Gedanken über Pauline

C

cyrano

Guest
AW: Gedanken über Pauline

Irren kann ich mich ja natürlich, aber mit der Glaube, dass ich mich nicht irre, soll ich sagen: Ich bin, mit Nietzsche ausgedrückt, ein richtiges Ohr für Paulines Mund. Tatsächlich höre ich sie gern oft zu und genisse das. Nun da hier Deutsch derzeit keine Rolle spielt, soll ich sofort ergänzen. Ich auch kann, so glaube ich, sein, wenn nicht schon so bin, ein richtiger Mund für ihre Ohren. Deshalb geniesse ich oft, in meinen Gedanken mit ihr zu plaudern, zu diskutieren und zu reden. Um die Neugier der Neugirigen zu löschen, muss ich sofort äussern. Ich rede mit ihr meistens über dies und das. Einmal plaudern wir über Adorno. Einmal erzählt sie mir lang von der deutschen Politik. Ein anderes Mal diskutieren wir heftig über den heutigen Feminismus.

Allerdings gibt es keine Zeit und keinen Raum in solchen innerlichen Gedanken. Nun da es ich ist, der ich hierher schreibe und nun da das Belieben mein ist, will ich mal sehen, wie ein kurzer Dialog mit ihr in der Zeit und im Raum wäre. Wir sind an einem Nachmittag in einer Strasse in Leipzig:

- Schön, oder?
- Bitte?
- Das Haus dort, vielmehr die Architektur des Hauses, meine ich. Ist es nicht schön?
- Hahahaha!... Ja, schön!..
- Warum lachst du denn?
- Dass du das schön findest, was ich langweilig finde, hat mich zum Lachen gebracht. Sorry!
- Macht nichts! Darüber hinaus hast du wohl recht. Ich würde auch das langweilig finden, was ich jeden Tag sehe! Aber, ach, schau mal!... Das, drüben!
- Ach, komm schon!... Auf dieser Weise werden wir spät sein! Also, beeile dich! Du musst deinen Zug...
- Okay, okay! Da bin ich!
- Sag mal! Hast du etwa Hunger? Ich kenne ein perfekten türkischen Imbiss, nicht so weit von hier. Du musst dessen Döner-Kebap unbedingt probieren!..
- Hahaha!...
- Warum lachst du denn jetzt?
- .....
- Ach, ok! Vergiss es!
- Gott! Das sind wirklich toll! Wohl hatte Goethe eine paar Nachte gerade in diesem Hause übernacht. Was meinst du?
- Warum nicht?
- Oder vielleicht hatten er und Schiller in jenem Cafe plaudernd Tee getrunken?
- Auch möglich!
- Oder vielleicht....
- Cyranooo!.... Guck mal!... Es ist schon 16:40 Uhr! Wir müssen uns beeilen, sonst wirst du dein Zug verpassen!
- Ok, ok!... Gehen wir denn!
- Pass auf! Du wirst hinfallen!...
 
P

pauline09

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AW: Gedanken über Pauline

Ach, Cyrano.. Du bist wirklich ein verrückter Vogel. Was stelle ich jetzt mit Dir an..? Am besten sag ich Dir, wie's ist: ich bin die denkbar ungeeignetste Person, an die sich Deine Gedanken und Zeilen richten könnten. Abgesehen davon, dass ich etliche Jährchen älter bin als Du (sofern Du wirklich 33 bist) und sowieso der wandelnde Alptraum jeder Schwiegermutter (weil geschieden, alleinerziehend und eigensinnig), würde ich gern einfach für mich bleiben. Entschiedener denn je.

Weil ich im vergangenen Herbst schwer erkrankt bin und noch immer mit den Folgen zu kämpfen habe. Weswegen ich die mir verbliebene Kraft und Energie dafür brauche, mein Leben neu zu sortieren. Meinen Beruf kann ich zurzeit nicht mehr ausüben, und ob ich es je wieder können werde, ist fraglich. Krankengeld bekomme ich nicht; eine Berufsunfähigkeitsversicherung habe ich nicht; und um meinen Geschwistern nicht weiter auf der Tasche zu liegen und nicht ganz durch die Maschen zu fallen, verkaufe ich zurzeit die Wohnung, in der ich seit 15 Jahren lebe. Das hat sich von allen angedachten Lösungen als die sinnigste erwiesen, und was die Zukunft bringt, weiß ich noch nicht. So schaut's aus.

