängnis gesagt habe: Für schmutzige Deals stehe ich nicht zur Verfügung.
Aber ich wusste auch, dass es zur Natur einer Geiselnahme gehört, dass der Geiselnehmer seine Geisel freilässt, wenn er meint, eine Gegenleistung bekommen zu haben. So, wie man mich nicht nach meiner Meinung gefragt hat, ob ich in den Knast will, war mir auch klar, dass man mich nicht nach meiner Meinung fragen würde, ob ich wieder raus möchte. Da hätte ich lange sagen können: Nee, ich weiß jetzt nicht so ganz genau, was da abgesprochen wurde, deswegen verlasse ich den Knast nicht.
Akrap: Zugetraut hätte ich es dir.
Yücel: Vielleicht. Aber ich sag dir, wie die darauf reagiert hätten: „Raus hier, Spinner!“
Das hatte ich auch gedacht.Aber ich wusste auch, dass es zur Natur einer Geiselnahme gehört, dass der Geiselnehmer seine Geisel freilässt, wenn er meint, eine Gegenleistung bekommen zu haben. So, wie man mich nicht nach meiner Meinung gefragt hat, ob ich in den Knast will, war mir auch klar, dass man mich nicht nach meiner Meinung fragen würde, ob ich wieder raus möchte. Da hätte ich lange sagen können: Nee, ich weiß jetzt nicht so ganz genau, was da abgesprochen wurde, deswegen verlasse ich den Knast nicht.
Akrap: Zugetraut hätte ich es dir.
Yücel: Vielleicht. Aber ich sag dir, wie die darauf reagiert hätten: „Raus hier, Spinner!“
Böhmer: Aber du hast doch sicher eine Meinung zur deutschen Türkei-Politik.
Yücel: Grundsätzlich denke ich, dass die Regierung von Angela Merkel alle progressiven und demokratischen Kräfte in der Türkei zweimal verraten hat. Das erste Mal 2005, als die politische Entwicklung der Türkei noch in Richtung einer Europäisierung ging. Da hat die Bundesregierung den Türken klargemacht: Ihr kommt nicht in die EU, völlig egal, was ihr tut. Der zweite Verrat war der Besuch der Bundeskanzlerin im Zuge der Flüchtlingskrise und zwei Wochen vor der Wahlwiederholung im November 2015, als sie der Türkei eine Aufhebung der Visumspflicht in Aussicht gestellt hat. Das war eine in der internationalen Diplomatie völlig unübliche Wahlkampfhilfe.