Sind wir im internationalen Vergleich wirklich so furchtbar bärbeißig? Oder vielleicht nur zu Ausländern und Leuten, die so aussehen? Was Ferda Atamans Eindruck auch erklären könnte.
Guter Text, und ja, sie hat meiner Meinung nach teilweise sehr recht. Es ist aber nicht nur im internationalen Vergleich so. Süddeutschen kommt der (Achtung, Euphemismus!) pulvertrockene Charme vieler Norddeutscher auch öfters unhöflich vor. Dabei braucht es einfach Zeit, bis Nordlichter auftauen, und wer das begreift, hat es leichter. (Wie mein im Süden lebender Onkel und meine Tante. Die finden diese Art "erfrischend klar und geradeaus". Nun ja, wie man's nimmt. Es gibt ja auch Stinkstiefel dazwischen.)
Wahrscheinlich ist's die gleiche Hürde, die es mir bei Reisen in süddeutsche Gefilde oft nicht ganz leicht macht, zum Beispiel hinter bayrisch derbem Gegrummel - wobei ich mich immer kulturell ausgegrenzt fühle, weil sie's untereinander fließend fertigbringen - Spuren von echter Kommunikationsbereitschaft oder Humor zu entdecken.
Ohne jede Höflichkeitsfloskel äußerten sie ihre Wünsche als Forderungen und ihre Gastfreundschaft gehe selten über eine grummelnd gereichte Tasse Kaffee und ein paar Kekse hinaus.
Das scheint tatsächlich so zu sein, ja. Jedenfalls war ich schon verschiedentlich überrascht, wenn ich von arabisch- oder türkeistämmigen Bekannten später zu hören bekam, bei uns gehe es ja gar nicht deutsch zu, sehr angenehm, und als ich mal fragte, was damit gemeint sei: man fühle sich völlig normal behandelt, nicht seltsam beäugt oder genauestens ausgefragt. Und vor allem: Gäste seien automatisch zum Essen eingeladen!
Klar, was sonst? Und dass Gäste zum Essen bleiben, finde ich normal, weil ich so aufgewachsen bin. Bei uns daheim war das grundsätzlich so, und ich würde mich schämen, Besuch wegzuschicken, nur weil gerade Essenszeit ist - aber das scheint tatsächlich bei vielen Leuten der Fall zu sein. Wahrscheinlich haben sie dann einfach nicht genug eingeplant, mag sein, aber für solche Fälle hat man doch meist irgendwas im Haus, womit das Essen sich strecken lässt? Notfalls Pasta, das tut's immer. Oder man geht wie in Italien kurz gemeinsam um's Eck. Oder bestellt einfach Pizza, ist doch egal. Das muss man doch nicht so kompliziert machen.. ; )
Wegen unserer Tischsitten gelten wir in Italien übrigens oft als Barbaren. Alles inklusive Sättigungsbeilagen auf einen Teller stapeln: unmöglich!, geht gar nicht.