Und ich denke wirklich keine Sekunde darüber nach, wie es wohl wäre, wieder jemanden kennenzulernen. Das ist nicht mein Ziel, nicht der Sinn meines Lebens. Das liegt nicht an Dir; das ist einfach so. Im Moment freue ich mich darüber, dass es Frühling wird, wärmer, dass die Blumen anfangen zu blühen und mein Sohn gute Aussichten auf eine Lehrstelle hat. Hätte ich einen Wunsch, würde ich die Zeit zurückdrehen auf den 5. September 2011. Dann würde ich möglicherweise sogar mit dem Gedanken spielen, Dich mal ein bisschen näher kennenzulernen. Aber seit dem 6. September ist alles anders. Seitdem bin ich eine Frau mit Löchern, Dellen und Narben im Kopf, und Adorno - von dem ich immerhin erinnere, dass es ihn gab - ist so ziemlich mein geringstes Problem. Abgesehen von verpassten Zügen. :wink:

P.S. Wenn ich eines Tages einen Bestseller schreibe (was zwingend erforderlich ist, um wieder auf ein grünes Zweiglein zu kommen), werde ich dem Phänomen abgefahrener Züge darin ein ganzes Kapitel widmen. Oder ich mache es zum Leitmotiv. Das wäre noch eleganter. :)
 

Gizelle

Well-Known Member
AW: Gedanken über Pauline

Lass Dich mal drücken, meine Liebe. Du bist wirklich eine sehr tapfere Frau und eine tolle Persönlichkeit dazu! Ich würde Dir gerne noch mehr schreiben, aber mir fehlen gerade ein bisschen die Worte...
 

Feryha

Well-Known Member
AW: Gedanken über Pauline

Ein schöner Tread,ich würde sagen,einer der besten,den ich hier las.
Pauline,ich wünsch dir viel Glück und Kaft.
Cyrano ich denke es tut Pauline gut,was du schriebst und denke das du das wirklich meinst ,was du hier für alle lesbar und nicht als pn als Wertschätzung eines Menschen mitzuteilen hattest.Ich hoffe ihr könnt eine nette(Internet? ) Freundschaft führen und Pauline kann,denke ich ,nachden was sie schrieb,nette Menschen gut gebrauchen.
 
E

Elena

Guest
AW: Gedanken über Pauline

Ich bin gerührt , mir fehlen irgendwie die Worte. Bin sehr beeindruckt, Pauline, von deiner Offenheit, Ehrlichkeit und Empfindsamkeit .
Ich wünsche dir viel Kraft und Stärke für die nächste Zeit. Du bist nämlich eine starke Persönlichkeit und ein besonderer Mensch !! Und ich bin sehr froh, dich hier kennengelernt zu haben . Und ich bin mir sicher , du wirst das alles überstehen und meistern . Und wenn du Hilfe brauchst , kannst du dich gerne, und jederzeit an mich wenden.
 
C

cyrano

Guest
AW: Gedanken über Pauline

Pauline ist echt!

Man sagt, dies ist eine virtuelle Welt. Solch eine Behauptung, und weitere ähnliche, finde ich nur sinnlos!

In den letzten Jahren habe ich schon viele echte (natürlich aber auch nette) Menschen mit verschiedenen Persönlichkeiten aus verschiedenen Kulturen durch Internet-Platformen wie TT kennengelernt (needless to say, um hauptsächlich damals mein Englisch zu verbessern!). Alle waren teilweise echter als die Leute in meiner Umgebung. Mit einigen davon habe ich mich in der Türkei getroffen und noch einige als Gäste in Bursa empfangen. Eine davon hat sogar die Richtung meines Lebens endgültig geändert. Mit allen hatte ich in der sowohl realen wie auch virtuellen Welt tolle Zeiten verbracht. Wir haben sowohl online wie auch offline: telefoniert, geplaudert, diskutiert, gelacht, geweint, geschwiegen,... Ich bin auf die Freude, vielmehr auf den Geschmack von solchen Erfahrungen gekommen. Jene Leute waren echt!

