Vom Prozeß gegen die
Cumhuriyet, der am 11. September fortgesetzt wird,
berichtet auch die linke Wochenzeitung Jungle World:
Eine Woche lang hatten die Angeklagten zu den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfen Stellung bezogen. Die einzelnen Stellungnahmen verdeutlichen die Absurdität des Verfahrens. Dem Karikaturisten Musa Kart wird eine Verbindung zu der von der türkischen Regierung als Terrororganisation eingestuften Hizmet-Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen vorgeworfen. Kart hatte einen dreitägigen Urlaub im beliebten Ferienort Bodrum bei einer Reiseagentur gebucht, der Verbindungen zur Gülen-Bewegung nachgesagt werden. »Ich hatte auf drei Tage Meerblick gehofft, als ich diese Reservierung machte. Stattdessen war ich jetzt neun Monate im Gefängnis in Silivri in einer Zelle mit Blick auf Beton«, so der Angeklagte. Die Anklageschriften zeigen eine Art der Beweisführung, die der Satiriker Kart als Posse bezeichnet: »Ein anderer Kollege wird angeklagt, weil der Handwerker, der das Parkett in seinem Haus verlegt hat, auch für ein Mitglied der Gülen-Sekte gearbeitet haben soll.« Der mutige Cartoonist meinte, dass die 30seitige Anklageschrift, die die Staatsanwaltschaft in fast sechs Monaten angefertigt habe, besser sei als das Lebenswerk vieler Satiriker.