Da habt ihr aber euch geirrt - ich habe keine einzige Erfahrung solcher Art mit Pauline! Ich habe ihr Gesicht nie gesehen, ihre Stimme nie gehört, nicht einmal ihren Name weiss ich! Wie und woher erreiche ich dann das Ergebnis, dass sie echt, sogar echter als diejenige ist, die ich schon kennengelernt habe? So und dorther (und dies gilt in gewissen Masse für die anderen Leute, die ich hier namentlich(!) kenne) : Was ich bislang beim Lesen von ihren Beiträgen in mir erlebt habe, sind im Grunde nicht so anders als, was ich in meinem wirklichen Leben beim Lesen erlebt habe. Um einige zu nennen: Während ich ihre Beiträge lese, lache ich, wie ich beim Lesen von "Cyrano de Bergerac" lachte, leide ich, wie ich mit den jungen Werther litt, schweige und denke ich nach, wie ich vor dem weisen Pfarrer in "Die Brüder Karamasow" schwieg und nachdachte, trauere ich, wie ich mit Anna Karenina trauerte, diskutiere ich, wie ich mit Julien Sorel in "Rot und Schwarz" diskutierte.

Seien wir nicht lächerlich: Ich meine nicht, sie ist beim Schreiben ein Goethe, ein Dostojewski, ein Stendhal!... (Wohl zum Glück ist sie nicht!) Schliesslich interessiere ich mich hier dafür, was sie schreibt, und nicht dafür, zumindest nicht an diesem Punkt, wie sie schreibt (im Unterschied zum Fall bei den genannten Schriftstellern).

Pauline ist die echteste!

Unter den Leute, auf die ich bisher im Internet gestossen habe. Vor ihrer Wirklichkeit, daher vor ihrer Offenheit und Tapferkeit, werfe ich mich auf die Knie; weinen will ich, sowieso kann ich nicht!
 

ege35

Well-Known Member
AW: Gedanken über Pauline

Pauline ist echt!

Man sagt, dies ist eine virtuelle Welt. Solch eine Behauptung, und weitere ähnliche, finde ich nur sinnlos!

In den letzten Jahren habe ich schon viele echte (natürlich aber auch nette) Menschen mit verschiedenen Persönlichkeiten aus verschiedenen Kulturen durch Internet-Platformen wie TT kennengelernt (needless to say, um hauptsächlich damals mein Englisch zu verbessern!). Alle waren teilweise echter als die Leute in meiner Umgebung. Mit einigen davon habe ich mich in der Türkei getroffen und noch einige als Gäste in Bursa empfangen. Eine davon hat sogar die Richtung meines Lebens endgültig geändert. Mit allen hatte ich in der sowohl realen wie auch virtuellen Welt tolle Zeiten verbracht. Wir haben sowohl online wie auch offline: telefoniert, geplaudert, diskutiert, gelacht, geweint, geschwiegen,... Ich bin auf die Freude, vielmehr auf den Geschmack von solchen Erfahrungen gekommen. Jene Leute waren echt!

Da habt ihr aber euch geirrt - ich habe keine einzige Erfahrung solcher Art mit Pauline! Ich habe ihr Gesicht nie gesehen, ihre Stimme nie gehört, nicht einmal ihren Name weiss ich! Wie und woher erreiche ich dann das Ergebnis, dass sie echt, sogar echter als diejenige ist, die ich schon kennengelernt habe? So und dorther (und dies gilt in gewissen Masse für die anderen Leute, die ich hier namentlich(!) kenne) : Was ich bislang beim Lesen von ihren Beiträgen in mir erlebt habe, sind im Grunde nicht so anders als, was ich in meinem wirklichen Leben beim Lesen erlebt habe. Um einige zu nennen: Während ich ihre Beiträge lese, lache ich, wie ich beim Lesen von "Cyrano de Bergerac" lachte, leide ich, wie ich mit den jungen Werther litt, schweige und denke ich nach, wie ich vor dem weisen Pfarrer in "Die Brüder Karamasow" schwieg und nachdachte, trauere ich, wie ich mit Anna Karenina trauerte, diskutiere ich, wie ich mit Julien Sorel in "Rot und Schwarz" diskutierte.

Seien wir nicht lächerlich: Ich meine nicht, sie ist beim Schreiben ein Goethe, ein Dostojewski, ein Stendhal!... (Wohl zum Glück ist sie nicht!) Schliesslich interessiere ich mich hier dafür, was sie schreibt, und nicht dafür, zumindest nicht an diesem Punkt, wie sie schreibt (im Unterschied zum Fall bei den genannten Schriftstellern).

Pauline ist die echteste!

Unter den Leute, auf die ich bisher im Internet gestossen habe. Vor ihrer Wirklichkeit, daher vor ihrer Offenheit und Tapferkeit, werfe ich mich auf die Knie; weinen will ich, sowieso kann ich nicht!

 
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